Aktuelle Konjunkturumfrage
Industrie warnt vor Wohlstandsverlust aufgrund von De-Industrialisierung

| Redaktion 
| 03.02.2025

Laut aktueller IV-Konjunkturumfrage verfestigt sich die Krise vor allem bei energieintensiven Unternehmen. Zudem werden einmal mehr die hohen Lohnstückkosten sowie die regulatorische und abgabenseitige Überbelastung kritisiert.

Laut der ersten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung (IV) in diesem Jahr, muss sich die heimische Industrie weiterhin auf harte Zeiten einstellen. "Die gegenwärtige Lage in der Industrie präsentiert sich trostlos. Die Rezession infolge ungelöster Standortherausforderungen setzt der Industrie weiterhin zu und gefährdet den Wohlstand Österreichs. Insbesondere hat sich die Krise in der Breite der energieintensiven Industrie verfestigt. Die industrielle Wertschöpfung leidet unter hohen Energie- und Lohnstückkosten sowie regulatorischer und abgabenseitiger Überbelastung. Anzeichen für eine Trendwende zum Besseren sind derzeit nicht in Sicht", fasste IV-Chefökonom Christian Helmenstein die Ergebnisse der aktuellen Erhebung im Rahmen einer Pressekonferenz zusammen.

De-Industrialisierung schreitet weiter voran

Es brauche deshalb "auf nationaler und auch auf EU-Ebene vermehrt Anstrengungen, um die Wirtschaft wieder standortfit zu machen. Der Industrie muss es wieder möglich sein, zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren zu können. Erste positive Signale kamen aus der EU-Kommission, weitere müssen dringend folgen und rasch umgesetzt werden. Wir verlieren permanent an Boden, wenn wir nicht in eine neue wirtschaftspolitische Richtung aufbrechen", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

Auch Helmenstein schlägt in dieselbe Kerbe: "Im Gefolge der nicht mehr wettbewerbsfähigen inländischen Standortbedingungen hat ein Prozess der De-Industrialisierung eingesetzt, der seit zwei Jahren mit atemberaubendem Tempo voranschreitet. Der Verlust an industrieller Bruttowertschöpfung seit 2023 beläuft sich auf nahezu sieben Prozent in realer Rechnung. Würde die Industrieproduktion auf alle Betriebsstätten hypothetisch gleichverteilt stattfinden, stünde inzwischen jeder fünfzehnte Standort leer, die Produktion wäre eingestellt oder ins Ausland verlagert worden und das Unternehmen zur Geschäftsaufgabe gezwungen."

Der sekundäre Sektor ist aber nicht der einzige Bereich, der von den negativen Auswirkungen der De-Industrialisierung belastet wird. Von den kräftigen Produktivitätszuwächsen der Vergangenheit, dem überdurchschnittlichen Lohnniveau in der Industrie und den wieder preisstabilen Industrieprodukten profitierte Österreich in vielfältiger Weise. Auf Seiten der privaten Haushalte ermögliche industrieller Erfolg höhere Einkommen und eine gestärkte Kaufkraft, während der tertiäre Sektor Impulse aus der zusätzlichen Nachfrage nach Dienstleistungen erhält. Eine schrumpfende Industrie führt daher zu wirtschaftsweiten Einbußen erheblichen Ausmaßes. Im gleichen Atemzug ist aber auch zu beobachten, dass das Maximum der inländischen Wertschöpfungstiefe in Schlüsselbranchen der österreichischen Industrie durchschritten wurde, sodass die Abhängigkeit von ausländischen Zulieferungen zunimmt und die inländische Kompetenzgrundlage mittelfristig schwindet.

Umbrüche, Belastungen und Co.

Die aktuelle Konjunkturumfrage zeigt historisch einmalig, ununterbrochen seit nunmehr vierzehn Quartalen keine Verbesserung. Der aktuelle Saldo von -15 Punkten entspricht exakt dem Wert des Vorquartals. Die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten erholt sich von -11 Punkten auf einen Wert von -2 Punkten, liegt damit aber nach wie vor in negativem Terrain, sodass es nicht gelungen ist, die im Vorquartal erfolgte Vorzeichenumkehr vollständig wettzumachen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der Respondenten, die auf Sicht des nächsten Halbjahres mit einer Verbesserung der Geschäftslage rechnen, nur 13 Prozent beträgt, während 15 Prozent ein weiterhin schrumpfendes Geschäftsvolumen erwarten. 72 Prozent der Unternehmen stellen sich auf eine stagnative Entwicklung ein.

"Wir leben in einer Zeit der Umbrüche", hält IV-Burgenland Geschäftsführerin Aniko Benkö fest und ergänzt weiter: "Trotz leicht verbesserter Wirtschaftslage blicken die Unternehmer:innen daher pessimistisch in die Zukunft und schätzen die Situation in drei bzw. sechs Monaten vielfach schlechter ein als die aktuelle."

"Die Belastungen für die Betriebe durch hohe Energie- und Arbeitskosten sowie regulatorische Hürden sind weiterhin enorm. Wir sehen, dass die Unternehmen kaum Spielraum für Investitionen und Neueinstellungen haben, da die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unverändert herausfordernd bleiben", erklärt IV-NÖ-Geschäftsführerin Michaela Roither.

