Der Krieg in der Ukraine, Inflation, Teuerung, Personalmangel und die dadurch ausgelöste Stagflation für die Wirtschaft und der Kaufkraftrückgang für die Konsument:innen, haben auch beim Thema Nachhaltigkeit ihre Spuren hinterlassen. Für die Österreicher:innen ist umweltverträgliches Einkaufen zwar noch immer wichtig, die Bereitschaft, dafür mehr Geld auszugeben ist gegenüber 2021 deutlich gesunken. Das zeigt der zweite bundesweite Nachhaltigkeitskompass - Sustainable Commerce Report - von Handelsverband (HV) und EY, der am Mittwoch der Öffentlichkeit präsentiert wurde.
Dieser untersucht systematisch Nachhaltigkeit als Transformationsfaktor der Branche und beleuchtet die Konsumenten- wie Händlerseite. Für den Bericht wurden vom Marktforscher MindTake Research über 1.000 Konsument:innen sowie 107 Mitglieder des Handelsverbandes befragt.
Preis/Leistung wichtiger als Nachhaltigkeit
Über 80 Prozent der Österreicher:innen achten aktuell vor allem auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und über 70 Prozent auf eine hohe Produkt-Qualität. Bei Lebensmitteln wird außerdem Wert gelegt auf Regionalität (69 Prozent), Tierwohl (68 Prozent) und den Verzicht auf fragwürdige Inhaltsstoffe (68 Prozent). Damit haben sich die Prioritäten der Österreicher:innen im Vergleich zur letzten Erhebung 2021 kaum geändert.
"Beim Kauf von Möbeln oder Elektrogeräten ist die Preissensibilität etwas geringer, längerfristige Investitionen werden also auch von anderen Kriterien abhängig gemacht bzw. wurden schlicht schon im Rahmen des Cocooning während der Pandemie angeschafft. Aber gerade bei Produkten des täglichen Bedarfs ist zurzeit Sparen angesagt", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Nachhaltigkeitsaspekte wie umweltschonende Verpackungen oder faire Arbeits- und Produktionsbedingungen regionaler Produzent:innen sind laut Befragung für die Konsument:innen von mittlerer Bedeutung, während faire Arbeitsbedingungen in produzierenden (Dritt-)Ländern beim Kauf eher eine untergeordnete Rolle spielen.
"Im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit hoher Inflation und sinkender Kaufkraft ist es zwar bemerkenswert, dass Nachhaltigkeit in den Köpfen der Menschen einen so hohen Stellenwert genießt und sich im Vergleich zu 2021 wenig verändert hat. Trotzdem zeigen die Zahlen eindeutig: Es müssen deutlichere Anreize geschaffen werden, damit Nachhaltigkeit für die breite Masse leistbar bleibt", fasst Martin Unger, Leiter des Sektors Konsumgüter und Handel bei EY Österreich, die aktuelle Marktsituation zusammen.
Die Kernergebnisse im Überblick
- Beim Kauf von Lebensmitteln wird am stärksten auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und eine hohe Produktqualität geachtet.
- Top-Nachhaltigkeitsthemen: Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, Mülltrennung, sparsamer Umgang mit Ressourcen sowie Tierwohl.
- Reparaturbonus wurde bereits von jedem Vierten in Anspruch genommen.
- Häufigste Gründe gegen nachhaltiges Handeln sind die allgemeine Teuerung und der höhere Preis von nachhaltigen Produkten.
- Krisen haben Investitionsbereitschaft in Nachhaltigkeit bei Händler:innen verringert.
"Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Megatrend, sondern auch ein entscheidender Erfolgsfaktor im Handel geworden. Er wird in Zukunft eine wesentliche Grundlage sein, das eigene Unternehmen innovativ und widerstandsfähig zu halten. Auch die Förderlandschaft zeigt eine klare Entwicklung hin zu Nachhaltigkeitskriterien. Was es jetzt braucht, sind wirtschaftsfördernde Reformen, die Auszahlung überfälliger Corona- und Energiemehrkosten-Entschädigungen sowie einen unbürokratischen Zugang zu Förderungen, damit auch Händler mit geringerem Kapital auf dem Weg zur Nachhaltigkeit unterstützt werden", sagt Rainer Will abschließend.
Den gesamten Sustainable Commerce Report finden Sie hier.
LEADERSNET war bei der Pressekonferenz. Einen Eindruck können Sie sich hier machen.
www.handelsverband.at
www.ey.com
www.mindtake.com
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