Millionenstrafe droht: STRABAG könnte Kronzeugenstatus verlieren

| Tobias Seifried 
| 28.07.2022

Laut der Bundeswettbewerbsbehörde hat der Baukonzern im Kartellverfahren nicht alles offengelegt - nun soll es erneut vor Gericht gehen.

Eigentlich hatte es den Anschein, dass die Strabag im bisher größten Kartellverfahren in der heimischen Baubranche mit einem blauen Auge davongekommen ist. Der Baukonzern sicherte sich nämlich den Kronzeugenstatus und fasste daher eine vergleichsweise geringe Strafe in Höhe von 45 Millionen Euro aus. Doch nun will die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) das Verfahren neu aufrollen. 

Bei dem Kartellverfahren wurden mehreren Baufirmen im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017 einheitliche und fortgesetzte kartellrechtswidrige Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau in Österreich nachgewiesen. Da die STRABAG im kartellrechtlichen Ermittlungsverfahren eine umfangreiche Kronzeugenerklärung übermittelt, Compliance Maßnahmen implementiert und auch ein Anerkenntnis für das kartellgerichtliche Verfahren abgegeben hatte, beantragte die BWB  unter Einbindung des Bundeskartellanwalts (BMJ) eine geminderte Geldbuße, der dann auch stattgegeben wurde.

Hinweise auf Verstoß gegen Kronzeugenregelung

Am Donnerstag teilte die BWB mit, dass sie nun im Zuge weiterer strafrechtlicher Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Wege der Amtshilfe Kenntnis über neue Tatsachen erlangt habe, die eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses vom 21. Oktober 2021 erforderlich machen würden, insbesondere hinsichtlich der vollständigen Einhaltung der die STRABAG als Kronzeuge treffenden Kooperationsverpflichtung, wahrheitsgemäß, uneingeschränkt und zügig zusammenzuarbeiten. Unter anderem sei zu prüfen, ob mangelnde Offenlegung von Beweismitteln und Tatsachen durch den Baukonzern trotz Kenntnis vorliege.

Deshalb habe die BWB nunmehr das Kartellgericht mittels Abänderungsantrag ersucht, den rechtskräftigen Beschluss vom Herbst 2021 zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern. Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, droht der STRABAG eine deutlich höhere Strafe. 

"Das Kronzeugenprogramm ist das wichtigste Instrument zur Aufdeckung geheimer kartellrechtswidriger Absprachen. Aus diesem Grund wird kooperierenden Unternehmen eine bis zum vollständigen Entfall reichende Geldbußenermäßigung eingeräumt. Allerdings ist diese weitreichende Privilegierung nur bei Erfüllung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen gerechtfertigt", so die interimistische BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.

STRABAG weist Vorwürfe zurück

Die STRABAG rechnet jedenfalls nicht damit, dass der rechtskräftige Beschluss nachträglich abgeändert wird. In einer Stellungnahme des Baukonzerns heißt es, dass der Vorstand den Antrag für unbegründet halte und man im Kronzeugenprogramm umfänglich mit der Bundeswettbewerbsbehörde kooperiert habe. 

www.strabag.at

www.bwb.gv.at

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