Swarovski kommt im Jahr 2020 nicht zur Ruhe: Nach viel Aufhebens um heftige Kündigungswellen, unschöne Methoden und groß angelegte Umstrukturierungspläne kommt der nächste Paukenschlag nun aus der obersten Chefetage des Tiroler Kristallkonzerns. Über der "Kristalldecke" des Unternehmens tut sich Geschichtsträchtiges: Wie am Feiertag bekannt wurde, wird sich Kristallerbe Helmut Swarovski, der Urenkel von Firmengründer Daniel Swarovski, nach 50 Jahren aus der Konzernführung zurückziehen.
Tyrolit-Chef Christoph Swarovski zieht nach
Es ist schon eine Weile kein Geheimnis mehr, dass sich das oberste Management des Swarovski-Konzerns in grundlegenden Dingen nicht ganz eins ist (LEADERSNET berichtete). Ausgangspunkt der kolportierten Zerwürfnisse waren die jüngsten Entscheidungen von Swarovski-CEO Robert Buchbauer, mit der sich ein Teil der Konzernführung alles andere als einverstanden zeigte. Zu diesen zählt auch der, wie die Tiroler Tageszeitung es treffend betitelt, "Grandseigneur" des Swarovski-Klans, Helmut Swarovski.
Der heute 78-Jährige hatte zuletzt die Positionen des Vorsitzenden des Familienbeirates, Geschäftsführer der Konzern-Holding in Österreich und als Verwaltungsrat der Swarovski International Holding inne. Von 1995 bis 2011 war Helmut Swarovski auch Vorsitzender der Geschäftsführung. Nun übergibt Helmut Swarvoski das "Kristallzepter", also seine Agenden, an Tyrolit-Chef Christoph Swarovski.
Christoph Swarovski legte bei der Verkündung der personellen Veränderungen ein klares Bekenntnis zum "Industriestandort Tirol" ab. Er werde weiterhin seine Funktionen als Präsident der Industriellenvereinigung Tirol sowie weitere Mandate – wie etwa als Aufsichtsrat der OMV – wahrnehmen, so der 50-Jährige und meinte: "Trotz der aktuell schwierigen Situation freue ich mich, wenn ich einen Beitrag für die Weiterentwicklung von Swarovski leisten kann."
Klare Positionierung gegen Pläne zum Konzernumbau
In der Weiterführung seiner zusätzlichen Verpflichtungen und Ämter schlägt der jüngere Swarovski in dieselbe Kerbe wie der Ältere, in Sachen Zukunftsvisionen spaltet sich die Familie jedoch: Denn Helmut Swarovski hatte zu seinem Abschied noch einmal seine Position zu den Buchbauer'schen Plänen zur Schaffung einer neuen Konzernstruktur und zum Personalabbau – im Besonderen am Standort Wattens – dargelegt.
Der ältere Swarovski ist davon überzeugt, "dass statt Kosteneinsparungen vielmehr eine neue Geschäftsausrichtung und ein Innovationsschub zu einem Wiedererstarken von Wattens führen könnte" und sprach sich "klar gegen die durch die neue Strategie forcierte Redimensionierung von Wattens" aus. Er sah in den Mitarbeitern von Wattens "den besonderen Erfolgsanteil in der Firmenentwicklung". Er vertritt damit die Meinung der Familiengruppe, zu der auch Gerhard, Paul und seine Tochter Nadja Swarovski zählen.
Schweres Jahr für Swarovski
Wie bereits erwähnt scheint Swarovski heuer nicht aus den Schlagzeilen heraus zu kommen. Diese gestalten sich vor allem negativ: Neben den massiven Verlusten, welche der Kristallkonzern (als Teil der Luxusbranche) zuletzt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie einstecken musste, sind es vor allem die Folgerungen und Schlüsse, die das Unternehmen daraus zieht, die für "Bad Press" sorgten.
Der Kristallkonzern sieht sich unter der Führung von Buchbauer zu drastischen Maßnahmen gezwungen, die einen massiven Stellenabbau beinhalten. (LEADERSNET berichtete). Im Juli hatte Swarovski angekündigt, im Herbst in Wattens von den derzeit noch bestehenden 4.600 Stellen weitere 1.000 abbauen zu wollen. Mittelfristig würden am Hauptsitz rund 3.000 Menschen beschäftigt sein. Denn bis 2022 soll sich der Mitarbeiterstand noch einmal um 600 Stellen verringern.
Helmut Swarovski: Urenkel von Firmengründer Daniel Swarovski
Helmut Swarovski hatte seine unternehmerische Karriere im Jahr 1970 mit der Leitung der technischen Entwicklung bei Swarovski begonnen. Acht Jahre später erfolgte wurde der Urenkel von Firmengründer Daniel Swarovski als geschäftsführender Gesellschafter mit dem Verantwortungsbereich Technik einberufen und von diesem Zeitpunkt an prägte er die technologische Vorreiterrolle des Kristallkonzerns vom Stammwerk in Wattens, dessen Ehrenbürger er ist, aus maßgeblich.
In seiner Funktion als Vorsitzender der Geschäftsführung trieb Helmut Swarovski von 1995 bis 2011 die Innovationsführerschaft des Kristallkonzerns voran. Swarovski ist unter anderem Träger des Ehrenzeichen Tirol und Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich sowie Ehrensenator der Uni Innsbruck. (rb)
www.swarovski.com
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