Zaghafte E-Auto-Transformation
Für österreichische Autozulieferer wird die Luft dünner

Obwohl europäische Unternehmen dieser Branche ihre Ausgaben erhöhen, kommen wichtige Innovationen immer häufiger aus Asien. Der knappe Zugang zu Kapital und die elektromobile Transformation setzen heimische Zulieferer zusätzlich unter Druck.

Die Automobilzuliefererindustrie in Österreich sowie Europa ringt inmitten der elektromobilen Transformation um ihre globale Wettbewerbsfähigkeit. Diese Einschätzung kommt nicht von irgendwo, sondern geht aus der aktuellen "Automobilzulieferer-Studie" von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, hervor. Im vergangenen Jahr kamen die europäischen Zulieferer demnach zwar auf 20 Prozent Weltmarktanteil, allerdings bedeute das lediglich ein Wachstum von 0,9 Prozentpunkten. Deutsche Zulieferer mussten sogar einen weiteren Verlust von 1,4 Prozentpunkten im Vergleich zu 2020 hinnehmen. Da unser Markt stark von der Entwicklung in Deutschland abhängt, sieht es auch für Branchenunternehmen aus Österreich derzeit alles andere als rosig aus.

Demgegenüber blühe das Geschäft der chinesischen Zulieferer auf, so Strategy&. Die Herausforderer aus dem Reich der Mitte konnten ihren globalen Marktanteil im gleichen Zeitraum der Studie zufolge mit einem Zuwachs von 4,2 Prozentpunkten fast verdoppeln und kamen 2023 bereits auf fast zehn Prozent Weltmarktanteil. Insgesamt habe sich die globale Zuliefererbranche im vergangenen Jahr stabilisiert, dennoch falle sie hinter das Wachstum der Automobilhersteller (Original Equipment Manufacturer, kurz OEMs) zurück. Die OEMs konnten 2023 beim Umsatz um acht Prozent zulegen, die Zulieferer erzielten ein Plus von drei Prozent.

Neue Marktdynamiken

Für die angespannte Lage der europäischen Automobilzuliefererindustrie, inklusive der Unternehmen aus Österreich, seien vor allem verspätete und bislang zu zaghafte Anpassungen an die Elektromobilität verantwortlich. Die Transformation der Automobilbranche schreitet in nicht-linearen und teils schwierig berechenbaren Zyklen voran und die Zulieferer ringen noch immer mit den Dynamiken des neuen Markts. Viele Hersteller setzen etwa weiterhin auf lineare Kapazitätsplanung, obwohl die E-Auto-Absätze seit Jahren schwanken. In Deutschland wurden 2023 beispielsweise über eine Million weniger Fahrzeuge produziert als noch 2021 prognostiziert, was einer Fehlkalkulation von mehr als 20 Prozent entspricht, so Strategy&. Zugleich würden es die hiesigen Zulieferer immer seltener schaffen, mit lebenswichtigen Innovationen zu punkten. Sie erhöhen demnach zwar ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E), können sich damit aber nicht mehr vom Wettbewerb absetzen und entscheidende Innovationen kommen aus Asien. Gleichzeitig agierten österreichische Zulieferer beim Ausbau sowie der Skalierung neuer Technologien zu zaghaft. Während chinesische Wettbewerber ihre Investitionen in den vergangenen sechs Jahren um mehr als 300 Prozent gesteigert haben und das Fundament für den Erfolg von morgen legen, scheuen die österreichischen Zulieferer laut der Strategieberatung von PwC oft das unternehmerische Risiko. Im Ergebnis zieht die Konkurrenz aus China beim Umsatzwachstum davon – wenn auch noch zulasten der Kapitaleffizienz.

"Die Automobilindustrie und ihr weitverzweigtes Zulieferernetz haben über Dekaden ein wichtiges Rückgrat der Wirtschaft im deutschsprachigen Raum gebildet. Aktuell gerät dieses fein austarierte System ins Wanken, weil sich grundlegende Dynamiken und Mechanismen der Branche fundamental ändern. Jahrzehntelang erprobte und bewährte Prämissen funktionieren nicht mehr", sagt Henning Rennert, Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland und weiter: "Gleichzeitig beobachten wir, dass der Strukturwandel nicht linear verläuft, sondern sich Bremsperioden und Beschleunigungsphasen abwechseln. Technologische Sprünge, neue Wettbewerber sowie politische Entscheidungen bestimmen das Tempo der Transformation." Zulieferer, die in dieser dynamischen Situation erfolgreich bleiben wollen, müssten sich strategisch neu aufstellen. Sie müssten flexibler auf die volatile Volumenentwicklung reagieren, fokussierter und mit mehr Kundenzentrierung Innovationen vorantreiben und diese auch mit unternehmerischem Risiko skalieren, so der Experte.

Strategische Agilität wichtiger denn je

Gerade die kapitalintensive Skalierung werde dabei angesichts angespannter Finanzierungsbedingungen für viele Zulieferer zur Herausforderung. Nach Jahren der Krise und Unsicherheit seien die Möglichkeiten vieler Zulieferer, an Kapital zu kommen, begrenzt. Vor allem kleinere Hersteller würden um die oft schon in wenigen Monaten anstehende Refinanzierung kämpfen. Umso wichtiger werden demnach strategisch priorisierte Investitionen und neue Partnerschaften – insbesondere mit den Autobauern, die ihre EBIT-Margen im Gegensatz zu den dünnen Kapitaldecken der Zulieferer zuletzt steigern konnten. Wenn einst höchst erfolgreiche Zusammenarbeitsmodelle zwischen Automobilherstellern und Zulieferern revitalisiert werden, könnte dies dazu beitragen, fit für eine gemeinsame Zukunft zu werden.

Henning Rennert sagt dazu: "Die gesamte heimische Automobilindustrie und vor allem ihre Zulieferer stehen aktuell an einem Scheidepunkt, an dem strategische Agilität wichtiger ist denn je. Verbleibende Potenziale aus dem Verbrennergeschäft müssen abgeschöpft und konsequent in Zukunftstechnologien investiert werden. Die hiesigen Zulieferer müssen dabei aus dem Evolutions- in den Innovationsmodus kommen und auch in der Elektromobilität wieder Positionen als Weltmarktführer beanspruchen. Der Schlüssel liegt auch in der neuen Automobilwelt weiterhin in den alten Stärken Ingenieurskunst, Innovation und Geschwindigkeit" Erfolg in der Elektromobilität erfordere für die Zulieferer allerdings die Bereitschaft, ihre bisherige Wertschöpfung neu zu tarieren und sich an wandelnde Kundenbedürfnisse anzupassen. Dazu brauche es unternehmerisches Denken, Mut und Risikoaffinität. "Der globale Konsolidierungswettbewerb ist längst in vollem Gang. Höchste Zeit also, sich von alten Mustern zu verabschieden und in der neuen Automobilwelt anzugreifen", so der Experte abschließend.

www.strategyand.pwc.com

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