Interview mit Michael Ehlmaier
"Wichtig ist, den Markt zu lesen, die richtigen Leute ins Unternehmen zu holen und selbst als Vorbild voranzugehen"

| Dejan Filipovic 
| 20.10.2024

Im LEADERSNET-Interview spricht Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe, u.a. darüber, wie seine Anfänge in der Branche waren, wie sich der Immobilienmarkt in den letzten 30 Jahren entwickelt hat, welche Trends und Herausforderungen zu beobachten sind und welche Rolle die Digitalisierung in Zukunft einnehmen wird. Außerdem spricht er über die Beweggründe, nach dem Management-Buy-out seinerseits den Marken-Relaunch und die Umfirmierung vollzogen zu haben, seine Führungsphilosophie und wo er sich in den nächsten Jahren sieht.  

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Ehlmaier, 1991 wurde der "CPB Immobilientreuhand" gegründet. Sie kamen drei Jahre später ins damalige Unternehmen. Wie waren für Sie die Anfänge in der Immobilienbranche und warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?

Michael Ehlmaier: Nachdem ich 1994, direkt nach meinem Abschluss an der WU, als dritter Mitarbeiter zur damaligen CPB kam, hätte ich nie gedacht, dass mich die Immobilienbranche so tiefgreifend begeistern würde. Ursprünglich plante ich, lediglich zwei bis drei Jahre im Vertrieb zu arbeiten und dann neue Wege zu gehen. Doch schon bald wurde mir klar, dass die Immobilienbranche weit mehr bietet, als ich mir vorgestellt hatte. Mein Interesse wurde mit jedem Tag größer und ich hatte das große Glück, frühzeitig in verschiedene Assetklassen Einblicke zu gewinnen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Damals befand sich die Branche in einer Phase des Wandels, und es gab zahlreiche Möglichkeiten, neue Ansätze zu entwickeln und Innovationen voranzutreiben. Besonders faszinierend fand ich die Kombination aus wirtschaftlichem Denken und sozialer Kompetenz. Es war nicht nur reines Fachwissen gefragt, sondern auch Menschenkenntnis und Empathie. Es ist diese Menschlichkeit, gepaart mit fachlicher Expertise, die mich bis heute antreibt. Jede:r Kunde:in, jedes Projekt bringt einzigartige Herausforderungen mit sich, und genau diese Vielfalt macht meine Arbeit so spannend.

LEADERSNET: 2009 wurde nach dem erfolgreichen Management-Buy-out Ihrerseits der Marken-Relaunch und die Umfirmierung in die "EHL Immobilien-Gruppe" vollzogen. Was waren die Beweggründe, um diesen Schritt zu gehen, der im Nachhinein betrachtet die gesamte österreichische Immobilienbranche mitprägte?

Ehlmaier: Da ich aus einer Unternehmerfamilie komme, war mir Handeln auf eigene Rechnung nicht ganz fremd und ich habe schon zu Zeiten, als ich noch Angestellter war, versucht, Verantwortung zu übernehmen und weitsichtig wie ein Eigentümer zu agieren. Als sich die Chance dann bot, bin ich rasch zum Entschluss gekommen, dass die Chancen überwiegen, wenn ich den Weg in die Selbständigkeit beschreite.

Die Änderung der Marke auf EHL war einerseits das Zeichen, dass die Zugehörigkeit des Unternehmens zu einem Konzern vorbei ist und andererseits natürlich Ausdruck meines persönlichen, unternehmerischen Engagements, da die drei Buchstaben gleichzeitig die ersten drei Buchstaben meines Familiennamens sind.

Nach dem MBO habe ich viele Bereiche wie Bewertung oder Asset Management unserem Dienstleistungsangebot hinzugefügt und zusammen mit meinem engagierten Team konnte die EHL-Gruppe kontinuierlich wachsen und Marktanteile zugewinnen.

LEADERSNET: EHL Immobilien hat in den letzten Jahrzehnten einen erheblichen Beitrag zum Immobilienmarkt in Österreich geleistet. Was war für Sie der prägendste Moment in diesen 30 Jahren, der den Weg des Unternehmens nachhaltig beeinflusst hat?

Ehlmaier: Es ist nicht ein einzelner Punkt, den ich hier herausheben möchte, sondern die Summe der Entscheidungen, die gepasst hat. Natürlich waren auch einige dabei, die ich heute anders treffen würde, aber in Summe lag ich doch meist richtig.

Wichtig ist den Markt zu beobachten und zu lesen, wie er sich entwickelt, die richtigen Leute ins Unternehmen zu holen und selbst als Vorbild voranzugehen.

LEADERSNET: Wie hat sich der österreichische Immobilienmarkt in den letzten 30 Jahren entwickelt? Welche Trends und Herausforderungen sehen Sie aktuell, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit?

Ehlmaier: Der Immobilienmarkt hat sich seit Beginn meiner Karriere enorm verändert. Damals war der Markt noch wenig professionell und transparent. Es gab keine Marktberichte, wenig ausländische Player und der Markt wurde von wenigen, österreichischen Unternehmen beherrscht. Nachhaltigkeit im heutigen Sinne war damals unbekannt.

