"Wir sind nicht eine Mediaagentur wie jede andere"

Krügel, Geschäftsführer Media 1, im Interview über die Zukunft der Branche, Markenmagnetismus und wie es um eine Verschmelzung mit DMB steht. 

1991 aus der Abteilung für Mediaplanung von Demner, Merlicek & Bergmann entstanden, ist Media 1 als "Markenmediaagentur" einer der großen Player am Markt. LEADERSNET hat Media 1-Geschäftsführer Joachim Krügel zum Interview gebeten und mit ihm über die Vorteile von eigentümergeführten Agenturen, internationale Pitches und warum Effizienz nicht immer die wichtigste Säule ist, gesprochen.

LEADERSNET: Media 1 ist unter den zehn führenden Mediaagenturen in Österreich die einzige, die noch eigentümergeführt ist, während der Rest zu internationalen Netzwerken gehört. Was bedeutet das für das tägliche Geschäft?

Krügel: In erster Linie bedeutet das einmal, dass wir keine Mediaagentur wie jede andere sind. Eigentlich sind wir die einzige Mediaagentur, die anders ist als alle anderen. Dadurch dass wir eigentümergeführt sind, unterliegen wir nicht den Gesetzmäßigkeiten eines globalen Konzerns. Die Netzwerkagenturen haben in den letzten Jahren in der Mediaplanung die Effizienz bis zur Perfektion getrieben. Wir sind der Meinung, dass das aber nicht in die richtige Richtung führt. Natürlich ist Effizienz eine wichtige Säule in der Mediaplanung, aber das bedeutet nicht, dass es keine anderen tragenden Säulen gibt.

LEADERSNET: Welche Säulen sind das Ihrer Meinung nach?

Krügel: Zum Beispiel Werbewirkung. Wir wissen durch unseren Media 1 Wirkungsscore, dass lineares TV beginnend bei ganz Jungen (14-19 Jahre) bis hin zu den Älteren (60-69 Jahre) ausgeglichen positive Werbewirkung entfaltet, Digital Video hingegen über alle Altersschichten eher schlecht abschneidet. Die Aufgabe heißt also, Reichweite ausgeglichen zu planen, aber auch Werbewirkung. Ein weiterer Punkt ist Mediastrategie und -umsetzung. Durch die Fragmentierung der Mediakanäle drehen wir heute nicht mehr nur an den großen Schrauben, wie es früher der Fall war. Da gab es große TV Kampagnen, mit einer großen zusätzlichen Printpräsenz und einer großen Out Of Home-Präsenz.

Heute ist es wie gesagt so, dass TV-Kampagnen weit über rein lineares TV hinausgehen. Bei Out Of Home (OOH) gibt es auch, vorangetrieben durch die Digitalisierung, unzählige Spielarten. Das heißt also, dass neben den großen Schrauben ganz viele kleine Schrauben zu drehen sind, die ständig optimiert werden müssen. Unser Businessansatz hat sich also insofern verändert, als dass wir im Wochen- oder Zwei-Wochen-Takt an den großen Schrauben drehen, während wir die kleinen Schrauben täglich nachjustieren. Erst dadurch wird ein ganzes Werk daraus, das dann tatsächlich funktioniert.

LEADERSNET: Besteht dadurch nicht die Gefahr, dass man die Übersicht verliert und an den falschen Schrauben dreht?

Krügel: Das Wichtigste ist es, schon von vornherein die richtige Strategie aufzusetzen. Dazu muss man eine Marke verstehen. Wenn das nicht der Fall ist und deshalb eine falsche Strategie gewählt wird, dann ist es tatsächlich so, dass man die Schrauben ständig in die falsche Richtung dreht. Und heutzutage kann es genauso schlimm sein an einer kleinen Schraube in die falsche Richtung zu drehen, wie an einer großen. Wenn man eine kleine Zielgruppe, die es zu erreichen gilt, falsch anspricht, dann kann das große Auswirkungen haben.

LEADERSNET: Wie verhindert Media 1, dass dies passiert?

Krügel: Wir haben ein eigenes Tool entwickelt, das „Markenmagnetismus“ heißt. Es macht zum ersten Mal möglich, dass wir von der Marke, über den kreativ- strategischen Zugang, bis hin zur Mediastrategie aus einem Ansatz heraus beurteilen, wie die Kommunikation für die Marke zum Positiven verändert werden kann.

LEADERSNET: Können Sie etwas konkreter beschreiben wie „Markenmagnetismus“ funktioniert?

