Wohnbaustudie 2021: Immer weniger können sich Eigentum leisten

Österreich Schlusslicht im EU-Vergleich.

Im Rahmen einer repräsentativen Wohnstudie von IMAS International im Auftrag der Erste Bank, Sparkassen und s-Bausparkasse, die im Februar 2021 die aktuelle Wohnsituation der ÖsterreicherInnen abgefragt hat, gaben 39 Prozent aller MieterInnen an, in den nächsten Jahren Eigentum erwerben zu wollen. Setzt man diesen Wert allerdings in Relation mit den Befragungsergebnissen von vor drei Jahren, zeichnet sich eine traurige Tendenz ab: 2018 wollten noch 49 Prozent Eigentum erwerben, heute sind es um zehn Prozent weniger.

Thomas Schaufler dazu: "Die Wohnstudie 2021 liefert hier eine klare Antwort für diesen deutlichen Rückgang: Fast die Hälfte (49 Prozent) der Befragten gibt an, dass diese zwar gerne Eigentum er-werben möchte, sich dieses aber nicht leisten kann." Besonders davon betroffen ist die Altersgruppe der 18- bis 35-Jährigen (54 Prozent), also genau jene Zielgruppe, die sich ersten Wohnraum schaffen möchte.

Wohnen wird immer teurer

Bereits seit der Finanzkrise 2008 wird vermehrt auf den "sicheren Hafen" Immobilien gesetzt, aber das Angebot am Wohnungsmarkt ist nicht entsprechend mitgewachsen. Die Pandemie gibt diesem Trend in den vergangenen Monaten einen zusätzlichen Schub und die Experten der Österreichischen Nationalbank schätzen, dass sich österreichische Wohnimmobilien im Jahr 2020 um beachtliche sieben Prozent verteuert haben.

2019 betrug der durchschnittliche Preisanstieg nur 3,9 Prozent. Gleichzeitig sind die durchschnittlichen Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher nicht gestiegen. Laut Deloitte Property Index mussten in Österreich 2020 für einen durchschnittlichen Wohnraum (70 Quadratmeter) zehn durchschnittliche Bruttojahresgehälter bezahlt werden. 2019 waren es noch sechs durchschnittliche Bruttojahresgehälter.

"Wie sich dieser Markt weiterentwickelt, hängt stark vom weiteren Verlauf der Pandemie, der Zins- und Baustoffrohpreisentwicklung ab. Derzeit ist aber nicht davon auszugehen, dass sich die Dynamik am Immobilienmarkt wesentlich abschwächt und das zeigt auch Auswirkungen bei der aktuellen Wohnsituation der Österreicherinnen und Österreicher", erklärt Schaufler.

Mehrheit wohnt in Eigentum

Laut einer Eurostat-Statistik leben rund 55 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher im Eigentum. Vergleicht man diese Daten mit jenen der EU27, zeigt sich, dass es hier einen ziemlichen Aufholbedarf gibt. Denn durchschnittlich 70 Prozent der europäischen Bevölkerung darf sich über ein Eigenheim freuen.

Große Unterschiede bei der Relation von Eigentum und Miete gibt es in Österreich vor allem zwischen Stadt und Land. Während am Land 72 Prozent der Personen in ihrem eigenen Heim wohnen, sind es in Wien nur 25 Prozent der Befragten. Neben dem allgemeinen Stadt-Land-Gefälle spielt hier im Speziellen ebenso die traditionelle Versorgung mit gemeinnützigen- bzw. geförderten Wohnung eine Rolle.

Christian Reingruber, Vorstandsvorsitzender der s-Bausparkasse, erklärt: "Der niedrige Eigentumsanteil im urbanen Raum hängt unmittelbar mit der Preissituation zusammen. Überall dort, wo Immobilien noch günstig zu haben sind, wird gekauft und nicht gemietet. Im derzeit vergleichbar günstigen Burgenland ist zum Beispiel der Eigentumsanteil mit 77 Prozent am höchsten in Österreich."

72 Prozent sind zufrieden mit der Wohnsituation

Obwohl die Österreicherinnen und Österreicher in den vergangenen Monaten sehr viel Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht haben, ist die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation deutlich gestiegen. Heute sind 72 Prozent der Befragten "sehr zufrieden" mit ihrer Wohnsituation. 2020 waren es nur 66 Prozent.