Keine konjunkturelle Wende

Beide Stimmungsindikatoren verharren im negativen Bereich und sollen die pessimistische Konjunktureinschätzung widerspiegeln. Nach wie vor deutet sich keine konjunkturelle Wende in Richtung einer Konjunkturerholung oder gar eines Aufschwunges an.

Per saldo liegt das IV-Konjunkturbarometer bei -8,8 Punkten. Dieses Ergebnis soll die Erwartung einer prolongierten Rezession in der österreichischen Industrie unterstreichen.

Die Gesamtauftragsbestände in der Industrie entfernen sich mit einem Saldo von -18 nach zuvor -14 Punkten noch weiter von einem aufschwungsaffinen Niveau. Der Anteil der Unternehmen mit derzeit unterausgelasteten Produktionskapazitäten umfasst demnach 38 Prozent aller Respondenten, während der Anteil jener mit gutem Auftragsbestand lediglich 20 Prozent beträgt. Der Verlust an Auftragsreichweite setzt sich somit fort.

Industrie mit anhaltenden Schwierigkeiten konfrontiert

Bei der Subkomponente der Auslandsaufträge ist genauso wenig eine Tendenz zur Stabilisierung auszumachen (Saldo -13 nach -5 im Vorquartal). Das zeigt, dass die österreichische Industrie mit anhaltenden Schwierigkeiten konfrontiert ist, ihre globale Marktposition zu halten. Es gelingt ihr nicht, am durchaus kräftigen globalen Realwachstum in Höhe von über drei Prozent im Jahr 2025 zu partizipieren.

Die Unternehmen nehmen vor dem Hintergrund des anhaltend negativen Konjunkturbildes, vor allem der unzureichenden Auftragsbestände, in saisonbereinigter Betrachtung ihre kurzfristigen Produktionserwartungen weiter zurück. Der Saldo beläuft sich auf -8 nach zuvor -19 Punkten. Dieser Befund bringt eine noch stärkere Produktionseinschränkung zum Ausdruck, wenngleich dies in abnehmendem Tempo geschieht.

Vor allem die Beschäftigungsaussichten in der Industrie sind von den weiterhin negativen Produktionserwartungen belastet. Der Wert stellt sich auf -31 Punkte nach zuvor -34 Punkten.

Hinter dieser Saldenbetrachtung soll sich eine auf dem im Vorquartal markierten Rekordtief verharrende Einstellungsneigung der Unternehmen verbergen. Binnen des laufenden Quartals trachten nur fünf Prozent der Respondenten nach einer Ausweitung ihres Beschäftigtenstandes. Zumindest verringert sich der Anteil der Respondenten, die einen (weiteren) Beschäftigungsabbau voraussehen, geringfügig von 39 Prozent auf 36 Prozent. Die negativen Beschäftigungsaussichten haben zur Folge, dass eine grundlegend veränderte Haltung der Unternehmen in ihrer Humanvermögensstrategie zum Ausdruck kommt. Auf der einen Seite ist das Vertrauen in eine baldige Erholung erschüttert, sodass die Aufschwungserwartung revidiert wurde und auf der anderen Seiten sind die Kosten für das Horten von Arbeitskräften drastisch angestiegen. Es ist diese Koinzidenz, die dazu führt, dass industrielle Beschäftigung derzeit trotz eines mittelfristig zu antizipierenden Arbeitskräftemangels in mitunter erheblicher Größenordnung verloren geht.

Ebene der Erzeugerpreise

Das disinflatorische Szenario auf der Ebene der Erzeugerpreise bleibt angesichts einer anhaltenden und noch weiter zunehmenden Unterauslastung der Produktionskapazitäten aufrecht. Der Saldo stellt sich auf -2 Punkte nach -13 Punkten. Die weitere Dynamik bei den Verbraucherpreisen hierzulande hängt wesentlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß auch der Dienstleistungssektor in den kommenden Quartalen einen der Geldwertstabilität förderlichen Beitrag in seinen Preisgestaltungen erbringt - und ob weitere Preisschocks bei der Versorgung mit fossilen Energieträgern ausbleiben.
Die Vielzahl der konjunkturellen Störfaktoren belastet die derzeitige Ertragslage der Unternehmen in ausgeprägter Weise. Bei einem Saldo von -24 Punkten (nach zuvor -30 Punkten) berichten knapp vier von zehn Unternehmen (38 Prozent) von einer dezidiert schlechten, hingegen nur jedes siebte Unternehmen (14 Prozent) von einer guten Ertragslage. Bei den Ertragserwartungen auf Sicht von sechs Monaten überwiegt nach wie vor der Anteil der Unternehmen, die eine weitere Verschlechterung ihrer Ertragslage erwarten, den Anteil jener, die auf eine Verbesserung der Ertragslage setzen (Saldo -3 nach -10).

Ein investitionsgetragener Aufschwung rückt damit in immer weitere Ferne.

www.iv.at

www.niederoesterreich.iv.at

www.burgenland.iv.at

Zur Befragungsmethode

An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich den Angaben zufolge 417 Unternehmen mit rund 310.400 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible "Saldo" aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

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Zur Befragungsmethode

An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich den Angaben zufolge 417 Unternehmen mit rund 310.400 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible "Saldo" aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

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