Die Industriellenvereinigung (IV) hat am Sonntag einmal mehr ihre Forderung, den heimischen Wirtschaftsstandort zu stärken, untermauert. Dieser befinde sich demnach enorm unter Druck und Österreichs Industrie sei bereits im zweiten Jahr in der Rezession. "In den letzten Jahren musste eine Herausforderung nach der anderen bewältigt werden. Dies erfordert von uns als Gesellschaft und Wirtschaft eine Anpassung an stärkere Volatilitäten. Ein fundamentaler Wandel hin zu mehr Resilienz ist notwendig", betonte IV-Präsident Georg Knill im Rahmen der letzten ORF-Pressestunde vor der Sommerpause.
"Pflaster sind aufgebraucht"
"In den letzten Jahren wurde bei kleinsten Problemen sofort nach einem Pflaster gerufen – das muss sich ändern, denn die Pflaster sind aufgebraucht", so Knill. Ein Mindset-Wechsel sei unerlässlich und "wir dürfen uns nicht scheuen, notwendige und mutige Schritte zu setzen". Die kommende Bundesregierung werde schwierige und oft auch unpopuläre Entscheidungen treffen müssen, sei es in Bezug auf die Lohnnebenkosten oder bei strukturellen Themen wie den Pensionen. Es werde Mut, Kraft und einen starken Willen brauchen, diese Punkte anzugehen und eben auch vermeintlich unpopuläre Maßnahmen umzusetzen.
Wettbewerbsfähigkeit Österreichs wieder stärken
Ziel all dieser Maßnahmen müsse sein, die Attraktivität des Standortes wieder herzustellen, denn das Preis-Leistungs-Verhältnis für Österreich gerate ins Wanken, das würden auch zahlreiche internationale Rankings zeigen. Der IV-Präsident dazu: "Österreich hat auf der Leistungsseite viel zu bieten, wie beispielsweise die Forschungsförderung, ausgebildete Fachkräfte und auch eine hohe Lebensqualität – diese Punkte sind in den vergangenen Jahren stabil geblieben." Die Preiskomponente habe sich Knill zufolge jedoch drastisch verschärft, sei es bei den Kosten für Energie, Bürokratie und auch Arbeit. Dieses Gleichgewicht müsse wiederhergestellt werden, damit das Preis-Leistungs-Verhältnis für Österreich wieder stimme.
Drei konkrete Maßnahmen
Doch wie soll die Lösung dieser Probleme bzw. Herausforderungen gelingen? Die IV "tischt" drei Maßnahmen auf und fordert deren rasche Umsetzung.
- Lohnnebenkosten senken
Laut dem IV-Präsidenten müssten alle Potenziale für eine Senkung der Lohnnebenkosten auch tatsächlich genutzt werden, um den Arbeitsstandort zu entlasten, ohne die hohen sozialen Standards in Österreich zu berühren. Potenzial gäbe es hier beispielsweise beim Arbeitslosenversicherungsbeitrag, der mit 5,9 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland ist, oder durch eine Senkung des Beitrages zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), der von Seiten der Unternehmen 3,7 Prozent beträgt, so Knill. Eine langfristige Erhöhung des Arbeitslosengeldes würde hingegen Inaktivität fördern.
- Arbeitsvolumen erhöhen
Angesichts des sich weiter zuspitzenden Arbeits- und Fachkräftemangels und der steigenden Kosten für den Sozialstaat sei es aus Sicht der Industrie auch angebracht, das Arbeitsvolumen zu erhöhen. Dafür könne an unterschiedlichen Schrauben gedreht werden, im Rahmen des "Leistung muss sich (wieder) lohnen"-Pakets habe die Industrie bereits diverse Maßnahmen vorgeschlagen, wie Anreize für längeres Arbeiten, sowie steuerliche Begünstigungen für Überstunden, einige der Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits umgesetzt. Angesichts des sich weiter zuspitzenden Fachkräftemangels werde es jedoch auch weitere Maßnahmen brauchen, dabei könnten ein Wechsel von einer Teilzeit- auf eine Vollzeittätigkeit oder die Anhebung der Vollzeitarbeitszeit auf 41 Stunden mögliche Schritte sein - diese forderte ja bereits IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner (LEADERSNET berichtete) und stieß damit vonseiten der Politik und der Gewerkschaften auf wenig Gegenliebe. Der ebenfalls in dem Paket vorgeschlagene steuerliche Freibetrag für einen Wechsel von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitbeschäftigung in der Höhe von 5.000 Euro sollte dabei mitgedacht werden. Grundsätzlich gelte, dass Vereinbarungen zur Arbeitszeit und die entsprechenden Entlohnungsmodelle im Ermessen der Sozialpartnerverhandlungen liegen.
- Pensionsreform
Den "heißen Apfel" Pensionen lässt die IV bei ihren Forderungen auch nicht außen vor. Das aktuelle Pensionssystem sei unfair und würde den nächsten Generationen die Zukunft verbauen. Bis 2050 werde unser Pensionssystem das Budget kumuliert mit einer Billion Euro belasten, wenn keine weiteren Reformen durchgeführt würden – "eine Billion Euro, die wir in Bildung, Infrastruktur und unsere Innovationskraft investieren könnten". Das Pensions- und Abgabensystem müsse mit geeigneten Anreizen, den längeren Verbleib älterer Menschen im Erwerbsleben belohnen, und das Pensionssystem die gestiegene Lebenserwartung abbilden. Mit dieser Ansicht ist die IV nicht allein. Zuletzt hat beispielsweise auch die OECD Österreich Reformen im Pensionssystem empfohlen, wie die Vermeidung vorzeitiger Pensionierungen sowie wirksame Mechanismen zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit.
www.iv.at
Kommentar schreiben