LEADERSNET: Welche Vision haben die NEOS für die Zukunft Österreichs und wie möchten Sie diese umsetzen?
Douglas Hoyos: Wenn wir unsere Vision umsetzen wollen, müssen wir ein gutes Ergebnis erzielen, und das ist das Ziel, damit man gestalten kann. Wir wurden vor über zehn Jahren gegründet, um zu gestalten, diesen politischen Filz herauszubekommen und für Erneuerung in diesem Land zu sorgen. Und ich glaube, das ist notwendiger denn je. Auf der einen Seite müssen wir die Bürger:innen finanziell spürbar entlasten – und zwar tatsächlich und nachhaltig, nicht mit teuren Einmalzahlungen, die nur viel Steuergeld kosten und niemandem langfristig wirklich etwas bringen. Sprich: Die Gießkannen-Maßnahmen müssen weg und stattdessen die Steuern runter, so dass sich die Menschen wieder aus eigener Kraft etwas aufbauen können. Und auf der anderen Seite brauchen wir endlich eine saubere Politik, eine Politik, wo Anstand und Vertrauen herrschen. Das sind, glaube ich, zwei Dinge, die ganz klar mit NEOS verbunden werden. Und da gibt es ein sehr, sehr klares Angebot von unserer Seite, nämlich den Bürgerinnen und Bürgern mehr Geld in der Tasche zu lassen, und dadurch mehr Möglichkeiten für eigenes Fortkommen zu schaffen.
LEADERSNET: Auf Bundesebene liegen die NEOS in Meinungsumfragen besser als bei ihrem letzten Wahlergebnis. Angesichts der allgemeinen Unzufriedenheit mit der Politik wäre da noch Luft nach oben. Die NEOS wollen mitregieren, sieht man sich aktuelle Umfragen an, könnte das aber schwierig werden.
Hoyos: Die aktuelle Regierung ist gescheitert, man sieht, dass genau gar nichts mehr weitergeht. Und dementsprechend haben Sie vollkommen recht. Es gibt natürlich durchaus etwas zu holen, und ich glaube, das tun wir auch. Wir wachsen und sind in Umfragen konstant vor den Grünen und zweistellig. Das heißt, wir sind durchaus gut unterwegs und zeigen, dass es dringend Reformen braucht. So ist die Abschaffung der kalten Progression nur aufgrund unseres Drucks passiert. Das muss man ganz offen und ehrlich sagen. Ebenso setzen wir Akzente im Hinblick auf die Schulautonomie. Das heißt, unser ganz klarer Auftrag ist zu gestalten, hier Verantwortung zu übernehmen. Das ist, glaube ich, auch die Grundaufgabe der Politik, und das machen wir in jeder Rolle.
LEADERSNET: Insgesamt haben wir seit 2019, infolge der Coronakrise, der Lieferketten-Problematik und der Teuerungskrise Wohlstand verloren. Die hohe Teuerung ging etwas zurück, aber immer noch um zwei Prozent höher als im Euro-Durchschnitt. Was läuft falsch?
Hoyos: Es zeigt: Die Regierung kann es nicht. Sie hat die Krisen und auch jetzt die Folgen des Ukrainekonflikts einfach nie in den Griff bekommen. Sie packt immer sofort die Gießkanne aus und versucht damit, Probleme zu lösen. Und das ist kein Ansatz. Das treibt die Preise. Es hätte hier viel zielgerichtetere Maßnahmen gebraucht – und vor allem braucht es eine nachhaltige Entlastung und nicht ein Scheinchen hier, ein Scheinchen da, das hilft auf Dauer niemandem, dieses Gießkannen-Geld verpufft, das treibt nur die Inflation und die Verschuldung in die Höhe. Gerade aktuell das große Thema: die Lohnerhöhungen. Die Regierung beginnt, mit den Beamten eine zehn-prozentige Erhöhung abzuschließen und treibt natürlich auch die weiteren Lohnerhöhungen dadurch voran. Und das ist ein Teufelskreis, aus dem man dann nicht herauskommt. Es wäre viel wichtiger, hierfür Entlastung zu sorgen, nämlich für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen, mittels der Senkung der Lohnnebenkosten. So könnten hohe Lohnabschlüsse von den Unternehmen besser verdaut werden, und für die Arbeitnehmer:innen wären so höhere Löhne möglich. Es braucht strukturelle Maßnahmen, strukturelle Entlastungen und nicht die Gießkanne.
LEADERSNET: Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler will nun das Anrecht auf "leistbares Leben" als Staatsziel in die Verfassung. Wie halten Sie es damit?
