Im am Dienstag präsentierten Korruptionsindex (CPI) von Transparency International (TI) 2022 stürzt Österreich neuerlich ab. Diesmal sind es drei Punkte weniger. Unser Land erhält nur noch 71 von 100 Punkten. Im Vorjahr waren es noch 74 und vor zwei Jahren 76 Punkte.
Der Punkteverlust hat im Ranking dazu geführt, dass Österreich aus den Top 20 gefallen ist und nur mehr Rang 22 einnimmt, knapp gefolgt von Staaten wie den Seychellen, Taiwan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diese Tendenz sei laut den TI-Expert:innen nicht nur negativ, sondern inzwischen auch besorgniserregend.
Bemühungen unzureichend
So warnt etwa die TI-Austria Vorsitzende Eva Geiblinger: "Vergangenes Jahr war Österreich noch auf Rang 13 zu finden, jetzt bekommen wir alle die Rechnung dafür präsentiert, dass die politischen Entscheidungsträger:innen Maßnahmen für die Korruptionsbekämpfung gar nicht oder nur sehr zögerlich in Angriff genommen haben. Skandale auf höchster politischer Ebene wurden dazu genutzt, um politisches 'Kleingeld' zu machen. Auch der kürzlich veröffentlichte Bericht von GRECO, der Staatengruppe zur Bekämpfung von Korruption, kritisiert, dass die Bemühungen zur Eindämmung von Korruption noch viel zu gering sind und deutlich intensiviert werden müssen."
Der Fokus war laut den Korruptionbekämpfer:innen auf Fehlverhalten von Einzelnen gerichtet und die Diskussion wurde nur darüber geführt, ob etwas strafrechtlich relevant wäre oder nicht. Dabei wurde verabsäumt, die dringend notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung systemischer Mängel zu setzen.
"Eine effektive Bekämpfung von Korruption braucht eine klare und strenge Gesetzgebung, ein großes Augenmerk auf Präventionsarbeit und Compliance, eine berechenbare und rasche objektive Aufklärung und eine sichtbare und gerechte Verfolgung", meint Georg Krakow, Vorstandsmitglied TI-Austria.
Ergebnis International
Wie im letzten Jahr bleibt Dänemark auf Rang 1. Zum Vergleich: Österreich fehlen auf Dänemark mittlerweile 19 Punkte. Neuseeland und Finnland erzielen ex aequo den zweiten Platz. Unsere Nachbarn Deutschland (Platz 9) und Schweiz (Platz 7) sind weiterhin unter den Top 10 Staaten der Welt gereiht.
Der Oman hat in diesem Jahr im Ranking, mit einem Minus von acht Punkten, am meisten Punkte verloren. Der Staat landet auf Rang 69. Am Ende der Rangliste finden sich Südsudan und Syrien, mit jeweils 13 Punkten sowie Somalia mit 12 Punkten.
Enormer Schaden
Laut Geiblinger sind Anti-Korruptionsprojekte schon seit Jahren in der "Pipeline" der Regierung, doch gegen die Umsetzung werde laufend mit Arbeitsaufwand und Datenschutz argumentiert. Es brauche mehr als nur Lippenbekenntnisse. Österreich müsse endlich den Mentalitätswandel vollziehen und Transparenz leben. Neben dem Imageschaden hat Korruption auch massive volkswirtschaftliche Auswirkungen zur Folge.
"Statt einer positiven Entwicklung, hat Österreich in Bezug auf Anti-Korruptionsmaßnahmen nahezu ein Jahrzehnt verspielt. Die Auswirkungen der Skandale und das schlechte Ergebnis im CPI wirken sich in der internationalen Wahrnehmung verheerend aus, u.a. auf die Investitionsbereitschaft in unserem Land. Der durch Korruption entstandene volkswirtschaftliche Schaden könnte sich hierzulande für das Jahr 2021 auf über 15 Milliarden Euro belaufen haben. Das ergaben Berechnungen von Friedrich Schneider, Universitätsprofessor an der Johannes Keppler Universität Linz. Platz 22 ist für ein Land wie Österreich inakzeptabel! Der 'Tone from the Top', also die Vorbildfunktion der Politik, ist schlicht und einfach nicht mehr gegeben", sagt die TI-Austria Vorsitzende abschließend.
Forderungen
Im Rahmen der Präsentation des CPI 2022 hat TI-Austria auch drei konkrete Forderungen gestellt:
- Unabhängige Ermittlungen: Die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften müsse von der Bundesministerin für Justiz entkoppelt werden.
- Schutz von Whistleblower:innen: Der vollumfassende Schutz von Hinweisgeber:innen sei eines der effizientesten Mittel im Zuge von Anti-Korruptionsbemühungen – das HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG müsse daher schnell umgesetzt werden.
- Ohne Transparenz kein Lobbying: Das Lobbying-Gesetz muss laut TI-Austria nachgeschärft werden, um alle Lobbying-Aktivitäten, zu erfassen und öffentliche Kontrolle zu ermöglichen.
www.ti-austria.at
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