"Wir müssen als Konsument:innen bereit sein, den einen oder anderen Euro mehr zu bezahlen"

Lohberger CEO Reinhard Hanusch im Gespräch mit LEADERSNET über die Auswirkungen von Lockdowns und Lieferengpässen im Hinblick auf die Auftragslage sowie der damit verbundenen Personalnot und wie man wieder neuen Schwung in die Gastro-Branche bringen kann.

LEADERSNET: Die Pandemie dauert nun bereits zwei Jahre an, die Gastro- und Hotelbranche war von mehreren Lockdowns betroffen. Wie hat sich dies auf die Marke Lohberger ausgewirkt?

Hanusch: Die Gastronomie ist durch die sich ständig ändernden Maßnahmen und Auflagen in den letzten zwei Jahren ziemlich gebeutelt. Wir sind in Österreich Marktführer und haben auch in Deutschland und der Schweiz einiges an Potential. Ich bin ununterbrochen mit vielen Gastronomen und Köchen im gesamten DACH-Gebiet in Kontakt. Bei diesen kommt nun der hohe Managementaufwand dazu. Zusätzlich gibt es bundesweit keine einheitlichen Regeln. Das schlägt natürlich auch immer wieder auf uns zurück, weil die Planbarkeit sehr stark darunter leidet.

LEADERSNET: Wie zeigt sich das konkret?

Hanusch: Wir haben Gott sei Dank sehr starke Gastronomen als Kunden, die auch gerade in dieser Zeit investieren. Die aktuell vorherrschende Situation wird genutzt, um Umbauten und Erneuerungen zu forcieren, da ohnehin immer wieder geschlossen war. Es verzögern sich aber Baustellen und viele Handwerker fehlen. Auf der anderen Seite wächst auch der Druck, dass wir schneller liefern dürfen oder müssen, wie auch immer man das benennt. Es wird immer deutlicher, dass die Gastronomen schwer belastet sind und die Stimmung schnell einmal umschlägt. Sie kämpfen alle sehr. Ich bin ein Mensch, der gerne kommuniziert, deswegen bekomme ich so manches mit und versuche mit Unterstützung unseres tollen Lohberger Friends Netzwerk zu helfen, wo immer es möglich ist.

LEADERSNET: Anfang März sind fast alle Sicherheitsmaßnahmen gefallen, nur Wien bleibt strenger. Wie ist die Stimmung in der Branche angesichts dieser umfassenden Lockerungen?

Hanusch: Die Gastronomie ist die emotionalste und auch dynamischste Branche für mich. Der Vorteil ist, dass sie immer wieder in der Lage ist, sehr schnell hochzufahren. Allerdings gibt es zwei Probleme: Das mit Abstand größte ist das fehlende Personal, das zweite sind die teilweise nicht mehr berechenbaren Preisentwicklungen. Der Gastronomie fehlen sehr viele Mitarbeiter:innen und viele Betriebe können daher nur Teilbereiche öffnen. Viele Menschen haben aus Unsicherheit die Branche gewechselt, weil sie sehr oft im Lockdown waren und nicht nur auf Geld und Trinkgeld verzichten mussten. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man täglich auch sein Erfolgserlebnis hat. Im Lockdown gibt es natürlich sehr wenige Erfolgserlebnisse. Daher ist es umso wichtiger, dass wir mithelfen, die Leute wieder zurückzugewinnen und die Begeisterung für diese Branche wieder zu entfachen. 

LEADERSNET: Wie kann die Begeisterung für die Branche wieder entfacht werden?

Hanusch: Ich glaube, wichtig ist – und daran arbeiten wir sehr viel – unseren Teil dazu beizutragen, gerade den Nachwuchs zu begeistern und zu zeigen, dass es sich um eine Branche handelt, in der die Vorteile viel mehr überwiegen. Wir brauchen die Gastronomie als Ort der Begegnung, der Freude, des Genusses. Wenn ein Gastronomiesterben einsetzen würde, wäre das für die gesamte Bevölkerung sehr schlecht. Wenn die Leute nicht zurückkommen, dann verlieren die Gastronomen ihre Mitarbeiter:innen und wir übermorgen unsere Kunden. Das wäre eine fatale Geschichte. Die Arbeit, welcher ich seit Jahren nachgehen darf, ist für mich keine Arbeit, sondern mein Leben und genau diesen Spirit versuche ich Tag für Tag an andere weiterzugeben. 

