Interview mit Helmut Bernkopf
"Blick über europäischen Tellerrand ist ein Gebot der Stunde"

| Redaktion 
| 04.09.2024

Die OeKB Gruppe stellt mit fünf großen Geschäftsbereichen zahlreiche Services bereit, die das Wirtschaftswachstum fördern und den Standort Österreich im globalen Wettbewerb stärken. Im LEADERSNET-Interview erklärt Vorstand Helmut Bernkopf u.a., wie man als Exportkreditagentur der Republik heimische Unternehmen mit Exporthaftungen und Finanzierungen unterstützt. 

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Bernkopf, das geopolitische und ökonomische Umfeld ist nun schon länger herausfordernd. Wie schlägt sich Österreichs Exportwirtschaft aus Sicht der Oesterreichischen Kontrollbank in dieser Situation?

Helmut Bernkopf: Die heimischen Exportunternehmen haben 2023 einmal mehr ihre hohe Resilienz unter Beweis gestellt und konnten den Wert der Warenexporte im Vergleich zum Vorjahr sogar um 3,1 Prozent auf über 200 Milliarden Euro steigern. Im Zeitraum Jänner bis Mai 2024 zeigen die vorläufigen Ergebnisse der Statistik Austria hingegen einen Rückgang von über fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der internationale Handel schwächelt, und Österreichs Wettbewerbsfähigkeit leidet zudem unter den hohen Personal- und Energiekosten.

LEADERSNET: Sind regionale Verschiebungen bei den Exporten zu beobachten?

Bernkopf: Grundlegend hat sich nichts geändert: Wie schon in den beiden Jahren zuvor gingen auch 2023 rund 80 Prozent der heimischen Exporte nach Europa. Und diese mangelnde Diversifikation ist auch eine Schwäche unserer so leistungsfähigen Exportwirtschaft. Das ist auch an der Außenhandelsstatistik gut ablesbar: Während die Intra-EU-Exporte im oben genannten Zeitraum aufgrund der anhaltenden Konjunktureintrübung um rund neun Prozent abgenommen haben, sind die Exporte in Drittstaaten um fast drei Prozent gestiegen. Der Blick über den Europäischen Tellerrand und eine breitere Diversifikation der Märkte sind somit ein Gebot der Stunde für die heimische Exportwirtschaft. Schwellen- und Entwicklungsländer verzeichnen deutlich höheres Wachstum.

Sehen Sie in bestimmten Märkten und Regionen besonders großes Potenzial? Hier sind zunächst Emerging Markets wie Brasilien, Mexiko, die Türkei und Indien oder Indonesien, Vietnam und die Philippinen zu nennen. In Afrika gibt es ebenfalls chancenreiche Märkte. Durch den zunehmenden Umwelt- und Klimaschutz, die Urbanisierung und Industriemodernisierung oder den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ergeben sich auf allen Kontinenten enorme Chancen für österreichische Unternehmen.

LEADERSNET: Neue Märkte sind häufig auch mit höherem Risiko verbunden. Welche Unterstützungsmöglichkeiten kann die OeKB hier anbieten?

Bernkopf: Mit Exportgarantien des Bundes können auch höhere wirtschaftliche und politische Risiken im Auslandsgeschäft abgesichert werden. Immer wichtiger werden zudem unsere Kooperationen mit Exportkreditagenturen in vielen Ländern. Damit können wir auch internationale Großprojekte finanzieren und absichern, bei denen nur ein Teil der Lieferungen und Leistungen aus Österreich stammt.

LEADERSNET: Welche Bedeutung hat das internationale Projektgeschäft für Österreichs Exportwirtschaft?

Bernkopf: Durch den Fokus der Exportunternehmen auf unsere Nachbarländer ist hier noch Luft nach oben. Unser Eindruck: Bei internationalen Großprojekten in Emerging Markets wäre noch viel mehr möglich, wenn österreichische Unternehmen komplementäres Equipment gemeinsam anbieten und dafür die Abnehmerfinanzierung der OeKB nutzen würden.

LEADERSNET: Ist die OeKB auch im Bereich der Inlandsinvestitionen aktiv?

Bernkopf: Ja, wir können auch Investitionsvorhaben im Inland unterstützen, damit Unternehmen ihre Exporttätigkeit absichern oder erweitern können. Wir bieten beispielsweise seit letztem Jahr eine besonders attraktive Finanzierungsmöglichkeit zum Umstieg auf Erneuerbare Energien, der für die Versorgungssicherheit und internationale Wettbewerbsfähigkeit von elementarer Bedeutung ist. Ein neues und ebenfalls stark nachgefragtes Produkt ist die sogenannte Vorratsinvest zur Sicherung der Produktion und Vorprodukte. Lieferketten können so unbürokratisch gefestigt und Ausfälle verhindert bzw. deren Folgen minimiert werden. Wir sind stets darum bemüht, mit unseren Produkten und Services auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und die heimische Exportwirtschaft damit auch in schwierigen Phasen bestmöglich zu unterstützen.

www.oekb.at

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