Während in Österreich, Deutschland und einigen weiteren (europäischen) Ländern die Verkaufszahlen von Elektroautos im ersten Halbjahr 2024 rückläufig waren - hierzulande gab es ein Minus von 5,1 Prozent (LEADERSNET berichtete) -, steigt die Zahl der weltweit verkauften Stromer weiter. Doch auch global hat sich das Wachstum abgeschwächt. Denn nach einer Verdoppelung im Jahr 2022 gab es 2023 nur noch ein Plus von 33 Prozent. Zu diesem und weiteren Ergebnissen kommt der nun veröffentlichte "EV Charging Index 2024" der Unternehmensberatung Roland Berger auf Basis von Brancheninterviews sowie einer Umfrage unter 16.000 Teilnehmer:innen aus Europa, Asien, Nord- und Südamerika sowie dem Nahen Osten.
Gründe für die Abschwächung
Laut der Analyse ist der Anteil von Elektrofahrzeugen an den weltweiten Neuzulassungen weiter gewachsen – von 14 Prozent im Jahr 2022 auf 20 Prozent 2023. Einige etablierte Märkte erlebten allerdings bereits 2023 Rückschritte, darunter Deutschland, wenn auch auf hohem Niveau: Hier sank der Anteil der E-Fahrzeuge an den Neuzulassungen im Vorjahr von 37 auf 26 Prozent. Negativen Einfluss auf die Absatzzahlen haben demnach weltweit unter anderem hohe Stromkosten und die Inflation. Auch die Reduktion staatlicher Kaufzuschüsse bremse, denn viele Länder verlagern ihre Förderungen weg vom Fahrzeugkauf hin zur Ladeinfrastruktur. So sei die weltweite Zahl der Ladepunkte 2023 mit einem Plus von 65 Prozent stark gewachsen, gleichzeitig sei der Anteil der Schnelllader deutlich gestiegen, vor allem in Deutschland und Frankreich. Auch wenn diese Zunahme nicht in allen Ländern Schritt halte mit der wachsenden Zahl von Fahrzeugen, sagen insgesamt über 81 Prozent der Verbraucher:innen, dass das Laden in den vergangenen sechs Monaten einfacher geworden sei.
"Die Situation der Elektromobilität stellt sich weltweit sehr unterschiedlich dar", sagt Stefan Riederle, Partner bei Roland Berger. "Reife Märkte wie Deutschland reduzieren finanzielle Kaufanreize oder streichen sie komplett, während weniger reife Märkte, zum Beispiel in Südeuropa, den Ausbau der Infrastruktur und den Verkauf von E-Fahrzeugen mit Förderungen vorantreiben. Auch bei den Automobilherstellern sind die Strategien unterschiedlich: Einige OEMs setzen auf neue rein elektrische Plattformen, während andere wieder zu Plug-in-Hybriden zurückkehren. Generell bremsend auf die Branche wirken die schleppenden Fortschritte in Richtung Kostenparität zwischen Verbrennern und Elektrofahrzeugen."
China erneut Vorreiter bei der E-Mobilität
Der aktuelle EV Charging Index bewertet den Status der betrachteten Länder in Bezug auf die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge sowie die allgemeine Kundenzufriedenheit beim Thema Elektromobilität. Wie in den Vorjahren führt China der Auswertung zufolge auch das aktuelle Ranking mit deutlichem Punktevorsprung an: Zwar habe das Land seine Gesamtwertung mit nach wie vor 82 Punkten nicht verbessert, doch es verzeichne weiterhin ein starkes Wachstum beim Absatz von E-Fahrzeugen und beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Deutschland und die USA folgen punktgleich mit 70 Punkten auf Platz zwei im Ranking, danach folgen die Niederlande und Frankreich mit 69 Punkten. Österreich landet mit 63 Punkten knapp vor Spanien (62 Punkte), Italien (61 Punkte) und der Schweiz (60 Punkte). Die fünf führenden Länder Europas, zu denen Österreich nicht zählt, mussten demnach eine Stagnation oder sogar Punktabschläge gegenüber dem Vorjahres-Index hinnehmen. Dieser Trend würde sich in den meisten etablierten Märkten zeigen, so die Studienautor:innen. Dagegen erlebten die aufstrebenden Märkte im Nahen Osten und in Südostasien ein schnelles Wachstum beim Absatz von Elektrofahrzeugen, wodurch sich ihr Abstand zu den führenden Elektromobilitäts-Nationen verringert habe.
© Roland Berger
Hersteller engagieren sich bei Ladeinfrastruktur
Weltweit ist die Zahl der Ladepunkte 2023 mit einem Plus von 65 Prozent deutlich gewachsen. "Der Markt für das Laden von E-Fahrzeugen entwickelt sich dynamisch", sagt Riederle. "Sowohl in etablierten als auch in sich entwickelnden Regionen engagieren sich mehr und mehr Unternehmen und testen neue Geschäftsmodelle sowie Technologien." Neben Energieversorgern und -händlern seien auch die Autohersteller (OEMs) weltweit verstärkt in diesem Bereich aktiv, entweder mit eigenen Angeboten oder durch Kooperationen mit anderen Betreibern. "Ohne Ladeinfrastruktur verkaufen sich Elektrofahrzeuge schlecht, daher ist dieses Engagement für die OEMs ein Mittel zur Absatzsteigerung, vor allem auch in weniger entwickelten Märkten", so der Roland-Berger-Partner abschließend.
www.rolandberger.com
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