LEADERSNET: Live Recruiting, was ist das genau?
Martin Distl: Bekannterweise ist es zurzeit nicht ganz einfach für manche Unternehmen, Mitarbeiter:innen zu finden. Wir haben ein Produkt gemeinsam mit einem Partner (KESCH) entwickelt – Live Recruiting –, das unseren Kunden hilft, die richtigen Personen zu finden, die dann auch sehr schnell dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Erst letzte Woche haben Kunden wie dm oder Casinos Austria neue Live Recruitings und die Österreichische Post weitere Live Recruiting Events beauftragt.
LEADERSNET: Employer Branding ist also das große Thema?
Distl: Genau, das ist das Stichwort. Wir sind eine Kommunikationsagentur und sind Kommunikationsexperten und kommen nicht aus dem klassischen HR-Umfeld. Genau das ist unser großer Vorteil hier, weil wir das machen, was wir tagtäglich am besten können. Wo wir in Österreich, europaweit und global Experten federführend sind, ist das Thema Kommunikation, Zielgruppen und Markeninszenierung. Wir haben all diese Assets und Know-hows als ein Best-of versammelt, und daraus ist Live Recruiting entstanden.
LEADERSNET: Wie kann man sich das genau vorstellen?
Distl: Unser Ansatz ist, überspitzt formuliert, dass sich in dem Recruiting-Prozess die letzten 70 bis 100 Jahre nichts verändert hat. Die große Problematik ist, dass HR- oder People-and-Culture-Abteilungen mittlerweile unglaublich viele innovative Dinge machen, man aber im Recruiting in manchen Unternehmen nachhinkt. Denn was vor 70 Jahren eine Stellenausschreibung im Printbereich war – Jobbezeichung, vier Bulletpoints, 'hier bewerben' – wurde dann 20 Jahre später in Farbe in 4C gedruckt und das war die Innovation. Weitere 20 Jahre später wurde das Ganze dann online geschalten, aber immer nach dem gleichen Schema. In den letzten Jahre wurde man etwas innovativer, hat lustige Bewegtbildvideos auf Instagram oder auf TikTok geschalten, aber auch mit dem gleichen Inhalt. Alle haben eines gemeinsam: Es ist eine One-Way-Kommunikation. Was wir aber dank unserer tagtäglichen Social-Media-Erfahrung, unserer Live-Shopping-Experiences und ganzen Knowhows wissen, ist Interaktion mit der Community: Menschen wollen im Moment, wenn es für sie relevant ist, Fragen stellen und Antworten bekommen, sie wollen nicht warten. Und das haben wir für dieses Live Recruitung zusammengestellt. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Tag der offenen Türe online, aber das Ganze sehen wir in vier Phasen.
Nach einem intensiven Workshop-Prozess mit dem Kunden, wird die Zielgruppe definiert. Wer ist diese Person, die sie suchen? Wie zeichnet sie sich aus? Man darf nicht vergessen, dass 50 Prozent der Österreicher:innen immer wieder Interesse haben, ihren Job zu wechseln, davon aber nur 26 Prozent aktiv suchen. Das heißt, dass man die Hälfte jener, die Interesse haben, nicht im klassischen Recruiting-Umfeld erreicht. Darum ist es so wichtig, diese Zielgruppe zu kennen.
In dieser zweiten Phase kommt unsere DNA als Mediaagentur zu tragen, nämlich weil wir wissen, wo und wann man Zielgruppen erreicht, in welchen Kanälen, wie man das formulieren muss und wie die Botschaft lauten muss. Wir wissen, wie man targetet und re-targetet und können das Job Offer an die richtige Zielgruppe ausspielen. Und in der dritten Phase kommt man eigentlich erst zu dem Event. Und das ist eine ein- bis anderthalbstündige Veranstaltung, bei der wir direkt den Arbeitsplatz – also nicht in einem Show-Büro, nicht mit dem Generaldirektor, mit dem Vorstand oder dem HR-Leiter – sondern wirklich im Arbeitsfeld zeigen. Im besten Fall werden Menschen interviewt, die gerade diesen Job innehaben oder direkte Vorgesetzte. Denn das ist es, was die Bewerber wissen wollen. Und sie wollen auch direkt Fragen stellen.
Und der vierte und letzte Schritt ist, nachdem Menschen Interesse bekundet haben, dass wir hier sofort nachfassen, was großen HR-Abteilungen oft gar nicht möglich ist, weil sie so viel zu tun haben. Das sind diese vier Schritte des Live-Recruiting: Workshop, Bewerbung, Live-Event und effektives Nachfassen.
Das Interview in voller Länge können Sie in unserem LEADERSNET-Podcast nachhören.
www.groupm.com
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