"In diesem Jahr wird es keine zwei Kostüme für die Buhlschaft geben", erklärt Schauspielchefin Bettina Hering zur Ausstattung von Valerie Pachner. "Für sie wurde genau eines angefertigt, in dem sie sich sehr wohlt fühlt", sagt Kostümbildnerin Renate Martin. Auf eine große Abendrobe habe man bewusst verzichtet, erhalten geblieben sei wie bisher der Schleier, der ein gutes spielerisches Element darstelle. Auch am Kranz, den sie nur kurz aufhat und dann dem Jedermann gibt, werde festgehalten, den habe es immer gegeben. Von Bettina Hering auf die unterschiedlichen Rottöne des
Buhlschaftskostüms angesprochen, sagt Kostümdirektor Jan Meier: "Nach dem richtigen Rot haben wir lange gesucht, wir sind dann auf ein schönes Orange-Rot gestoßen." Es sei ein "vitales, erfrischendes, eigentlich ein Korallenrot", erläutert Renate Martin weiter und fügt in Bezug auf die Auswahl hinzu: "Das Kostüm muss richtig zur Schauspielerin passen, daher hat Valerie Pachner diesen Look bekommen. Sie trägt ein Mieder mit einem rückseitigen Reißverschluss, dazu eine aus den 1970er- Jahren anmutende Schlaghose".
Wie das im Gegensatz dazu stehende Kostüm für den Tod enstanden sei, fragt Bettina Hering weiter. Auch hier habe man lange nach dem richtigen Material gesucht, sagt Jan Meier. Er sei dabei auf eine auf Paillettenstickereien spezialisierte Firma gestoßen, die Wahl des Kostüms sei dann auf einen Bodysuit aus elastischem Material mit diesen Pailetten gefallen. Dieser sei in seiner Schlichtheit sehr effektvoll, dabei leicht und angenehm zum Tragen: „Angezogen wird er über Reißverschlüsse an Kopf und Rücken, ähnlich einem Taucheranzug mit Kapuze. Die Stiefel sind mit demselben Material bezogen, dessen Hauptmerkmale sind Lurexgarn und Swarovski-Steine.“ Durch den Kopfputz, der dem mexikanischen „Día de Muertos“ entlehnt ist, werde der Tod dadurch als etwas mystisch Schillerndes statt als „Schreckgespenst“ dargestellt, beschreibt Renate Martin ihre Inspiration. Der vergleichsweise schlichte Kopfputz der Buhlschaft zeige den Kontrast zwischen beiden Welten, verbunden seien diese sehr unterschiedlichen „Sphären des Lebens“ durch das von Buhlschaft und Tod getragene Cape.
Bettina Hering (Leitung Schauspiel) mit den Kostümen von Göttin und Buhlschaft © SF / Leo / Neumayr
"Die Übersetzung von Historie ins Heute und in den Schnitt" zeige sich anhand des Herrenpaares Jedermann und Guter Gesell, erläutert Jan Meier. Die hohe Kunst des Schneiderhandwerks sei in den Renaissance-Elementen der Ärmel und im richtigen Aufbringen der Falten zu bewundern. Auf den Unterschied zwischen dem Kostüm von Michael Maertens und denjenigen seiner Vorgänger Lars Eidinger und Tobias Moretti weist Bettina Hering hin, die beim Anheben des Stoffs außerdem bemerkt, wie leicht esr sich anfühlt. "Es ist auf jeden Fall auch für Michael Maertens gemacht, es unterstützt den Jedermann in der Art wie er ihn zeigen und spielen möchte. Es ist ein elegantes, aber doch legeres Outfilt", sagt Renate Martin, und Bettina Hering ergänzt: "Es zeigt eine entspannte Silhouette, die Michael Maertens mit seinem Spiel auflädt" Beim Material handle es sich um speziell gearbeiteten Samt aus Italien. Dieser sei nachträglich bestickt und weise besondere Farben auf – eine Anfertigung, die man selten finde. Von der Erscheinung her wirke er nicht aufdringlich, Geschmack und Handwerkskunst seien aber erkennbar.
Konzeptionell an die Göttin Gaia als Personifizierung der Erde sei Sarah Viktoria Fricks Kostüm als Göttin angelehnt, erklärt Bettina Hering, und Renate Martin ergänzt: "Es besteht aus vielen kleinen Teilen und ist in seiner Patchwork-Arbeit als Spiegel der Welt zu verstehen. Auf der Bühne wirkt es fast wie eine Blumenwiese. Vereint sind darin die Sujets von Krieg, Natur, Geburt, der ganzen Welt – auf ihren Schultern lastet alles, was uns umgibt, worauf wir Menschen aufpassen müssen." Es sei damit nochmal eine ganz andere Interpretation der Göttin als die der vorherigen Jahre. . Zum Arbeitsaufwand erläutert Jan Meier: "Auf der Bühne ausgebreitet hat das Kostüm einen Durchmesser von 60-70 Quadratmetern, bis zu zehn Schneiderinnen und Schneider haben zwei Wochen für die Anfertigung gebraucht". Von Bettina Hering nach der Herkunft der Perücke gefragt, ergänzt er: "Die Haare für die von Hand geknüpfte Perücke kommen größtenteils aus Tempeln in Indien, wo sie als Opfergabe hinterlassen wurden".
Was Handwerk kann und an wie vielen Teilen gearbeite werde, zeige sich auch am Kostüm von Mirco Kreibich als Mammon, sagt Jan Meier. Das Mammon-Kostüm sei früher immer als etwas Schweres dargestellt worden, nun sei es im Vergleich dazu bedeutend leichter. Die Figur des Mammon trage ein vorne und hinten aufwendig auf Tyveg bedrucktes Tutu aus Geldscheinen mit der – eigens als Symbol für das Oligarchentum des Jedermann kreierten – Währung "1000 JM (Jedermann)". Bei den von Mirco Kreibich vollführten Tanzbewegungen werde deren Vergoldung sichtbar.
Renaissance-Hosen ohne Innenteil und italienische Blousons aus bedrucktem Lamé- Stoff und mit extra gestrickten Bündchen in einem Zeiten-Mix von Geschichte mit heutigen Elementen tragen die beiden Vettern. Viel Handarbeit steckt auch hinter dem Kardinalskostüm aus italienischen Stoffen mit einem dunklen Chiffon – wer es wie trägt, bleibt bei der Vorstellung der Kostüme noch der Fantasie des Publikums überlassen.
Szenenfotos aus Jedermann: Fridolin Sandmeyer (Dünner Vetter), Michael Maertens (Jedermann) und Valerie Pachner (Buhlschaft) links; Valerie Pachner, Michael Maertens und Helmfried von Lüttichau (Jedermanns guter Gesell) rechts © SF / Matthias Horn
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