"Aber in den vergangenen Monaten spielte das Thema Wohnen nur eine untergeordnete Rolle. Die Themen Gesundheit und Jobsicherheit waren sicher die dominierenderen Themen bei den Österreicherinnen und Österreichern", so Reingruber. Was sich aber deutlich zeigt, ist, dass Eigentümer wesentlich zufriedener (+20 Prozent) mit ihrer Wohnsituation sind als Mieter. Reingruber: "Ein Unterschied in der Zufriedenheit zwischen Mieter und Eigentümer hat zwar schon immer bestanden, aber 2021 ist dieser weiter gestiegen."

Jeder Fünfte will mehr Platz

Aus der aktuellen Wohnstudie geht aber klar hervor, dass sich jeder fünfte Befragte (21 Prozent) mehr Platz wünschen würde. "Gerade in Zeiten von Lockdowns, Homeoffice und Homeschooling konnte es in einer Wohnung sehr schnell eng werden", ist Christian Reingruber überzeugt. Besonders junge Erwachsene zwischen 18 und 34 Jahren (37 Prozent), Mieter (33 Prozent) und Mehrpersonenhaushalte (33 Prozent) hätte derzeit das Bedürfnis nach mehr Wohnfläche.

Aufgrund der günstigen Konditionen für Wohnraumfinanzierungen konnte die Sparkassengruppe 2020 bei der Zahl der Neukredite für Wohnraumfinanzierungen im Vergleich zu 2019 weiter zulegen. "Vergangenes Jahr hat die Sparkassengruppe 28.700 Menschen ihren Wohntraum erfüllt. Das sind um 1.700 Finanzierungsabschlüsse mehr als noch 2019", so Thomas Schaufler. Dabei betrug die durchschnittliche Finanzierungshöhe 231.000 Euro.

2018 lag die Höhe noch bei 192.000 Euro. Das ist im Vergleich zum Jahr 2018 ein Anstieg um 20 Prozent. Im Schnitt hatten Wohnraumkredite eine Laufzeit von 25 Jahren bei einem Eigenmittelanteil von 20 Prozent. Aufgrund der günstigen Konditionen, waren auch 80 Prozent der Finanzierungen Fixzins-Kredite. Schaufler: "Hier agierten die Kunden sehr vernünftig. Mit Fixzinssätzen sicherten sie sich das niedrige Zinsniveau für die nächsten 20 oder 25 Jahre. Das Haushaltsbudget bleibt planbar und auch mögliche Leitzinssteigerungen rauben einem nicht den Schlaf."

Rate oder Miete

Für alle Menschen, die aktuell arbeitslos oder in Kurzarbeit sind und somit Existenzängste haben, rückt das Thema Wohnwünsche situationsbedingt gerade in den Hintergrund. "Auf der anderen Seite, sollten alle die es sich leisten können eine Investition ins Eigenheim überlegen. Stellt man die monatliche Miete der Kreditrate gegenüber und bedenkt dabei den Anlagewert bzw. die Wertsteigerung, ist eine detaillierte Betrachtung auf jeden Fall sinnvoll", so Thomas Schaufler.

Die aktuelle durchschnittliche Nettomiete einer freifinanziert errichteten Wohnung in Wien beträgt 12,66 Euro/Quadratmeter (Quelle: Exploreal – Anm. d. Red.). Das macht bei einer Wohnungsgröße von 70 Quadratmetern 886 Euro monatliche Miete aus. Die Ratenrückzahlungen für eine Finanzierung von 230.000 Euro auf 25 Jahre beträgt 931 Euro. (as)

www.erstebank.at

Zum Studiendesign

In einer in der Zeit von 1. bis 23. Februar 2021 durchgeführten Telefon-Befragung wurde die Wohnsituation der österreichischen Bevölkerung ab 18 Jahren erhoben sowie deren Wünsche und Bedürfnisse zur Veränderung.

Insgesamt wurden 1.350 Interviews in ganz Österreich durchgeführt. Pro Bundesland wurden 150 Personen befragt.

www.imas.at

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