LEADERSNET: Jede Generation hat eigene Bedürfnisse und ist natürlich mit unterschiedlichen Themen besonders stark konfrontiert. Viele Marketer stehen gegenwärtig etwa vor dem Problem, die "GenZ", welche jetzt ins konsumstarke Alter kommt, zu erreichen. Woran liegt das?
Löschenbrand: Ganz genau. Die Genz wird gerade ökonomisch relevant. In der Vergangenheit war diese Generation noch vielfach auf Taschengeld angewiesen, jetzt kommen die meisten in ein Alter, in dem sie Gehalt beziehen und damit Geld zur Verfügung haben. Dadurch rücken sie jetzt verstärkt in den Fokus der Unternehmen und Marketingabteilungen.
Auffällig ist, dass diese Generation von einem hohen Maß an Selbstbewusstsein gekennzeichnet ist. Dieses Wissen ist für Marketer enorm wichtig. Die GenZ trifft sehr stark für ihre Überzeugungen ein und kämpft für diese – auch älteren Generationen gegenüber. Diese Generation kann durch ihre veränderten Lebensweisen und Werte auch das Mindset älterer Generationen beeinflussen. Sehen Sie sich etwa an, was gerade im Bereich der Ernährung passiert: Vegane Produkte erleben einen Boom. Das hat mit der GenZ angefangen, dringt jetzt aber auch in ältere Generationen hinein und wird übernommen. Dieses Phänomen findet man auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise im Bereich Nachhaltigkeit oder in der neuen Mobilität. Diese Generation ist tatsächlich auch sehr meinungsbildend für ältere Generationen. Es gibt dazu einen passenden Spruch: "Kriegst du die GenZ, bekommst du sie alle".
LEADERSNET: Und wie kann man diese Generation kriegen?
Löschenbrand: Ein Beispiel: Bei der GenZ geht es nicht mehr um das Produkt Auto per se, also als Statussymbol, sondern die eigentliche Thematik ist die Mobilität an sich. so wie wir es kennen. Früher galt es als Statussymbol. Darum gibt es in dem Bereich ein sehr starkes Aufkommen von Auto-Abo-Modellen. Das bedient innerhalb dieser Zielgruppen deren Anforderungen und Bedürfnisse oft besser als ein klassisches Kaufmodell.
Dieses Phänomen sieht man auch in sehr vielen anderen Branchen. Deshalb sollte man sich hier im ersten Schritt vom Produkt oder der Dienstleistung per se wegbewegen und sich zuerst die Frage stellen: "Wie kriege ich das in der Kommunikation rüber." Ich glaube, dass die Menschen schnell erkennen ob hinter einer Werbebotschaft auch ein Fundament steckt, oder ob es sich hier nur um reines Marketing handelt. Hier muss man mit offenen Karten spielen und sehr vorsichtig sein, weil eine gute Werbekampagne sonst "backfiren" kann.
LEADERSNET: Erreicht man mit klassischen Werbemitteln, wie etwa Plakate, Radiospots etc. diese Zielgruppe überhaupt noch, oder sollte man wirklich eher mehr auf die neuen Medien setzen?
Löschenbrand: Social Media hat in dieser Zielgruppe ohne jeden Zweifel eine enorm hohe Relevanz. Aber auch Social Media entwickelt sich ja weiter. Neue Player kommen beinahe ständig hinzu, hier herrscht eine große Dynamik. Das kann für den Marketing-Mix natürlich schon herausfordernd sein. Aber auch bei etablierten Medien ändert sich immer etwas. In der Vergangenheit war es schwer über Whatsapp zu werben. Aber auch das öffnet sich gerade mehr und mehr. Was klassische Medien betrifft: Ja, der ORF und das Hauptabendprogramm haben hier natürlich nicht mehr die Relevanz, die sie einmal hatten. Aber dafür gibt es ja neue Formate wie etwa Streamingdienste.
Hier kann man über programmatische Buchungen oder Addressable-TV an solche Zielgruppen rankommen. Vielleicht sogar als Unternehmen, dass sich Fernsehwerbung bisher nicht leisten konnte. Aber: Auf dieser Welt ist nicht alles digital. Wir haben etwa einige Kampagnen gezielt für diese Zielgruppe gemacht, wo man mit alter Form, also klassische Plakatwerbung, tolle Erfolge erzielt hat. Man hat doch nicht nur den ganzen Tag die Augen am Handy. Oder man geht sogar noch näher an die Zielgruppe heran. Das haben wir für eine große Recycling-Kampagne realisiert. Hier sind wir direkt in die Schulen hineingegangen, um diese Generation für unsere Botschaft zu begeistern und zu involvieren.
