Der international tätige Tabakkonzern Philip Morris hat unlängst Werbedisplays und Kameras mit Gesichtserkennung in zwei Wiener Trafiken installiert: Um mehr über seine Kunden zu erfahren, werden Geschlecht und Alter der Konsumenten von den Kameras erhoben, je nach Ergebnis werden dann über die Displays unterschiedliche Zigarettenmarken vorgeschlagen.
Bei der Aktion handle es sich um einen auf vier Wochen begrenzten Test wie Claudia Oeking, Leiterin Corporate Affairs bei Philip Morris Austria, gegenüber dem Magazin Futurezone betonte. Vor allem soll der Versuch neue Erkenntnisse bezüglich der Kundenfrequenzen in den Verkaufsstellen liefern.
Beim Anbieter Philip Morris erhalte man lediglich anonymisierte Zahlenreihen, wie das Unternehmen festhält: Bilddaten würden nicht gespeichert, sondern lediglich personenneutral verarbeitet: “Bei der Ermittlung wird weder von uns noch von unserem Dienstleister eine Identifizierung oder Wiedererkennung von Personen vorgenommen. Es werden keine personenbezogenen Daten gespeichert. Sie werden auch nicht mit anderen Daten verknüpft“, erklärt Oeking.
Trotzdem verweisen Datenschützer auf das Fehlen von Hinweisen auf die Nutzung solcher Systeme: Da es sich um die Erhebung “rein statistische Merkmale“ handle, die auf Wahrscheinlichkeit beruhen, sieht man beim Konzern allerdings auch keine Notwendigkeit dazu.
Datenschützer sind alarmiert
Genehmigungen für solche Aufnahmen sind jedenfalls nicht vorgeschrieben: Dass die Datenverarbeitungssysteme gesetzeskonform betrieben werden, liegt seit der Einführung der neuen EU-Datenschutzregeln bei den Verantwortlichen. Diese müsste im Beschwerde-Fall auch nachgewiesen werden, wie die österreichische Datenschutzbehörde informiert.
Die Nutzung von Kameras zu Marktforschungszwecken ist in heimischen Trafiken durchaus üblich: Augenkameras zum Messen der Aufmerksamkeit sind schon seit Jahren im Einsatz, erklärt Andreas Schiefer, Obmann des Landesgremiums der Tabaktrafikanten in Wien. Dort wo Werbung platziert werde, schaue aber trotzdem kein Kunde hin. “Der Werbung am Verkaufsort wird zu viel Bedeutung beigemessen“, ergänzt Schiefer.
Aus der Österreich-Niederlassung des Tabakkonzerns Japan Tobacco International (JTI), heißt es dazu: “Es wird nur die Zeit gemessen, wie lange die Augen der Kunden auf einer Werbefläche verharren“, so JTI.
Laut Spiegel Online-Bericht musste im vergangenen Jahr die Schutzengel-Apotheke in Linz, die Gesichtsscanner der Firma Bayer für zielgruppenrelevante Werbung einsetzte, einen ordentlichen Shitstorm in den Online-Netzwerken einstecken: Der Einsatz der Gesichtsscanner wurde daraufhin aufgegeben. Auch die deutsche Supermarktkette Real sowie die Deutsche Post hat im vergangenen Jahr mit den neuen Scan-Systemen experimentiert: Der Nahversorger stoppte den Einsatz bei Werbedisplays als sich die ersten Klagsdrohungen von Datenschützern einstellten.
In Großbritannien und der USA setzen vor allem Modegeschäfte und Hotels auf derartige Technologien, die Gesichtserkennung wurde ursprünglich dazu genutzt Ladendiebe besser wiederzuerkennen. Inzwischen können so aber neben demografischen Daten auch Besucherströme, Aufmerksamkeitsspannen sowie Prominente und zahlungsfähige Kunden via Gesichtsscan ermittelt werden. In Österreich sind solche Gesichtsscanner bisher aber eher selten vertreten. (red)
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