Beim Midterm-Event des Journalistinnenkongresses im Haus der Frauen VHS Urania wurde heiß debattiert.
Diskussionsrunde
Eva Linsinger und Lou Lorenz Dittlbacher, zwei Journalistinnen und Heidi Glück und Kathrin Stainer-Hämmerle, zwei Expertinnen, diskutierten mit Moderatorin Eva Weissenberger über die Trennung zwischen PR, Politik und Journalismus. Was es also brauche, um die Berichterstattung über die Politik sinnvoll, sauber und qualitativ hochwertig zu gestalten.
Die Initiatorin Maria Rauch-Kallat verlas zur Begrüßung einen von KI verfassten Text, der fast schon wie ein ethischer Kodex klang, darüber hinaus gab es interessante Beobachtungen und Argumente im Gespräch.
"Jedenfalls sind wir keine Fan Girls oder Fan Boys von Politiker:innen und haben uns auch nicht als solche zu generieren", sagte Eva Linsinger, Innenpolitikchefin vom Profil gleich zu Beginn der Gesprächsrunde. Es sollen keine Geschäfte mit der Politik gemacht werden und auch Aktionismus habe mit seriösem Journalismus wenig zu tun. Meinung gehöre in Kommentare und diese ganz klar als solche gekennzeichnet.
Faktor Nachrichtengeschwindigkeit
Lou Lorenz-Dittlbacher, ORF Journalistin, brachte den Faktor Nachrichtengeschwindigkeit ein und spielte damit natürlich auf die Sozialen Medien an, die auch in ihrem Bubble-Wesen betrachtet werden müssen. Die Medien sind schnell geworden und die Redaktionen sind immer dünner besetzt. Dennoch soll qualitatives Arbeiten möglich sein und es ist richtig und wichtig.
Heidi Glück, Politikberaterin und erfahrene Medienfrau berichtete über eine gewisse Frustration zwischen den Fronten. Die Skandalisierung sei sehr hoch und Politiker:innen gingen mit dem Gedanken, bloß keine Fehler zu machen, immer weniger gerne in Interviews. Sie allerdings sieht in jeder Interviewanfrage eine Chance, mit Haltung dafür einzustehen, was einem wichtig ist.
Die Politikwissenschaftlerin und Medienexpertin Stainer-Hämmerle sieht nicht nur bei jungen Leuten einen Nachholbedarf in der (Medien-)Bildung. Auch ältere Menschen sollten mit gezielten Maßnahmen wieder an die Qualitätsmedien herangeführt werden. Und zwar noch ehe sie in Telegram-Gruppen oder WhatsApp-Blasen verschwinden. Zudem suchen viele junge Leute nicht mehr gezielt nach Informationen, werden sie doch den ganzen Tag davon zugedröhnt. Kritisch hinterfragt würden diese Informationen weniger und sie zu widerlegen sei auch schwierig geworden. Als Beispiel nannte sie Verschwörungstheoretiker, denn deren teils hanebüchenen Behauptungen seien für diese nicht widerlegbar. Eine denkbare Lösung könnte eine Art digitaler Medien-Kiosk sein, eine Plattform, auf die mehrere Zeitungen, Magazine und Digitalmedien ihre Artikel gegen Gebühr zur Verfügung stellen.
Mögliche Lösung
Als mögliche Lösung und wohl am Saubersten wäre, "wenn wir auf Inserate aus der Politik zur Gänze verzichteten. Ausnahme können Situationen wie Corona sein", so Linsinger. "Es wäre sinnvoll, geprüfte Medienqualität auf gemeinsamen Medienplattformen, die sich qualitativen Kriterien verschreiben, zu veröffentlichen", meint Heidi Glück.
Lou Lorenz-Dittlbacher fände es wichtig, mehr Zeit für gute Arbeit zu haben: "Das journalistisch Handwerkliche leidet unter dem Zeitdruck". Weniger pauschalieren und genauer Hinschauen. "Es gibt schon auch in Österreich noch freie Medien", sagt Stainer-Hämmerle und fügt hinzu: "wir müssen uns einfach die Zeit nehmen, genauer hinzuschauen, was wirklich läuft."
Einigkeit herrschte im Saal bei einem Thema. Es braucht mehr Ernsthaftigkeit. Es sollte keine Verbote etwa im Social-Media-Bereich geben, sondern Verhaltenskodizes. Mehr Zeit für tiefgründige Arbeit und Recherche und faire Arbeitsbedingungen sind gute Voraussetzungen für qualitativ hochwertigen Journalismus. Was es dringend braucht, ist jedenfalls ein gutes Bildungskonzept.
LEADERSNET war bei der Diskussionsrunde. Einen Eindruck können Sie sich hier machen.
www.journalistinnenkongress.at
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