Hoyos: Es ist immer dasselbe: Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann schreib etwas in die Verfassung. Weil etwas in der Verfassung steht, heißt das noch lange nicht, dass das so funktioniert. Also, es ist ein vollkommener Irrsinn, die Verfassung aufzublähen.
LEADERSNET: Der Anteil staatlich kontrollierter Preise ist in der Schweiz höher als in anderen Volkswirtschaften und sie kam damit überraschend gut durch die vergangenen Wirtschafts- und Inflationskrisen. Wie ist Ihre Einstellung zur Forderung von Babler, die Teuerung auf zwei Prozent zu begrenzen und dies in die Verfassung zu schreiben?
Hier ist zu sagen, dass sich junge Menschen dort viel einfacher etwas aufbauen können, da die Steuerquote wesentlich geringer ist. Das heißt, ich habe hier einfach mehr Netto von meinem Bruttolohn und dementsprechend mehr im "Börserl". Wenn in Österreich der durchschnittliche Verdiener weit über 40 Prozent Steuern- und Abgabenquote hat – und das ist einfach viel zu viel – dann kann ich mir einfach aus eigener Kraft nichts mehr aufbauen.
LEADERSNET: Kriege, Diskriminierungen, Klimawandel: Die illegale Migration wird eher zunehmen als abnehmen. Welche Schritte planen NEOS, um die Integration von Migranten und Flüchtlingen in Österreich zu unterstützen. Bzw. stellt sich allgemein die Frage, ob man man das Asylrecht auf EU-Ebene verschärfen sollte?
Hoyos: Es ist für uns ganz klar, dass es schnelle, rasche Verfahren, die menschenrechtskonform sind, auf europäischer Ebene braucht. Hier gilt es bereits an den EU-Außengrenzen abzuklären, ob entsprechende Asylgründe vorliegen, damit es hier auch Klarheit gibt. Das zweite ist Integration. Natürlich immer im Einklang mit unseren Werten. Wir sind, wie immer, sehr klar für ein Fördern und Fordern und dafür zu sorgen, dass die, die sich in unserem Land wirklich auch integrieren wollen, Perspektiven in diesem Land aufgezeigt bekommen. Was wir nicht brauchen, sind Parallelgesellschaften und Ähnliches.
LEADERSNET: Wiens Vizebürgermeister und NEOS-Chef Christoph Wiederkehr strebt eine Wohnsitzauflage an - anerkannte Flüchtlinge sollen in andere Bundesländer außerhalb Wiens untergebracht werden. Ebenso will er unkooperative Eltern bestrafen. Halten Sie dies ebenso für notwendig für eine gelungene Integration?
Hoyos: Christoph ist der erste, der wirklich diese Dinge angeht und nicht nur oberflächlich, sondern auch Lösungen bringt. Da spielt natürlich der Ort Schule eine ganz entscheidende Rolle. Ich glaube, dass Christoph immer wieder sehr klar Farbe bekennt, was liberale Demokratie bedeutet. Liberale Demokratie bedeutet, dass man unsere Werte in den Vordergrund stellt, und gleichzeitig ist natürlich auch Schulbildung etwas enorm Wichtiges. Die Sprache ist dann natürlich ein Schlüssel.
LEADERSNET: Ex-NEOS-Chef Matthias Strolz ist nach seiner politischen Karriere wieder häufiger auf unterschiedlichsten Kanälen anzutreffen. Abseits der Musik liebäugelt der Ex-NEOS-Chef offenbar mit einem Comeback in die Politik. Welche Rolle wird er zukünftig bei den NEOS spielen?
Hoyos: Wir sind mit Matthias freundschaftlich immer verbunden gewesen. Aber ich sehe da momentan gar nichts, und das ist, glaube ich, mehr mediales Geplänkel, was da heraus interpretiert wird. Natürlich ist er ein politischer Mensch, und er wird auch immer mit uns verbunden sein. Derzeit hat Matthias viele Projekte, an denen er gerade dran ist und auf die er sich voll konzentriert. Es gibt mit ihm freundschaftliche Verbindungen, und er kommt auch immer wieder bei Veranstaltungen von uns vorbei.
LEADERSNET: Wenn Sie nicht Spitzenpolitiker, Abgeordneter zum Nationalrat, Generalsekretär der NEOS und Vater einer Tochter sind, was machen Sie sonst da draußen?
Hoyos: Derzeit verbringe ich meine Freizeit vor allem mit meiner dreieinhalb Monate alten Tochter und damit, mit ihr spazieren zu gehen. In Ruhe ein Buch zu lesen oder im Waldviertel auf unserer Baustelle weiter zu werken, ist mit Baby am Bauch eher schwierig.
www.wien.neos.eu
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