Seit einem Jahr treten fast 70 Unternehmen und CEOs mit dem gemeinsamen Logo unter der Marke "Österreich verbindet Welten" auf. Darunter auch die Austria Email AG. LEADERSNET hat anlässlich des ersten Geburtstages von "Österreich verbindet Welten" Martin Hagleitner, CEO der Austria Email AG, zum Interview gebeten und unter anderem darüber geplaudert, ob man "Österreich verbindet Welten" als Thinktank und Impulsgeber für die Bundesregierung sehen kann.
LEADERSNET: Austria Email erzielte 2019 Rekordumsätze. Welche Segmente und Produkte konnten dazu am stärksten beitragen?
Hagleitner: Die größte Absatzsteigerung wurde in den Produktsegmenten zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energie erzielt wie beispielsweise Wärmepumpen oder Pufferspeicher. Regional legten die Exportmärkte außerhalb DACH am stärksten zu.
LEADERSNET: Sehr bekannt ist der Standort Knittelfeld. Wie liefen dort die Geschäfte?
Hagleitner: Im vergangenen Jahr wurden in den Knittelfelder Werken 149.000 Speicher produziert. In den letzten Jahren konzentrierten sich die Investitionen auf die nachhaltige Entwicklung der Produkte und die Effizienzsteigerung der Fertigung beispielsweise durch Robotik.
Parallel dazu wurde eine Photovoltaikanlage auf Dachflächen installiert, der Fuhrpark auf Hybrid- und die Staplerflotte auf Elektroantrieb umgestellt.
LEADERSNET: Bedeutet Austria im Firmentitel gewissermaßen auch ein Qualitätssymbol für die Herkunft aus Österreich?
Hagleitner: Ja das ist durchwegs nicht nur eine Ansage sondern gelebte industrielle Praxis. Insbesondere bei Boilern und Speichern verfügen wir über eine sehr hohe Wertschöpfungstiefe im Sinne von "entwickelt und produziert in Österreich". Die Marke ist hier Qualitätssiegel für heimische MitarbeiterInnen und Produkte.
LEADERSNET: Wie haben sich die Exporte entwickelt?
Hagleitner: In den CEE-Ländern und im Verbund mit dem französischen Mutterkonzern Groupe Atlantic S.A. verzeichnen wir zweistellige Zuwächse.
LEADERSNET: Bedeutet nun die Corona Krise einen Bruch in der Geschäftsentwicklung?
Hagleitner: Im Vergleich zur Entwicklung der Gesamtwirtschaft sowie massiv getroffenen Branchen wie Tourismus sind wir mit dem aktuell positiven Geschäftsverlauf zufrieden und dafür dankbar.
LEADERSNET: Wie geht es der Branche nun allgemein?
Hagleitner: Warmwasser und Heizung gehören zur Grundversorgung und weisen damit eine gewisse Krisenresistenz auf. Die Branche profitiert zudem von Konjunkturpaketen und Investitionsanreizen zum Klimaschutz, die zur Belebung der Nachfrage und damit Erhöhung der Sanierungsrate überalterter oder ineffizienter Heizungs- und Warmwasseranlagen beitragen.
LEADERSNET: Welche Maßnahmen wurden in ihrem Unternehmen zur Bewältigung der Krise gesetzt?
Hagleitner: Wesentlich war zunächst die Entscheidung unter Einhaltung aller notwendigen Hygienemaßnahmen die Produktion und den gesamten Betrieb aufrecht zu halten. Wo notwendig und sinnvoll wurde über Nacht Home Office eingeführt. Von der Beschaffungs- bis zur After Sales Seite wurden die Situation und Perspektiven laufend neu bewertet und MitarbeiterInnen entsprechen informiert und eingebunden. Dank des Engagements und der Disziplin der Belegschaft konnten wir so die letzten Monate ohne Kurzarbeit oder Infektionsherde und geschäftlich robust bewältigen
LEADERSNET: Wie optimistisch kann das Unternehmen in die Zukunft blicken?
Hagleitner: Nun die Langzeitfolgen der Pandemie oder treffender gesagt der Pandemiebekämpfung lassen sich nur schwer einschätzen. Ich sehe in den Konjunkturpaketen aber auch im Green Deal konkrete Ansätze und Chancen, die Sicherung von Arbeitsplätzen und Wirtschaft mit Klimaschutz und Innovationstreibern wie Digitalisierung zu verknüpfen.
Steigende Sparquoten der Haushalte, ein Investitions- und Sanierungstau verbunden mit wachsendem Bewusstsein der Menschen, in den eigenen vier Wänden oder Kellern selbst etwas gegen den Klimawandel und gleichzeitig für die eigene Geldbörse zu tun, stimmen mich zuversichtlich.
LEADERSNET: Was bedeutet die Teilnahme an "Österreich verbindet Welten" für Sie?
