Im Rahmen einer Umfrage wurden Firmen im DACH-Raum zu ihrer Finanzierungssituation befragt. Es zeigte sich, dass 47 Prozent der Unternehmen von einer Verschärfunng der Finanzierungsbedingungen in den letzten zwölf Monaten berichten. So würden bonitätsstarke Firmen wenig(er) Handlungsdruck verspüren als bonitätsschwache. Unter Letzteren sagen 55 Prozent, dass sich die Bereitschaft der Banken, ein Unternehmen zu finanzieren, im vergangenen Jahr verringert hat. Umgekehrt haben nur 19 Prozent der bonitätsstarken Firmen diese Erfahrung gemacht.
"Unternehmen mit Top-Bonitäten finden grundsätzlich bessere Finanzierungsbedingungen vor. Sie haben einen größeren und stabileren Investorenkreis, der besonders in Krisenzeiten nützt. Unternehmen mit höherem Kreditrisiko hingegen sind stärker von Banken abhängig – 60 % ihrer Finanzierungen kommen von Kreditinstituten. Die Krux dabei: Gerade diese Firmen treffen derzeit auf eine geringere Finanzierungsbereitschaft der Banken und bekommen dies in erster Linie durch höhere Kreditmargen, strengere vertragliche Auflagen und ein geringeres Finanzierungsvolumen zu spüren. Daraus kann sich eine Abwärtsspirale ergeben, die unternehmensbedrohend werden kann", so Michael Juen, Managing Director und Partner bei Schwabe, Ley & Greiner (SLG), ein Beratungsunternehmen für Finanz- und Treasury-Management, das die Umfrage in Auftrag gegeben hat.
Rolle der Kreditinstitute
Wie bedeutend die Rolle der Kreditinstitute ist, zeige die Tatsache, dass laut Umfrage fast ein Viertel der Unternehmen mindestens 90 Prozent ihres Finanzierungsvolumens über Banken abwickelt. Dabei haben österreichische Firmen einen durchschnittlich höheren Anteil an Bankfinanzierung als Deutsche (57 vs. 46 Prozent) oder Schweizer (44 Prozent).
Auch zeigte sich, dass die gewährten Mittel vor allem für Investitionen (62 Prozent) oder Working Capital Finanzierung (61 Prozent), Back-Up Fazilitäten (51 Prozent), Refinanzierung (29 Prozent), M&A (23 Prozent) und Lagerfinanzierungen (21 Prozent) eingesetzt wurden.
Maßnahmenbündel
Als Konsequenz auf den zunehmenden Finanzierungsdruck reagieren bonitätsschwache Unternehmen mit einem ganzen Maßnahmenbündel, um so ihre Liquidität zu stärken. 38 Prozent von ihnen haben im letzten Jahr Investitionsprogramme verschoben sowie Kostensenkungsprogramme und Maßnahmen zur Reduzierung ihres Working-Capital-Bedarfs umgesetzt. Nur acht Prozent haben keine Maßnahmen getroffen. 29 Prozent der bonitätsstarken Firmen hingegen mussten keine und 34 Prozent nur eine der oben genannten Maßnahmen setzen.
"Am häufigsten wählten die Unternehmen Schritte, um ihren Working-Capital-Bedarf zu senken. Sie dürften hier versuchen, die hohen Sicherungsbestände in den Lagern, die während und nach Corona aufgebaut wurden, wieder auf ein geringeres Maß abzusenken. Investitionsverschiebungen wurden hauptsächlich mit unsicherer oder negativer Marktentwicklung begründet. Die hohen Finanzierungskosten allein wurden deutlich weniger häufig als Investitionshindernisse genannt", erklärt Juen.
Auch stellte sich heraus, dass 70 Prozent der befragten Unternehmen über definierte Liquiditätsreserven verfügen, die Geschäftsschwankungen abfedern sollen – ganz gleich, ob planmäßige oder außerplanmäßige. Als häufigstes Instrument für die Haltung der Reserve werden liquide Mittel (83 Prozent) und Kreditlinien mit fixer Laufzeit (65 Prozent) genannt. Eine Erhöhung der Reserve in den vergangenen zwölf Monaten als Reaktion auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgte bei 22 Prozent der befragten Unternehmen. Nur acht Prozent der bonitätsschwachen Unternehmen erhöhten ihre Reserven.
Fokus auf Nachhaltigkeit
Die Nachhaltigkeitsrisiken von Unternehmen und die gesetzten Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels spielen für Banken eine bedeutende Rolle in der Kreditvergabe. Demnach berichten 38 Prozent der Unternehmen mit Bankfinanzierung von verschärften ESG-Standards der Kreditinstitute. Als Folge beauftragen immer mehr Firmen extrene ESG-Bewertungen. 42 Prozent der Unternehmen verfügen über ESG-Ratings, weitere 20 Prozent planen in den nächsten zwölf Monaten einen ESG-Ratingprozess zu durchlaufen. Außerdem haben 38 Prozent nachhaltige Finanzierungsinstrumente im Portfolio. Eine (nahezu) vollständige Klassifizierung des gesamten Finanzierungsportfolios als nachhaltig oder grün erreicht jedoch nur eine Minderheit. Knapp die Hälfte aller Unternehmen mit grünen oder nachhaltigen Finanzierungen meldet Portfolioanteile von 25 Prozent oder darunter.
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