Video-Interview mit Martin Kocher
"Wenn man es klug angeht, bietet der strukturelle Wandel riesige Chancen"

Im LEADERSNET.tv-Interview spricht Martin Kocher über einen neuen Rot-Weiß-Rot-Fonds zur Bereitstellung von deutlich mehr Kapital für heimische Start-ups. Zudem verrät er, was sein "Moment der Wahrheit" in der Wirtschaft ist, und erklärt, was strukturelle Veränderungen und die Klimaziele für den Wirtschaftsstandort bedeuten, wieso man nicht blauäugig in die Zukunft gehen darf und wieso Europa der wirtschaftlich attraktivste Kontinent ist.

Start-ups sind Treiber von Innovation und Wirtschaftswachstum und schaffen Arbeitsplätze, haben es nach der Gründung aber nicht immer leicht, sich tatsächlich am Markt zu etablieren. Aus diesem Grund hat die aktuelle Regierung im Laufe ihrer Legislaturperiode einige Maßnahmen ergriffen, die den Jungunternehmen ihren Start ins reale Wirtschaftsleben erleichtern sollen. Dazu zählen unter anderem die sogenannten Flexiblen Kapitalgesellschaften (FlexKapG), von denen bereits 500 gegründet wurden (LEADERSNET berichtete). Nun kündigte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher im Rahmen des Forums Alpbach 2024 weitere Maßnahmen an, die Start-ups auf das nächste Level bringen sollen. Dazu zählen die Bereitstellung von Kapital mittels Rot-Weiß-Rot-Fonds, Beteiligungsfreibetrag sowie weitere Gründungserleichterungen.

Opinion Leaders Network CEO Paul Leitenmüller holte Martin Kocher beim Tiroler Wirtschaftstreffen vor die LEADERSNET.tv-Kamera. Im Interview ging es neben den Start-ups auch über das diesjährige Motto des Forums (Moment der Wahrheit) sowie die Entwicklung des heimischen Wirtschaftsstandorts.

LEADERSNET.tv: Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, Sie haben von einem Rot-Weiß-Rot-Fonds gesprochen. Was kann man sich darunter vorstellen?

Martin Kocher: Wir haben in Österreich ein sehr gutes Frühphasenfördersystem für Start-ups. Mit unserem Gründungsfonds II werden 72 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln gehebelt – inklusive den privaten Anleger:innen sind es insgesamt 500 Millionen Euro, um Start-ups in der Frühphase zu unterstützen. Nun müssen wir unsere Start-ups auf das nächste Level heben, indem wir ihnen den Zugang zu dringend benötigtem Kapital erleichtern. Der Rot-Weiß-Rot-Fonds kann hier ein zentraler Hebel sein, denn Österreich verfügt über beträchtliche private Kapitalreserven, die bislang oft nicht in ausreichendem Maße in den Innovations- und Wachstumsmarkt fließen. Hier kann ich mir ein Volumen von 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro vorstellen. Diesen Fonds gibt es noch nicht, er steht aber im Österreichplan des Bundeskanzlers. Ich bin davon überzeugt, dass wir diesen Fonds in Zukunft brauchen werden. Damit könnte man nämlich genau jenen Bereich abdecken, bei dem uns alle Start-ups sagen, dass es da am schwierigsten ist. Ich bin erfolgreich, ich habe ein Geschäftsmodell, aber ich schaffe es nicht, Kapital für mein Wachstum in Höhe von fünf oder zehn Millionen Euro zu bekommen. 

LEADERSNET.tv: Beim European Forum Alpbach 2024 lautet das Thema "Moment of Truth". Was ist denn aus Ihrer Sicht momentan der Moment der Wahrheit in der Wirtschaft?

Kocher: Der Moment der Wahrheit ist aus meiner Sicht, dass wir offen über Wirtschaft, über die Stärken von Österreich und Europa sprechen. Aber natürlich auch über die Dinge, die passieren müssen, damit wir in fünf oder zehn Jahren wettbewerbsfähig sind, unsere Klimaziele erreichen und das gemeinsam unter einen Hut bringen. Der Zeitpunkt dafür ist aktuell sehr gut, weil sich in Brüssel in den nächsten Wochen und Monaten die Europäische Kommission neu formiert. Zudem steht in Österreich die Nationalratswahl bevor. Da wird es ebenfalls wichtig sein, im neuen Regierungsprogramm Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Stärke und wirtschaftliche Kraft als zentrale Bestandteile zu haben.

LEADERSNET.tv: Sie haben in den letzten vier Jahren sowohl den Wirtschaftsstandort als auch unseren Arbeitsmarkt mehr oder weniger betreut. Hierzu eine Frage: Dürfen wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir sie mit großem Respekt erwarten?

Kocher: Ich glaube, die Zukunft bietet Chancen und natürlich auch manche Herausforderungen. Wir erleben derzeit einen strukturellen Wandel, zu dem beispielsweise die Arbeitskräfteknappheit aufgrund der Demografie zählt. Aber auch andere Bereiche, wie zum Beispiel die Klimaziele, zählen dazu. Diese strukturellen Veränderungen bieten riesige Chancen, wenn man es klug angeht. Also insofern, glaube ich, kann man sich über die Zukunft freuen. In Österreich sind wir da vielleicht oft sogar ein bisserl zu "mieselsüchtig". Man darf jedoch auch nicht blauäugig in die Zukunft gehen. Es braucht in den nächsten Jahren, vor allem auch auf europäischer Ebene Maßnahmen, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und zu halten. Aber Europa hat riesige Ressourcen. Es gibt keinen Kontinent, der wirtschaftlich so attraktiv ist wie Europa. Und deshalb bin ich auch sehr optimistisch.

Das gesamte Interview mit Martin Kocher sehen Sie im LEADERSNET.tv-Video.

www.bmaw.gv.at

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