Krügel: Wir haben das Tool gemeinsam mit Demner, Merlicek & Bergmann (DMB) und dem m.core Institut der Wirtschaftsuniversität Wien entwickelt. Es macht nicht nur die Anziehungskraft einer Marke messbar, sondern auch die Übereinstimmung der Kommunikation mit den Zielen des Kunden. Wir sind also in der Lage wissenschaftlich nachzuweisen, welche Auswirkungen die Kommunikation haben wird, wenn man das kreative Konzept und damit die Markenausrichtung verändert. Damit diese neue Kommunikation beim Konsumenten möglichst viel Wirkung entfaltet, können wir mittels unseres Tools auch die Frage beantworten, welche Mediakanäle sinnvollerweise eingesetzt werden sollten. In einer eigenen Studie, mit mehr als 2.400 Befragten, haben wir 19 Touchpoints auf ihre Wirkung hinsichtlich der Treiber des Markenmagnetismus erforscht. Das Ergebnis macht eine zielgerichtete Mediaplanung nach klaren Wirkparametern möglich. Daraus resultiert eine ganz neue Form der strategischen Mediaplanung, die damit eine logische Folgerung aus der jeweiligen Markenpositionierung und der Kreativstrategie ist.

LEADERSNET: Sind solche Innovationen die einzige Möglichkeit um am Mark zu bestehen? Immerhin wird in der Branche darüber diskutiert, dass es Mediaagenturen bald nicht mehr geben wird.

Krügel: Der Markt verändert sich ständig und wir müssen mit diesen Entwicklungen Schritt halten. Ob es den Begriff Mediaagentur in zehn Jahren noch geben wird, kann ich nicht sagen. Aber es macht auch wenig Sinn darüber nachzudenken, weil es keine Rolle spielt. Auch würde ich vorsichtig sein, bestimmte Entwicklungen, die es derzeit in den USA, Großbritannien oder auch Deutschland gibt, 1:1 auf Österreich zu übertragen. Österreich hat sich anders entwickelt als zum Beispiel der deutsche Medien- und Agenturmarkt.

Ich glaube nicht, dass wir als Mediaagentur in den kommenden Jahren unsere Daseinsberechtigung verlieren werden. Wenn dann verlieren wir sie, weil wir unser Businessmodell nicht weiterentwickeln.

LEADERSNET: Ist eine engere Verschmelzung mit Demner, Merlicek & Bergmann geplant – beispielsweise dass Media 1 zur Digital Unit von DMB wird?

Krügel: Das ist eine interessante Frage, aber kein Thema und es würde auch nicht funktionieren. In einer Werbeagentur gibt es ganz andere Prozesse als in einer Mediaagentur und zudem werden dem Kunden ganz andere Dienstleistungen angeboten. Eine Mediaagentur kann man nicht einfach zu einer Digital Unit schrumpfen. Das würde am Ziel vorbeigehen. Wir hören ja nicht plötzlich auf Kanäle wie TV oder Print zu planen.

LEADERSNET: Vor kurzem wurde die media.at Gruppe vom Dentsu Network aufgekauft. Ist diese Entwicklung aus Ihrer Sicht problematisch?

Krügel: Ich tendiere dazu zu sagen, dass das für uns sogar eine Chance ist. Media 1 ist dadurch die einzige eigentümergeführte Agentur unter den Top 10 in Österreich. Für die ganzen Agenturmarken, die es in so einem großen Network, wie es Dentsu ist, gibt, ist es schwer sich zu differenzieren. Das bedeutet wiederum, dass es für den Kunden schwer ist zu unterscheiden. Und am Ende stehen immer große Netzwerke und Agentur-Konglomerate dahinter, die immer dasselbe anbieten. Der CEO von Dentsu meinte neulich auch, dass die Kunden jetzt zwischen einer sehr großen und einer großen Agentur wählen können. Ich gebe ihm Recht, dass Dentsu am Ende nur eine Agentur ist, mit Betonung auf eine. Aber die Aussage ist letztlich trotzdem falsch. Kunden können zwischen globalisierten Netzwerken und eigentümergeführten Agenturen wählen.

 LEADERSNET: Die Entwicklung scheint auch in anderen Branchen so zu sein, dass die Kompetenz aus Österreich weggeht. In vielen großen Unternehmen werden die Entscheidungen für den österreichischen Markt nicht in Österreich, sondern in Deutschland getroffen. Inwieweit muss man sich als Mediaagentur um internationale Pitches kümmern?

Krügel: Wir haben den Vorteil, dass wir sehr gut vernetzt sind. Wir haben Partneragenturen in praktisch allen europäischen Ländern. Wir gewinnen auch Kunden aus anderen Ländern. Schwierig ist es hingegen, wenn es rein internationale Pitches sind, die über Grenzen weggehen. Wenn ein Unternehmen von Deutschland, Großbritannien oder Frankreich aus einen Pitch über fünf oder zehn Länder startet, dann wird die Media 1 nicht gefragt, ob sie daran teilnimmt. Das beschränkt unsere Möglichkeiten natürlich. Deshalb müssen wir bei Pitches, an denen wir teilnehmen, umso fokussierter und erfolgreicher sein.

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