Hagleitner: Die Teilnahme an ÖVW ist für uns als österreichischer Qualitätshersteller mit wachsendem Exportgeschäft von Bedeutung. Wir sehen ÖVW als eine Plattform zum Austausch mit anderen Unternehmen sowie als einen potentiellen Kanal zu relevanten Institutionen auch über die Grenzen hinaus.
LEADERSNET: Was erhoffen Sie sich davon?
Hagleitner: Die aktuellen Entwicklungen zeigen uns schon innerhalb unseres liebeswerten kleinen Landes die Grenzen des Föderalismus und nationalen Spielraums aber und auch die Notwendigkeit für ein abgestimmtes internationales Vorgehen im Kampf gegen Corona oder die Klimakrise. Die Bewältigung dieser Herausforderungen bietet auch Chancen. Warum ÖVW nicht auch als Think und Impulsgeber für die Bundesregierung positionieren?
LEADERSNET: Wie steht es insgesamt um den Industriestandort Österreich?
Hagleitner: Österreich ist heute ein modernes Industrieland, von dem aus zahlreiche Unternehmen auf internationalen Wachstumsmärkten mit ihren innovativen und qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen erfolgreich tätig sind.
Mehr als die Hälfte des Umsatzes der heimischen Industrie wird exportiert. Zu den Stärkefeldern unseres Standortes zählen die gut ausgebaute Infrastruktur sowie die steigenden F&E-Aktivitäten.
Ebenso ist die berufliche Bildung in Österreich – sowohl vollschulische berufliche Bildung als auch duale Berufsausbildung – ein wesentlicher Eckpfeiler der Bildungslandschaft.
Konkreten Verbesserungsbedarf gibt es unter anderem im Bereich der Steuer- und Abgabenlast, die deutlich über dem EU-Schnitt liegt. Auch die bürokratischen Lasten für Unternehmen sollten deutlich reduziert werden.
LEADERSNET: Können Sie sich erklären, warum in alten Umfragen kleine Länder in europäischer Randlage in Industrierankings immer weit vor Österreich liegen?
Hagleitner: Dass Österreich in Standortrankings viel Potenzial hat, zeigt die Vergangenheit: 2007 belegte unser Land beim "World Competitiveness Scoreboard" des renommierten Schweizer Instituts IMD Rang 11. Danach folgte ein Absturz auf Platz 26 vor 5 Jahren.
Heuer konnte sich die Standortattraktivität zumindest auf Platz 16 verbessern. Dass kleine Länder besser als Österreich liegen, kann auch spezifischen Gründen geschuldet sein, wie eine attraktivere Steuerpolitik etwa in Irland oder Estland als Digitalisierungsvorbild in Europa.
LEADERSNET: Wo liegen ihrer Meinung nach die Stärken der heimischen Industriebetriebe?
Hagleitner: Die Industrie ist permanent mit Veränderung konfrontiert. Wie kein anderer Sektor ist die Industrie dem internationalen Konkurrenzdruck am härtesten ausgesetzt. Dabei ist es der Industrie gelungen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken – und zwar durch Produkt- und Prozessinnovationen sowie die weiter fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung.
Unternehmergeist, nachhaltige Zukunftsorientierung und engagierte MitarbeiterInnen sind wesentliche Erfolgsfaktoren.
LEADERSNET: Wo muss man ansetzen, diese mehr hervorzuheben?
Hagleitner: Wir haben zahlreiche sogenannte Hidden Champions in Österreich, das heißt top-moderne Unternehmen, die in ihren Bereichen zu den Besten der Welt zählen und oft familiengeführt sind. Wichtig wäre es, auf innovative und kommunikative Weise all diese großartigen Unternehmen und ihre Beschäftigten in Österreich und auf der Welt stärker sichtbar und ihre Erfolge erlebbar zu machen.
LEADERSNET: Welcher Platz könnte Österreich in absehbarer Zeit in einem Ranking dann zustehen?
Hagleitner: Unser Ziel und Anspruch muss sein zu den Besten zu zählen. Das gilt insbesondere in den wichtigen Indikatoren wie Innovation, Technologie speziell auch Green Tech und Digitalisierung. Dort wo die forschungsstärksten Länder Europas und der Wohlstand von morgen zu Hause sind. Wenn die Rahmenbedingungen passen, dann wird Österreich auch in den Rankings wieder weiter vorne zu finden sein.
LEADERSNET: Das "Comeback der Wirtschaft" ist durch die europaweit verschärfte Corona-Situation in Frage gestellt. Wo muss man jetzt ansetzen?
Hagleitner: Zunächst - und zwar auch länderübergreifend - sicherstellen, dass es zur Eindämmung der Pandemie ohne weiteren Lock Down kommt und die langfristigen Folgeschäden der Pandemiebekämpfung nicht noch mehr anschwellen.
Entscheidend ist auch, den Transformationsprozess, der schon vor Corona eingesetzt hat, aktiv zu gestalten, Chancen schaffen und nutzen sowie Verkrustung und Stillstand verhindern. Letztlich verbindliche Ziele und ein Schulterschluss für ein rasches Comeback in einem global wieder stärker werdenden Europa. (jw)
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