LEADERSNET: Welche Maßnahmen können hier gesetzt werden, um einem Gastronomiesterben entgegenzuwirken?

Hanusch: Wir haben einen Container mit einer Küche gebaut. Am 9. Mai 2022 werden wir bei uns in der Firma unter dem Motto Klassentreffen viele Leute einladen damit diese wieder zusammen sein und netzwerken können. Danach werden wir eine Runde durch Österreich drehen und versuchen, viele Leute mit den Themen Nachwuchs, Nachhaltigkeit und Regionalität zu gewinnen. Damit dort auch wieder Begeisterung entsteht.

Wir haben auch Wirtschaft und Politik dabei und wollen möglichst viel gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir haben da unter anderem neben LEADERSNET auch mit Gault Millau, Falstaff und Rolling Pin gesprochen. Wichtig ist, die Vorteile und schönen Seiten dieser Branche in den Vordergrund zu stellen, denn ohne Menschen lebt diese Branche nicht.

LEADERSNET: Ist das Personalproblem bereits ein akutes oder ist das etwas, das dann langfristig akut wird, wenn man jetzt nichts dagegen unternimmt?

Hanusch: Es ist grundsätzlich schon ein akutes Problem und es wird mittel- bis langfristig noch akuter, wenn wir jetzt nicht gegensteuern. Österreich ist ein Tourismusland. Nehmen wir zum Beispiel die Skigebiete her. Wenn diese sagen, sie können keine Gäste mehr beherbergen oder im Gasthaus bewirten, dann tun wir uns allgemein nichts Gutes. Und wir selbst sind ja auch so, dass wir jede Möglichkeit suchen, um abends wieder wegzugehen, beisammenzusitzen und uns  auszutauschen, da wir alle von und für diese Emotionen leben.

LEADERSNET: Kein Grund zur Freude sind auch die Lieferengpässe, die mit der Corona-Krise begonnen und durch den Krieg in der Ukraine nun weiter verstärkt werden. Wie merken Sie diese Engpässe bei Lohberger?

Hanusch: Wir kämpfen auch mit Lieferengpässen. Die größte Challenge sind die Rohmaterialien und deren Preise. Wir arbeiten sehr viel mit Edelstahl für die Küchen und da haben sich die Preise innerhalb weniger Monate verdoppelt. Vor einem Jahr haben wir noch rund 2.500 Euro pro Tonne bezahlt, jetzt zahlen wir 5.200 Euro mit weiterhin steigender Tendenz. Das Ärgerliche dabei ist, dass das nicht den Markt abbildet, sondern enorm spekulativ ist. Wir haben viele bestehende Aufträge in unserem Portfolio, die Wochen und Monate vorher abgeschlossen wurden und trotzdem erfüllt werden müssen. Das belastet uns.

Wir sind Gott sei Dank ein österreichisches Produktionsunternehmen mit eigenem Standort in Schalchen in Oberösterreich und sind in relativ großem Umfang nicht von Lieferungen aus Fernost oder den Ostländern beeinflusst. Deswegen kommen wir ganz gut durch die Situation. Wir haben einen starken Eigentümer, der uns dabei unterstützt. Und ich muss das jetzt ganz hoch an die Glocke hängen: Wir haben ein großartiges Team, das diese Mehrbelastungen auf sich nimmt.

LEADERSNET: Das heißt, Lohberger kann im Moment gut liefern?

Hanusch: Ja, wir sind sehr hoch ausgelastet, weil wir die positive Situation eines hohen Auftragsstandes haben. Wir haben früh genug zu höheren Preisen Material zugekauft und können damit unseren Kunden eine hohe Liefer- und Performance-Garantie abgeben. In der heutigen Zeit gehören Vertrauen und Verlässlichkeit zu den wichtigsten Faktoren. Wir hegen und pflegen unser Team, damit es unseren gemeinsamen Weg mitgeht. Wir haben am Standort in Oberösterreich 160 Personen beschäftigt, in Summe sind wir 230. Von diesen 160 sind über 115 in der Produktion und die geben im wahrsten Sinn des Wortes jeden Tag ihre volle Leistung, damit wir die Kundenanforderungen erfüllen können.

