1938-2024
Wirtschaft und Politik trauern um Hannes Androsch

Der österreichische Unternehmer, Politiker und Steuerberater ist im Alter von 86 Jahren verstorben, wie die Androsch Privatstiftung mitteilte.

Wie durch die Androsch Privatstiftung bekannt gegeben wurde, ist Hannes Androsch am Mittwoch, dem 11. Dezember 2024, im Alter von 86 Jahren verstorben. 

Androsch hat über Jahrzehnte mit Kommentaren und Initiativen Österreich geprägt. 1938 in Wien geboren, floh seine Familie 1944 aufgrund zahlreicher Bombenangriffe auf Wien nach Piesling in Südmähren, wo Androsch sowohl das Ende des Zweiten Weltkrieges als auch die Vertreibung der Deutschen aus dem Dorf miterlebte. Nach seiner Matura im Jahr 1956 studierte der gebürtige Wiener in der Bundeshauptstadt an der Hochschule für Welthandel und erwarb dort drei Jahre später sein Diplom. Nachdem er als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig gewesen war, folgte 1969 schließlich die Promotion und die Gründung der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei Consultatio in Wien-Floridsdorf, die er mit dem Witwenfortbetrieb seiner Mutter zusammenführte.

Zwischen 1967 und 1981 war er Abgeordneter im Nationalrat und von 1970 bis 1981 österreichischer Finanzminister. Zusätzlich agierte er von 1976 bis 1981 als Vizekanzler unter Bruno Kreisky. Doch aufgrund unterschiedlicher Meinungen, der Furcht Kreiskys vor Androsch als Konkurrenten und der daraus folgenden Geltendmachung der Unvereinbarkeit musste der Finanzminister 1980 alle seine politischen Funktionen niederlegen. Daraufhin bekleidete Androsch bis 1988 das Amt des Generaldirektors der damals im Staatseigentum befindlichen Creditanstalt. 1988 wurde er schließlich Konsulent der Weltbank. 

1989, nachdem Androsch rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, war er geschäftsführender Gesellschafter der AIC-Androsch International Consulting und ab 1997 Miteigentümer der Salinen Beteiligungs GmbH sowie Vorsitzender des Aufsichtsrates der Salinen Austria AG – ehemals Österreichische Salinen AG. Weiters war er ab 1994 Miteigentümer von AT & S, in dessen Aufsichtsrat er ebenfalls als Vorsitzender tätig war. Ebenso wie in jenen bei bwin. In seiner zweiten Karriere als Industrieller war Hannes Androsch überaus erfolgreich. 

Nach seiner Funktion als Vorsitzender des Universitätsrates der Montanuniversität Leoben im Jahr 2003, erfolgte ein Jahr später die Errichtung der "Stiftung Hannes Androsch bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften". Einige paar Jahre später war er Aufsichtsratsvorsitzender der Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft und wurde 2010 schließlich zum Vorsitzenden des Rates für Forschung und Technologieentwicklung gewählt – eine Funktion, die er bis September 2020 innehatte. 

Nun ist er im Alter von 86 Jahren verstorben. Er hinterlässt zwei Töchter und einen Sohn. 

Stimmen zum Ableben von Androsch

"Hannes Androsch hat den Samariterbund geprägt wie kaum ein anderer. Sein Weitblick, seine Durchsetzungskraft und sein unermüdliches Engagement haben den ASBÖ zu dem gemacht, was er heute ist. Sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit und für die Schwächsten in unserer Gesellschaft war beispielhaft. Wir verlieren nicht nur einen außergewöhnlichen Ehrenpräsidenten, sondern auch einen guten Freund", so Franz Schnabl, Präsident des Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs.

"Erst im Frühjahr sind Androsch und ich zusammengekommen, um die neuen Klimakammern des Austrian Institute of Technology (AIT) in Tulln zu eröffnen. Ein hochinnovatives Projekt, das die Resilienz unserer Agrarwirtschaft gegenüber dem Klimawandel gestärkt hat. Hier zeigte sich wieder einmal der Vordenker Hannes Androsch", erklärt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Weiters heißt es: "Er war ein Mann, dem die Zukunft seiner Heimat ein Herzensanliegen war. Er hat sich bis zuletzt mit den großen Zukunftsthemen unseres Landes beschäftigt – immer leidenschaftlich und kritisch, immer reflektiert und mit viel Weitblick. Hannes Androsch war ein ganz Großer. Er wird dieser Republik fehlen."

Bürgermeister Michael Ludwig über den Verstorbenen: "Unsere Wege kreuzten sich in unserem gemeinsamen Heimatbezirk Floridsdorf bereits früh. Ich durfte ihn als engagierten und bedeutenden Sozialdemokraten kennenlernen, der sich bis zuletzt nicht nur für Politik interessiert, sondern auch aktiv Vorschläge eingebracht hat. Im September haben wir uns bei einer Veranstaltung anlässlich des 120-jährigen Bezirksjubiläums von Floridsdorf getroffen. Die Werte der Sozialdemokratie - Solidarität und sozialen Zusammenhalt - hat er bis zuletzt gelebt und an jüngere Generationen weitergegeben. Sein weitreichendes und tiefgründiges Verständnis für gesellschaftliche Zusammenhänge machte ihn zu einer treibenden Kraft und einem Vorbild für viele in unserer Bewegung. Der Tod von Hannes Androsch hinterlässt in der SPÖ Wien eine große Lücke. Unser tiefes Mitgefühl gilt in diesen schwierigen Stunden seiner Familie und seinen Angehörigen."

"Mit Hannes Androsch verliert Österreich eine große Persönlichkeit der Zweiten Republik – ob als Politiker, bedeutender Industrieller oder unermüdlicher Vorkämpfer für Bildung, Forschung und Innovation. Mit seinem Weitblick, seiner Tatkraft und seiner Leidenschaft hat er nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaft positiv geprägt und gestaltet", so Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Karlheinz Kopf, Generalsekretär der WKÖ, zum Ableben von Hannes Androsch. "Er wird uns nicht nur als feste Größe in der österreichischen Wirtschaft fehlen, denn sein Wissen, seine Erfahrung und sein Engagement haben ihn über alle Parteigrenzen hinweg zu einem geschätzten Partner gemacht, der Österreichs Interessen stets gesamthaft im Blick hatte. Unser tiefstes Mitgefühl gilt in diesen schweren Stunden seiner Familie und Freunden."

Bundeskanzler Karl Nehammer meldete sich via "X" (ehemals Twitter) zu Wort:

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