Es ist der Wirtschaftskrimi des Jahres: Der milliardenschwere Bilanzskandal um den deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard. Die Schlüsselfigur der Affäre, Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek, der Wurzeln in Österreich hat (LEADERSNET berichtete) befindet sich seit Monaten auf der Flucht, seine Spuren verwischen sich auf den Philippinen. Nun sucht das Deutsche Bundeskriminalamt öffentlich nach dem flüchtigen Ex-Manager, und die Affäre wurde zu einem Fall für die Sendung "Aktenzeichen XY".
Verworrene Spurensuche
Die Fahndung gestaltet sich indessen schwierig: "Aufgrund der derzeitigen Ermittlungsergebnisse wird ein Aufenthaltsort des Gesuchten im Ausland für sehr wahrscheinlich gehalten", teilte das deutsche Bundeskriminalamt am Mittwoch in Wiesbaden mit. Eine Spur führt nach Belarus (Weißrussland).
Einer Nachricht aus den Philippinen zufolge sollen sich ebendort 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten befinden. Einwanderungsbeamte sollen dort Reiseunterlagen Marsaleks gefälscht haben. Zwei Beamte werden verdächtigt. Laut ihren Einträgen in der Datenbank des Immigrationsbüros wäre Marsalek am 23. Juni in der Hauptstadt Manila eingetroffen und hätte die Philippinen am folgenden Tag von der Provinz Cebu aus - die auf einer anderen Insel liegt - wieder verlassen. Allerdings habe es am 24. Juni gar keinen Flug von Cebu nach China gegeben, wohin Marsalek angeblich gereist sein soll. Zudem seien den Angaben nicht - wie bei solchen Einträgen üblich - die Reisepassdaten des Österreichers beigefügt worden.
Drei Milliarden Euro Verluste auf Seiten von Banken und Investoren
Jan Marsalek steht unter Verdacht gemeinsam mit anderen Beschuldigten die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen des Zahlungsdienstleisters durch Scheingeschäfte aufgebläht zu haben, um so das Unternehmen finanzkräftiger und für Investoren und Kunden attraktiver darzustellen. Wenn der Ex-Manager gefasst wird, wird er sich wegen eines besonders schweren Falls der Untreue und des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs vor Gericht verantworten müssen. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Banken und Investoren über drei Milliarden Euro verloren haben könnten.
Wirecard hatte Scheinbuchungen in Höhe von mutmaßlich 1,9 Milliarden Euro eingeräumt, die der Konzern in seiner Jahresbilanz 2019 auf der Habenseite bilanzieren wollte - das Ergebnis wahrscheinlich nicht existierender Luftgeschäfte mit Subunternehmern in Südostasien und im Mittleren Osten. Als dieser Betrug aufflog,
Wirecard fliegt aus dem DAX
Infolge dieser Entwicklungen muss Wirecard als börsennotiertes Unternehmen den DAX noch im August verlassen. Das Unternehmen war noch noch keine zwei Jahre in der DAX-Familie, es hatte im September 2018 den frei gewordenen Platz der Commerzbank im DAX eingenommen. (red)
www.wirecard.com
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