LEADERSNET: An welchen Projekten arbeitet Lohberger derzeit? Wo liegen die Schwerpunkte?

Hanusch: In der Küche gesamt machen wir mittlerweile 45 Millionen Euro Umsatz und davon entfallen fast zwei Drittel noch auf Österreich; Deutschland und die Schweiz sind stark im Wachsen, aber in Österreich sind wir absoluter Marktführer. Wir sind über das Bundesgebiet sehr gut verteilt. Wien ist ein sehr zentraler, großer Absatzbereich. Ich will es jetzt fast vermeiden, einzelne Kunden zu nennen, weil mir ist jeder Kunde, ob Sterne-Restaurant, Wirtshaus oder Systemgastronomie gleich wichtig.

LEADERSNET: Was ist in Zeiten wie diesen  besonders wichtig?

Hanusch: Lohberger gibt es seit 97 Jahren und wir haben als Unternehmen schon viele Situationen gemeistert. Was mir ein ganz besonderes Anliegen ist, an dieser Stelle anzumerken, dass wir in einer Zeit leben, in der sehr viele Konflikte geschürt werden. Ich versuche, hier im Unternehmen das Verbindende in den Vordergrund zu stellen und sehr viel im Dialog und in der Kommunikation abzufedern. Ich bin CEO dieser Firma, daher stehe ich rund um die Uhr für meine Mitarbeiter:innen zur Verfügung. Mehrmals am Tag gehe ich durch unsere Produktion führe viele ermutigende Gespräche, genau wie auch mit Kunden und Lieferanten. Ich versuche, täglich Vorbild zu sein. Wenn ich diese Runden drehe und ich sehe bei meinen Arbeitnehmern immer wieder einmal ein Lächeln im Gesicht, dann ist mein Tagesziel erreicht. In dieser Zeit mit Druck zu arbeiten, ist, glaube ich, das falsche Mittel.

LEADERSNET: Wagen wir zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft: Wie, glauben Sie, wird die Branche nach Ende der Pandemie aussehen?

Hanusch: Das ist aus meiner Sicht noch sehr ungewiss. Die starken Gastronomen und Betriebe sind aktuell noch sehr intensiv am Investieren und Neuausrichten. Da haben auch die Förderungen und Überbrückungshilfen des Staates geholfen. Diese waren zwar mit dem Kamm verteilt, aber im Endeffekt hätte es ohne sie viele Insolvenzen und Schließungen gegeben. Die Frage ist, wie schnell jetzt wieder eine Kontinuität reinkommt. Und das zweite ist, wie schon betont, wie schnell gelingt es, wieder Menschen in die Gastronomie zurückzubringen, damit ein Vollbetrieb gewährleistet ist. Davon wird es abhängen, ob sich die Situation schnell erholt oder ob nachhaltig wirklich dauerhafte Schäden oder Rückgänge in der Gastronomie kommen. Die würden natürlich auch uns in vollem Umfang treffen.

LEADERSNET: Werden Entwicklungen, die durch Corona ausgelöst werden, auch nach Ende der Pandemie erhalten bleiben?

Hanusch: Es wird sicher der Anteil an Systemgastronomie steigen, weil eben Arbeitskräfte und Fachpersonal fehlen. Wir müssen alle schauen, von uns Herstellern bis hin zu den Gastronomiebetrieben, dass wir alle Leute ehrlich und fair behandeln, von der Arbeitszeit bis zu den Löhnen. Ich hoffe sogar, dass sich das nachhaltig ändern wird. Und wir müssen als Konsumenten auch bereit sein, den einen oder anderen Euro mehr zu bezahlen für gutes Essen, für gute Getränke, für hochwertige Dienstleistung und das wertzuschätzen. Wir müssen bereit sein, hier auch unseren Beitrag zu leisten. (nf)

www.lohberger.com

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