Bestellerprinzip im Maklergesetz verwirrt viele Wohnungsinteressenten

| Redaktion 
| 16.08.2023

Rechtsexperte klärt Missverständnisse auf, zeigt, wer wirklich wann zahlen muss, wo hohe Verwaltungsstrafen drohen und wie es mit der Provisionspflicht der Mieter:innen in Ausnahmefällen aussieht.

Anfang Juli 2023 ist in Österreich das Bestellerprinzip im Maklergesetz in Kraft getreten (LEADERSNET berichtete). Nun zeigt eine aktuelle Analyse, dass diesbezüglich bei vielen Betroffenen offenbar Verunsicherung bzw. Verwirrung herrscht. So gehen 70,7 Prozent der Österreicher:innen fälschlicherweise davon aus, dass das Bestellerprinzip auch den Immobilienverkauf betrifft. Nur 5,7 Prozent der österreichischen Bevölkerung habe richtig erkannt, dass das Bestellerprinzip sowohl Vermieter als auch Mieter betreffen kann, je nachdem wer beauftragt.

Das sind einige Ergebnisse der repräsentativen Studie "Wie ist das Bestellerprinzip bei den Österreicher:innen angekommen", die von Weinrauch Rechtsanwälte gemeinsam mit den Marktforscher:innen von marketagent erstellt wurde.

Studie Bestellerprinzip© Weinrauch Rechtsanwälte

Verunsicherung bei den Klient:innen

"Schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes haben wir festgestellt, dass bei vielen unserer Klient:innen offensichtlich Missverständnisse zum § 17a Maklergesetz vorhanden sind", erklärt Roland Weinrauch, Gründer von Weinrauch Rechtsanwälte. Nur 22 Prozent der Österreicher:innen fühlen sich laut der Studie hinsichtlich des Bestellerprinzips sehr gut, bzw. eher gut Informiert. 16,1 Prozent der österreichischen Bevölkerung habe demnach sogar noch nie vom Bestellerprinzip im Maklergesetz gehört.

Der Experte ergänzt: "In unseren Kundengesprächen haben wir festgestellt, dass nur wenige wissen, dass der 'Erste Auftraggeber' die Kosten trägt. Das heißt, sowohl Mieter:in als auch Vermieter:in können betroffen sein." Ein:e Makler:in habe nur dann Anspruch auf Provision vom Mieter, wenn dieser aufgrund eines Maklervertrags aktiv werde und dem Mieter eine Wohnung vermittelt, für die er nicht schon zuvor einen Vermittlungsauftrag von Vermieter:in oder Hausverwaltung hatte, so Weinrauch.

Maklergesetz 2023 Studie© Weinrauch Rechtsanwälte

Bestellerprinzip bei Vermittlung von Mietwohnungen

Seit 1. Juli muss bei der Vermittlung von Mietwohnungen derjenige die Maklerprovision bezahlen, der als erster Auftraggeber eine:n Immobilienmakler:in mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat. In der Praxis waren dies in der Vergangenheit überwiegend die Vermieter:innen. Diese Regelung gelte allerdings nur für die Vermittlung von Mietwohnungen, unabhängig davon, ob das MRG (ganz, teilweise oder gar nicht) auf das Mietverhältnis anzuwenden ist.

Vom Begriff der "Mietwohnung" sind weiters auch Einfamilienhäuser und Ferienwohnungen umfasst, nicht jedoch Geschäftsräumlichkeiten, Dienstwohnungen oder die Vermittlung von Pachtverträgen. Ebenso ist der Kauf und Verkauf von Immobilien vom Bestellerprinzip nicht betroffen. Hier kann der:die Verkäufer:in auch weiterhin eine:n Makler:in beauftragen, der provisionspflichtig für Verkäufer:in und Käufer:in tätig wird, weiß man bei der Kanzlei.

Provisionspflicht des Mieters in Ausnahmefällen

Weiters weist Weinrauch Rechtsanwälte darauf hin, dass der:die Makler:in nur dann einen Anspruch auf Provision vom Mieter hat, wenn der:die Makler:in aufgrund eines Maklervertrages mit dem:der Mieter:in tätig wird und dem:der Mieter:in daraufhin eine Wohnung vermittelt, hinsichtlich der er:sie nicht schon vorher mit der Vermittlung (seitens des Vermieters oder der Hausverwaltung) beauftragt war.

Allerdings könne auch in diesem Fall mit dem:der Mieter:in keine Provision vereinbart werden, wenn beispielsweise der:die Vermieter:in oder die Hausverwaltung am Maklerunternehmen beteiligt ist oder auch, wenn der:die Makler:in die zu vermietende Wohnung mit Einverständnis des Vermieters inseriert bzw. auf eine andere Weise bewirbt.

Dokumentationspflicht und Verbot von Umgehungen

Ferner ist im Gesetz eine Dokumentationspflicht vorgesehen, die den:die Makler:in dazu verpflichtet, jeden Maklervertrag schriftlich festzuhalten. Der:die Makler:in habe den Maklervertrag sodann bei Geltendmachung eines Provisionsanspruchs gegenüber dem:der Mieter:in vorzulegen und darzulegen, dass keine der vorstehend genannten Ausnahmen der Provisionspflicht des Mieters vorliegen, heißt es weiter.

Um eine allfällige Umgehung des neuen Bestellerprinzips weitgehend auszuschließen, werden laut Weinrauch Rechtsanwälte mit dem neuen § 17a MaklerG weitere Bestimmungen eingeführt. Insbesondere seien Vereinbarungen unwirksam, die den:die Mieter:in zu einer sonstigen Leistung oder Zahlung an den:die Makler:in oder Vermieter:in im Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Abschluss eines Wohnungsmietvertrags verpflichten.

An sonstige Dritte oder an den:die Vormieter:in dürften derartige Leistungen oder Zahlungen hingegen nur erfolgen, sofern ihnen eine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstehe, so die Kanzlei. Darüber hinaus könne vom Bestellerprinzip auch nicht zum Nachteil des Mieters vertraglich abgegangen werden.

Bei Verstoß gegen das Bestellerprinzip können (entgegen der neuen Bestimmungen) vom Mieter an den:die Makler:in bezahlte Provisionen von diesem bereicherungsrechtlich zurückgefordert werden und es droht zudem eine Verwaltungsstrafe bis zu 3.600 Euro.

Fazit

Zusammengefasst führe das Bestellerprinzip laut Weinrauch Rechtsanwälte dazu, dass zukünftig wohl die Vermieter:innen anstatt wie bisher der:die Mieter:in für Maklerprovision aufkommen werden müssen, und sohin zu einer maßgeblichen wirtschaftlichen Änderung sowohl für Mieter:innen, Vermieter:innen und Immobilienmakler:innen.

www.weinrauch-rechtsanwaelte.at

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