Videospielen wird ja schon lange Zeit der Vorwurf gemacht, gefährlich zu sein. Meistens taucht diese Anschuldigung jedoch in Verbindung mit Ego-Shootern auf. Nun hat ein Smartphone-Game eine Frau tief in die finanzielle Bredouille gerissen, weil ihr Sohn im Nebenzimmer auf ihrem iPad im App-Store auf große Einkaufstour ging.
Sohn gab 2.500 Dollar an einem Tag für Spiele-Extras aus
Jessica Johnson ist Mutter zweier Söhne und hat, wie so viele Menschen weltweit in den letzten Monaten, viel Zeit im Homeoffice verbracht. Während sie in einem Zimmer ihrer Tätigkeit als Immobilienmaklerin nachging, beschäftigten sich ihre Kinder im Nebenzimmer oft selbst, einer davon besonders intensiv mit Videospielen auf ihrem iPad. Und das kommt Johnson jetzt richtig teuer: Wie die New York Post berichtet, kaufte ihr jüngerer Sohn nämlich klammheimlich und in rauen Mengen Extras für Segas Smartphone-Spiel "Sonic Forces". Diese Goodies verschafften ihm Spielvorteile und Zugang zu neuen Charakteren, und so kaufte ihr Sohnemann George großzügig allerhand ein: Angefangen von roten Ringen für 1,99 Dollar bis hin zu goldenen Ringen für 99,99 Dollar. Der NY Post zufolge soll der Junge allein am 9. Juli ganze 25 Mal im App-Store eingekauft haben, und Extras im Gesamtwert von mehr als 2500 Dollar erstanden haben.
Alle glaubten an Betrug
Was für George wohl ein spielerischer Spaß war, ließ seiner Mutter schnell das Lachen vergehen, als sie auf dem Kontoauszug ihrer Bank, dem US-Kreditinstitut Chase, die saftigen Abbuchungen von Apple und Paypal entdeckte: Da waren einmal 562 Dollar hier, 601 Dollar dort abgezogen worden. Angesichts derart hoher und ungewöhnlicher Summen dachte Johnson im ersten Moment, dass es sich hier nur um einen Fehler oder Betrug handeln konnte. "Die Art und Weise, wie die Gebühren gebündelt waren, machte es fast unmöglich, herauszufinden, dass sie von einem Spiel stammten", so Jessica Johnson gegenüber der New York Post. Auch ihre Bank hielt einen Betrug für plausibel, nicht zuletzt weil PayPal und Apple zu den "Top-Betrugsfallen" im Onlinehandel zählen würden, wie man der Mutter seitens Chase versicherte.
Durch ihr Kreditinstitut und den Mangel an Indizien für den Videospielanbieter als Begünstigten der Abbuchungen bekräftigt blieb die Mutter lange Zeit völlig ahnungslos, dass ihr Sohn George für all die horrend hohen Summen verantwortlich war, die von ihrem Konto abgebucht wurden. Darum reichte die 41-Jährige im Juli eine Betrugsanzeige ein - höchste Zeit, denn zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits Rechnungen in der Gesamthöhe von 16.293,10 US-Dollar angehäuft, was rund 13.400 Euro entspricht.
Videospiel-Ursprung erst Monate später entdeckt
Erst vier Monate später, im Oktober 2020, teilte ihr die Bank Chase mit, dass die Gebühren tatsächlich von ihr stammten und sie Apple kontaktieren müsse. Dort habe man ihr schließlich eine "versteckte, laufende Liste mit allen Gebühren" gezeigt, die laut der Mutter ohne Anleitung nur schwer zu finden gewesen sei. Als sie in dieser Liste das "Sonic"-Symbol entdeckte, wusste sie, woher die Abbuchungen stammten.
Apple und Bank lassen Mutter auf Schulden sitzen
Nun scheint es ganz so, als würde Jessica Johnson auf den Kosten für die Einkaufstouren ihres Sohnes sitzenbleiben: "Apple sagte: 'Pech gehabt.' Sie sagten mir, dass sie nichts tun können, weil ich nicht innerhalb von 60 Tagen nach der Anklage angerufen habe", so Johnson, und fährt fort: "Der Grund, warum ich nicht innerhalb von 60 Tagen angerufen habe, ist, dass Chase mir sagte, dass es sich wahrscheinlich um Betrug handelt." Doch bei der Bank zeigte man ebenfalls wenig Verständnis für den Fall der Mutter: "Sie sagten: 'Es gibt eine Einstellung, das hätten Sie wissen müssen'."
Mutter klagt irreführenden und "räuberischen" Charakter der Spiele an
Johnson sieht indessen den Fehler klar bei den Spielen und deren Machern und klagt deren "räuberischen" Charakter an. Die Mutter erklärte gegenüber der NY Post, dass sie, wenn sie gewusst hätte, dass es eine Einstellung dafür gibt, natürlich nicht zugelassen hätte, dass ihr Sechsjähriger "fast 20.000 Dollar für virtuelle Goldringe bezahlt." Johnson argumentiert, dass ihr Sohn nicht verstanden haben kann, dass das Geld, dass er in einer virtuellen Welt so spendierfreudig ausgab, äußerst real war: "Mein Sohn hat nicht verstanden, dass das Geld echt war. Wie sollte er auch? Er spielt ein Zeichentrickspiel in einer Welt, von der er weiß, dass sie nicht real ist. Warum sollte das Geld für ihn real sein? Das würde einen großen kognitiven Sprung erfordern."
Nun kämpft die Mutter darum, ihre Schulden zu begleichen, und das mitten in der Coronakrise: "Ich habe von März bis September keinen Gehaltsscheck bekommen", erzählt Johnson, die in ihrer Tätigkeit als Immobilienmaklerin auf Provision arbeitet. "Mein Einkommen ist in diesem Jahr um 80 Prozent gesunken." Sie empfiehlt anderen Eltern dringend, ihre Sicherheitseinstellungen zu überprüfen: "Diese Spiele sind darauf ausgelegt, völlig räuberisch zu sein und Kinder dazu zu bringen, Dinge zu kaufen. Ich bin entsetzt, dass dies überhaupt möglich ist und dass Apple-Geräte nicht so voreingestellt sind, dass sie dies verhindern", so die Mutter gegenüber der New York Post. (red)
www.apple.com
www.chase.com
www.sega.com
Kommentar schreiben