Die "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes und der Uniqa ist "nicht praxistauglich". Zu diesem Schluss kommt die Arge Daten, die Österreichische Gesellschaft für Datenschutz. Die technischen Möglichkeiten zur Distanzmessung seien nicht ausreichend, um einen verpflichtenden Einsatz – wie kürzlich von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gefordert – zu rechtfertigen.
Hunderte potentielle Kontaktpersonen
"Smartphones kennen grundsätzlich zwei Methoden der Standort-Bestimmung, die GPS-Erfassung und die Funkzellen-Ortung", so die Arge Daten. Mittels GPS könne bis auf eine Genauigkeit von etwa zwei Metern der Standort eines Benutzers bestimmt werden. Auf diesem Weg könnten sowohl Fälle mit bis zu vier Metern Abstand als gefährlich eingestuft werden, obwohl sie unproblematisch seien, als auch Fälle unter zwei Metern als nicht gefährlich eingestuft werden, obwohl sie problematisch sind, kritisiert die Datenschutz-Organisation zu bedenken.
"Experten sprechen von hohen FAR (False Acception Rate) und hohen FRR (False Rejection Rate). Der gravierendste Nachteil ist, dass GPS in Gebäuden, U-Bahnen usw. nicht funktioniert. Hier würden die Smartphones schlicht den letzten GPS-Empfang speichern. Auf diesen Weg würden an frequentierten Orten (U-Bahn-Eingängen, Büro-Eingängen, Supermärkten, usw.) rasch hunderte zu 'Kontaktpersonen' werden", zeigt die Arge Data das Problem auf.
Die Matching-Wahrscheinlichkeit – also die Tatsache, dass ein aufgezeichneter Match auch ein tatsächlicher Kontakt innerhalb von zwei Metern ist – liege bei dieser Lösung bei weniger als ein Promille. Einer von 1.000 aufgezeichneten Kontakten wäre dann tatsächlich ein potentieller Übertragungsweg. "Um diesen einen zu finden, müssten aber 1.000 getestet werden. Die Zufallsauswahl bei Tests würde ein besseres Ergebnis bringen", gibt die Arge Daten zu bedenken.
Auch Funkzelle und Bluetooth nicht zuverlässig
Noch schlechter wären die Ergebnisse bei einer Standortbestimmung mittels Funkzelle. Hier wären die Abweichungen zwischen 20 und 200 Metern. Und auch Bluetooth würde nicht den gewünschten Effekt erzielen, da es weder für Standort-Bestimmung noch Distanz-Messung konzipiert sei. Die Matching-Wahrscheinlichkeit – also die Tatsache, dass ein aufgezeichneter Match auch ein tatsächlicher Kontakt innerhalb von zwei Metern ist – liegt bei einer Bluetooth-App optimistisch geschätzt bei höchsten 25 Prozent, realistisch bei zehn Prozent.
Darüber hinaus könne die App weder feststellen, ob jemandem die Hand gegeben wurde, noch ob eine kontaminierte Fläche berührt wurde. Aber auch die technischen Möglichkeiten zur Distanzmessung seien für die Datenschutzorganisation unzureichend, da es an Genauigkeit fehle. Die Wahrscheinlichkeit, dies über Bluetooth festzustellen, liege etwa "optimistisch geschätzt" bei höchsten 25 Prozent.
Matching-Wahrscheinlichkeit von 1:400.000
Das Fazit der Arge Daten: "Nimmt man die derzeitige offizielle Durchseuchungsrate (weniger als ein Prozent), die Nutzungsrate der Corona-App (ebenfalls weniger als ein Prozent), die Genaugikeit der Messung (bestenfalls 25 Prozent Treffsicherheit) und der Wahrscheinlichkeit, dass das Gegenüber im öffentlichen Raum keine Maske trägt bei zehn Prozent, ergibt sich die Matching-Wahrscheinlichkeit von 1:400.000. Das heißt es müssten 400.000 Personen getestet werden um den einen tatsächlichen Corona-App-Matching-Fall zu finden." Ein Lottogewinn wäre laut Arge Daten wahrscheinlicher. (red)
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