Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) Gabriel Felbermayr sprach am Mittwoch in der "Pressestunde" des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK) in Wien über die weitreichenden Folgen der westlichen Sanktionen und die Frage, ob Europa der Rubelzwang zum Verhängnis wird.
"Wir befinden uns aktuell in einer Sackgasse: Die westlichen Länder haben die russische Zentralbank mit Sanktionen belegt, wonach europäische Unternehmen keine Geschäfte dort abwickeln können. Nun verkündet der Kreml, sich Energielieferungen aus Russland ausschließlich mit Rubel bezahlen zu lassen, die wir nicht haben. Denn Rubel bekommt man nur über die russische Zentralbank und das ist das Dilemma, in dem wir momentan stecken", sagte Felbermayr. Die Sanktionen seien zwar gut und wichtig, die nächsten Tage würden aber zeigen, ob man sie wieder zurücknimmt, um Rubel kaufen zu können.
Russland verliert hohe Exporteinnahmen
"Die Sanktionen gegen Russland wirken überraschend gut", so der WIFO-Direktor, der sich auf Einladung von IFWK-Initiator Rudolf J. Melzer Fragen von Journalist:innen und Manager:innen stellte. "Alle jene, die sagen, es störe den Kreml nicht, wenn Europa kein Erdöl und Gas mehr kauft, liegen falsch. Wenn ein Staat Exporteinnahmen im Ausmaß von 10 Prozent seiner Wirtschaftskraft verliert, schmerzt das sehr." Die Abhängigkeit sei aber natürlich eine beidseitige: "Zum einen fehlen uns die Alternativen zu vielen Rohstoffen, die wir aus Russland beziehen und zum anderen braucht Russland Europa für seine Pipelines. Denn die einfach so zu schließen und über andere Wege Gas zu exportieren, ist zeitlich und finanziell nicht möglich."
Geschickte Reaktion
Russland reagiere auf die westlichen Sanktionen durchaus geschickt, denn die russischen Gas- und Ölexporteure müssen in der nächste Woche den Zahlungsverkehr auf Rubel umstellen: "Das ist ein Problem für Europa. Denn das Beschaffen von Rubel ist nicht einfach, nachdem die russische Zentralbank mit Sanktionen belegt wurde. Außerdem ist der Rubel keine Reservewährung, die wir in anderen Ländern und Banken vorrätig haben und wir brauchen große Mengen", so der Wirtschaftsforscher. "Da haben wir uns möglicherweise in eine Sackgasse manövriert." Die kurzfristige Folge ist, dass der Rubel deutlich aufgewertet hat und der Gaspreis wieder zulegt. (ts)
LEADERSNET war bei der Pressestunde mit dabei. Eindrücke finden Sie in der Galerie.
www.ifwk.net
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