LEADERSNET: Bleiben wir noch bei Social-Media. Gegenwärtig wird viel über das "Metaverse" geredet – obwohl eigentlich noch kaum jemand dort wirklich aktiv ist. Sollte man als Werbetreibender sich schon auf dieses Thema fokussieren oder eher noch abwarten?
Löschenbrand: Das ist sicherlich eine der spannendsten Entwicklungen und erinnert mich ein bisschen an Anfang der 2000er, als diese Social Media Welle langsam von Amerika rüberkam. Viele Unternehmen waren damals sehr skeptisch und sind erst mal in den abwartenden Modus gegangen. Heute, etwa 15 bis 20 Jahre später, wissen wir, was daraus geworden ist. Unternehmen, die zu spät auf diesen Zug aufgesprungen sind, haben sich lange Zeit sehr schwer getan, noch eine Relevanz zu kriegen oder potenzielle Kund:innen zu erreichen. Diejenigen, die von Beginn an dabei waren, sind natürlich umso mehr belohnt worden. Hier sehe ich schon eine gewisse Parallele. Und wenn man sich ansieht, wo die großen Player, wie etwa Facebook oder Microsoft gerade ihr Geld investieren, dann wird man schnell bemerken, dass sehr viel Geld in die Entwicklung von Metaversen gesteckt wird.
Das virtuelle Agentur Office im Metaverse © bluforce
LEADERSNET: Also glaubt man in der Branche an das Potential des Metaverse?
Löschenbrand: Offensichtlich. Wenn man mit den Kollegen aus den USA spricht, die da ein kleines Stückchen weiter sind, wird schnell klar wohin die Richtung geht. Es war gerade Anfang Oktober wieder die große jährliche Meta-Connect. Das ist die die große Konferenz vom Facebook Konzern zu diesem Thema, wo die Entwicklungen vorgestellt worden sind. Es gab Einblicke in die Neuerungen, wie die Visionen gedacht werden. Das Thema ist für viele Menschen sicherlich so abstrakt, weil man es noch nicht wirklich greifen kann. Ein Großteil der Konsument:innen haben einfach noch gar nicht die Möglichkeit, daran teilzuhaben, weil die Zugangsbeschränkungen noch nicht aus dem Weg geräumt sind. Wirklich interessant wird es dann, wenn es dazu passende Brillen gibt. Da gibt es zwar erste Ansätze, aber die haben einfach den Mainstream Level noch nicht erreicht. Das war bei den sozialen Medien sicher einfacher, weil die damals neuen Smartphones das natürlich sofort unterstützt haben. Das Smartphone war quasi der technische "Enabler" für Social Media und die Brille wird der "Enabler" für das Metaverse sein.
LEADERSNET: Agenturen sind gegenwärtig – wie die meisten anderen Branchen auch – im Umbruch. Wie sehen Sie den Trend zu neuen Arbeitszeitmodellen und wie wird der bei Ihnen gehandhabt?
Löschenbrand: Wir haben schon auch festgestellt, dass gerade bei jüngeren Generationen, der Faktor Arbeit generell nicht mehr ein so dominanter Teil der Lebenszeit sein sollte. Früher hast du für Agenturen quasi 24/7 gelebt. Wir haben uns hier sehr schnell angepasst und schon vor der Pandemie damit begonnen, Arbeitszeit als solche auch abzugrenzen und zu respektieren, dass es außerhalb dieser Agentur auch noch ein anderes Leben gibt. Bei uns gibt es die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten. Gleichzeitig soll es aber auch einen Mehrwert geben, wenn man ins Büro kommt. Sei es wegen dem Austausch mit den Kolleg:innen, der Verpflegung oder die Top ausgestatteten Arbeitsplätze.
Darüber hinaus haben wir und natürlich auch dem "New Work" Modell angepasst. Wir bieten etwa alle vier Jahre Sabbatical für beispielsweise zwei Monate an. Wir haben ein umfangreiches Weiter- und Fortbildungsprogramm, bei dem jede:r Mitarbeiter:in mindestens einmal im Jahr die Möglichkeit hat, sich fortzubilden. Das geht bis hin zu "Praktikas" bei einer anderen Agentur die in unserem globalen Netz ist.
Ich sage gerne: Wir haben knapp 40 Mitarbeiter:innen und Mitarbeiter und auch 40 verschiedene Arbeitszeitmodelle.
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