LEADERSNET: Wie kam die Idee die erste vegane Fleischerei zu eröffnen?
Bernhardt: Ich war bis vor kurzem selbständige Fotografin – habe vor allem Porträts gemacht und in Schulen und Kindergärten fotografiert – und habe diesen Beruf auch geliebt. Aber dann kam Corona und es war klar, dass Fotografie keine "systemrelevante" Sparte ist. Da hatte ich dann plötzlich diese Vision von einer "fleischlosen Fleischerei". Meinem Partner hat die Idee auch sofort sehr gut gefallen und wir haben das dann einfach so in unseren Köpfen weitergesponnen. Irgendwann ist es immer konkreter geworden…
LEADERSNET: Was ist das Besondere an der Fleischloserei?
Bernhardt: Wir sind vegan und frisch. In den Supermarktregalen gibt es ja mittlerweile immer mehr Fleischersatzprodukte. Die sind aber alle vakuumverpackt und industriell hergestellt. Unsere veganen Spezialitäten werden alle von Hand gemacht und kommen frisch und unverpackt in die Vitrine. Bei uns geht es auch nicht so sehr darum, dass die Produkte in Geschmack und Aussehen ganz nah am Fleisch dran sind. Ich sehe das nicht so eng. Fleisch ist Fleisch. Und unsere Produkte sind eben das, was sie sind. Ich würde beispielsweise nie Lebensmittelfarbe verwenden, um etwas noch rosiger aussehen zu lassen.
LEADERSNET: Wie wird die Fleischloserei angenommen?
Bernhardt: Bis jetzt sehr gut. Wir sind richtig überrascht. Wir stehen ja erst am Anfang. Im Mai und Juni hatten wir unsere ersten Auftritte beim "Der Neubaumarkt", das ist ein neuer Bio-Wochenmarkt in der Neubaugasse, Ecke Lindengasse. Da haben wir schon gemerkt, dass das sehr gut angenommen wird. Das Angebot für Veganer:innen ist ja nicht so groß. Alle freuen sich, wenn die Auswahl ein bisserl größer wird.
LEADERSNET: Weshalb leben Sie selbst vegan?
Bernhardt: Ich esse seit sechs Jahren kein Fleisch mehr. Jahrelang vegetarisch, seit ein paar Monaten ernähre ich mich fast ausschließlich vegan. Das Leid der Tiere ist natürlich schrecklich. Aber der eigentliche Grund, warum ich kein Fleisch esse, ist, dass ich überzeugt bin, dass der Stress, der den Tieren bei der Schlachtung zugefügt wird, ins Fleisch übergeht. Der Stress, die Angst, die negativen Energien – das alles will ich nicht essen.
LEADERSNET: Was ist Ihr meist-nachgefragtes Produkt im Sortiment?
Bernhardt: Beim Markt ist unsere vegane Leberkässemmel am besten weggegangen. Ich glaube, das war wohl für alle interessant. Für die Veganer und Veganerinnen sowieso, aber auch viele Fleischesser sind gekommen und wollten das probieren. Der Leberkäs heißt bei uns übrigens "Lebenkäs" und wird aus Tofu gemacht.
"Lebenkäs"-Semmel © Fleischloserei
LEADERSNET: Woher kommen die Produkte in der Fleischloserei?
Bernhardt: Wir schauen sehr bewusst darauf, wo unsere Rohstoffe herkommen. Schon vor vielen Jahren habe ich eine Foodcoop in Pressbaum gegründet und habe damals viele regionale Erzeuger persönlich kennen lernen dürfen. Jetzt, seit es die Fleischloserei gibt, kommen immer mehr Menschen auf mich zu, die selbst vegane Produkte herstellen: Tofu aus dem Seewinkel, veganer Camembert aus dem Umland von Sankt Pölten oder Kürbiskernprodukte für unsere Kürbisvurst aus dem Weinviertel. Der Austausch mit anderen Menschen und Produzenten ist für mich mit das Schönste an der Sache. Ich möchte nur Produkte verwenden, von denen ich weiß, woher sie kommen.
LEADERSNET: Sie setzen bei der Auswahl Ihrer Lebensmittel eher auf Hausmannskost. Weshalb?
Bernhardt: Das hat auch damit zu tun, dass es gerade bei veganer Hausmannskost noch sehr wenig Angebot gibt. Falafel und Burger sind schon an jeder zweiten Straßenecke zu bekommen. Das vegane Blunzngröstl oder die Vleischknödel gibt's hingegen nur bei uns.
LEADERSNET: Wie denken Sie wird sich die Zukunft der Nachfrage für vegane Lebensmittel entwickeln?
Bernhardt: Ich habe gelesen, dass während Corona noch mehr Menschen auf vegane Ernährung umgestiegen sind. Ich bin sicher, dass die Nachfrage weiterhin stark steigen wird. (sk)
www.fleischloserei.at
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