Im Laufe der Zeit kamen mehr internationale Banken, Fonds und Versicherungen hinzu, es wurden einschlägige, immobilienspezifische Ausbildungen angeboten und das Geschehen wurde zunehmend professioneller. Mit der Zeit fragten die Mieter:innen und Kaufinteressent:innen nach Zertifizierungen und als die EU die Nachhaltigkeit auf ihre Agenda setzte, kam es zu dem Paradigmenwechsel, in dem wir uns heute befinden. EU-Taxonomie ist auf allen Ebenen, nicht nur bei den Immobilienentwicklern, Investor:innen und Mieter:innen ein Thema, sondern auch Dienstleister sind ebenfalls gefordert, sich hier weiterzuentwickeln, weshalb EHL heute beispielsweise ein ESG-Audit sowie ein Ecovadis-Rating hat.

Die zunehmende Urbanisierung bringt einerseits natürlich Herausforderungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Verdichtung, Infrastruktur, etc.), gleichzeitig – und so sehe ich das als Unternehmer - aber auch enorme Chancen für die stark wachsenden Städte und die dort agierenden Unternehmen.

LEADERSNET: Die Immobilienbranche hat in den letzten Jahren einen starken Wandel durch digitale Technologien erlebt. Wie hat EHL diesen Wandel gemeistert, und welche Rolle spielt die Digitalisierung in Ihrer Strategie für die nächsten Jahre?

Ehlmaier: Grundsätzlich sehe ich die Digitalisierung vielmehr als Chance, denn als Bedrohung für unsere Branche. Sie stellt uns Werkzeuge zur Verfügung, die unsere Dienstleistung zum Teil verändert und weiterentwickelt, gleichzeitig wird aber der Kontakt zu Menschen nicht verschwinden. Die Herausforderung ist, dies so zu verbinden, dass sich ein höherer Nutzen für unsere Kund:innen ergibt.

LEADERSNET: Sie führen EHL seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Wie würden Sie Ihre Führungsphilosophie beschreiben, und wie hat sich die Unternehmenskultur im Laufe der Jahre entwickelt? Welche Werte stehen für Sie im Mittelpunkt?

Ehlmaier: Ich versuche, mich aus dem operativen Geschäft herauszunehmen, obwohl es mir oft nicht leicht fällt, da ich den direkten Kontakt zu den Kund:innen liebe. Grundsätzlich ist es mir wichtig, meinen Führungskräften möglichst viel Freiraum zu geben, um selbständig und verantwortungsvoll tätig sein zu können. Natürlich versuche ich, ständig zu hinterfragen, ob sich das Unternehmen in die gewünschte Richtung entwickelt und ob auch die wirtschaftliche Entwicklung plangemäß verläuft.

Wichtig ist für mich vor allem absolute Loyalität in beide Richtungen und überdurchschnittliches Engagement des Teams. Mir liegen Leute, die gewillt sind, die Extrameile zu gehen, um den Erfolg zu erreichen. Es ist mir wichtig, dass alle Mitarbeiter:innen bei EHL verstehen, warum ich bestimmte Entscheidungen treffe und in welche Richtung ich das Unternehmen steuern möchte. Nur wenn diese Ziele klar und nachvollziehbar sind, können wir als Team effektiv zusammenarbeiten.

Gleichzeitig lege ich großen Wert auf langfristige Beziehungen – sowohl mit unseren Kund:innen als auch innerhalb des Unternehmens. Ich umgebe mich gerne mit ehrlichen, positiv denkenden Menschen, die eine gemeinsame Vision teilen. Die zentralen Werte der EHL sind "Familie und Verantwortung", "Ehrlichkeit und Verlässlichkeit" sowie "Entschlossenheit und Ergebnisorientierung". Ich als CEO versuche jeden Tag, dies vorzuleben und ein Vorbild für alle Mitarbeiter:innen zu sein.

Als Familienunternehmer sorge ich mich natürlich auch um meine (Familien-)Mitarbeiter:innen und wenn jemand ein Problem hat, sei es gesundheitlicher oder organisatorischer Natur, so versuche ich Hilfestellung anzubieten, die über das in Unternehmen übliche Maß hinausgeht, wie es aber in (guten) Familien gang und gäbe ist.

LEADERSNET: Was sind Ihre Visionen für die nächsten Jahre? Wie wollen Sie EHL weiterentwickeln, um auch in einem zunehmend dynamischen und wettbewerbsintensiven Markt weiterhin eine führende Rolle zu spielen?

Ehlmaier: Mein Ziel ist es, die Rolle der EHL als führender Dienstleister im Immobilienbereich weiter auszubauen, ohne konkrete Umsatzzahlen oder Fristen vor Augen zu haben.

Aktuell steht natürlich die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen der Immobilienbranchen im Vordergrund. Diese Krise wird vor allem jungen Mitarbeiter:innen Erfahrungen bescheren, von denen sie und auch EHL viele Jahre profitieren können.

Darüber hinaus sondiere ich die Entwicklung der Branche natürlich sehr intensiv und dabei werden sich sicherlich Möglichkeiten für neue EHL-Dienstleistungen ergeben, die aber im Moment noch nicht ausgegoren sind.

LEADERSNET: Wo sehen Sie sich persönlich in fünf, zehn und 15 Jahren?

Ehlmaier: Ich habe eigentlich noch nie langfristige Karrierepläne gemacht. Immer vorausgesetzt, dass ich weiterhin gesund bleibe, möchte ich das Unternehmen EHL noch viele Jahre leiten, da es mir nach wie vor unheimlich Spaß macht, in dieser Branche tätig zu sein und ich mir keinen schöneren Beruf vorstellen kann. Ich hoffe, meine Kund:innen, Partner:innen und mein Team sehen das genauso (lacht). 

www.ehl.at

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