LEADERSNET: Sie wurden kürzlich zum Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien mit ihren rund 11.600 Mitgliedern gewählt. Die meisten Standesvertreter sagen: "Ihr habt mich gewählt, also huldigt mir, denn ich bin jetzt euer politischer Vertreter." Ist das auch Ihr Zugang?
Bauer: Definitiv nicht. Ich sehe mich in erster Linie weniger als politischer Vertreter, sondern als Branchenvertreter. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Für mich ist auch wesentlich, dass wir gemeinsam etwas weiterbringen für die Branche. Die Mitglieder interessiert doch nicht, welche Fraktionen da drinnen sitzen. Die wollen Ergebnisse sehen. Es gibt genug Themen, wo wir etwas weiterbringen müssen. Die Werbewirtschaft die wir in Wien haben, ist extrem flexibel und kann sich an jede Situation anpassen.
LEADERSNET: Sie sind mit unglaublichen 100 Prozent gewählt worden, das hat es in der Fachgruppe Werbung noch nie gegeben. Wie haben Sie das geschafft?
Bauer: Eigentlich ist es ganz einfach: Man macht einen Wahlvorschlag und alle stimmen zu (lacht). Tatsächlich haben wir sehr viele Gespräche geführt und ich habe auch versucht, die politischen Turbulenzen, die es die letzten fünf Jahre in der Fachgruppe gegeben hat, hinten anzustellen und nach vorne zu schauen. Ich habe versucht mit vielen Visionen zu arbeiten. Eine meiner Visionen ist die "Know-how Allianz", die ich schon vorher gegründet habe. Dabei handelt es sich um ein Zusammenführen von den verschiedensten Verbänden, zu einer starken Stimme über die Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation. Ich glaube, dass man in so einem Gremium nur so arbeiten kann: Visionen haben, anpacken und Sachen umkrempeln, an die man sich vorher nicht herangetraut hat. Wir wollen dem Standort Wien die Bedeutung geben, die ihm zusteht: nämlich die Kreativhauptstadt Österreichs zu sein. Es gibt keinen anderen so großen, bunten und vielfältigen Standort in Österreich wie Wien.
LEADERSNET: Wie kann man sich als eine dieser 11.600 Agenturen bzw. Kreativen einklinken, um diese Vision mitzuformen?
Bauer: Mein Ziel ist es, dass die Mitglieder sagen: "Ich bin Wiener Werber!/ Ich bin Wiener Werberin!"" und nicht einfach nur: "Ich habe eine Werbeagentur." Der oder die "Wiener Werber/in" muss eine Marke werden und gerade wir als Kreativbranche sollten das eigentlich können. Nur wenn wir die Branche als großes Ganzes sehen, können wir das schaffen. Wir müssen uns damit identifizieren, Wiener Werber bzw. Wiener Werberinnen zu sein. Ich finde den Slogan "Wien, die Kreativhauptstadt Österreichs" grundsätzlich schon mal ganz schön. Jeder Kreative trägt mit seinen Leistungen einen Teil dazu bei, dass es diese Kreativhauptstadt Wien gibt. Werbung ist gerade in einer Situation, wie der jetzigen Krise, immens wichtig. Die Wertschätzung für die Werbung innerhalb der Wirtschaft und bei den Menschen muss viel stärker gefördert werden. Das was Wien so cool macht, ist die Kunst und Kulturszene, aber auch die Kreativszene, weil von ihr viele Impulse ausgehen. Werbung ist nicht immer nur ein einfacher Radiospot oder ein Inserat, sondern viel mehr. Deshalb ist die Kreativbranche in Wien ganz stark gefragt, Werbung und Marktkommunikation noch stärker, da dort die Meinungsforscher auch noch dabei sind. Das sind alles Zahnräder, die ineinander greifen: vom Marktforscher angefangen, über den Grafiker, bis hin zum Werbearchitekten. Ohne die kann das Große und Ganze gar nicht funktionieren. Jeder sollte sich zugehörig fühlen und allen sollte klar sein, dass wir in einem Boot sitzen. Deshalb sollte auch niemand ein Loch in dieses Boot bohren, sonst kommen wir am Ende nicht im Hafen an und können auch nicht feiern.
LEADERSNET: Die "Kreativhauptstadt Wien" ist ein hehres Ziel, aber auf dem Weg dorthin gibt es noch Vieles auf den Weg zu bringen. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie für die absehbare Zukunft geplant?
Bauer: Wir als Fachgruppe sind gerade am Sammeln von Wünschen und Ideen – meine Wahl zum Obmann ist ja erst wenige Wochen her. Wir schauen uns an, welche Ideen gut sind, was man weiterführen kann, was verbessert werden muss und vor allem was man Neues schaffen muss. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir da nicht warten dürfen, sondern die Themen umgehend angehen müssen. Dazu gehören digitale Fortbildungsmaßnahmen für die Mitglieder, Unterstützung beim Lukrieren von Förderungen – die wenigsten wissen, dass wir Fördermanager bei der Wirtschaftskammer Wien haben und dass Förderung ein massives Akquisetool sein kann – und einen Versicherungsschutz für die Mitglieder. Es gibt schon seit einigen Jahren eine Versicherung, die sehr günstig ist und einige Grundbedürfnisse abdeckt. Das kann man meiner Meinung nach aber noch besser machen. Ich denke, das sind Dinge, die den Mitgliedern und der Branche wirklich ein Bedürfnis sind. In Wien gibt es aber nicht nur die EPUs sondern auch viele wirklich große Agenturen und auch denen müssen wir etwas bieten. Die sind genauso Mitglied bei uns und deswegen kann es nicht sein, dass diese nicht serviciert und betreut werden.
LEADERSNET: Viele dieser großen Agenturen sind Österreich-Ableger der großen Netzwerkagenturen. Welche Rollen spielen diese für den Kreativstandort Wien und für die Sie als Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation?
Bauer: Sie können sicherlich einen großen Teil dazu beitragen, dass Wien seinen Status als Kreativhauptstadt behält. Damit das passiert, müssen sie es natürlich auch kommunizieren. Das sollte für aber für Kommunikationsagenturen kein allzu großes Problem sein. Auch die Netzwerkagenturen mit ihrem internationalen Background profitieren vom Kreativstandort Wien. Wir haben hier unglaublich viele Leute, die Wahnsinniges leisten – sowohl auf der Dienstnehmer- als auch auf der Dienstgeberseite. Gerade die größeren Agenturen können mit ihrer Kraft und mit ihrem Multiplikatoreffekt noch stärker hervorheben: "Wir sind der Kreativstandort Wien!" Das wäre mein erster Aufruf an die Branche.
LEADERSNET: Sie haben in der Fachgruppe ein neues, junges Team um sich geschart. Wie haben Sie dieses ausgewählt?
Bauer: Ich habe mir schon lange vor die Wahl war, Gedanken darüber gemacht, wie mein Team aussehen könnte. Ich war auch schon knapp ein Jahr Mitglied im Ausschuss und habe gesehen, was notwendig sein wird. Wir haben 13 verschiedene Berufsgruppen in der Fachvertretung und die waren überhaupt nicht repräsentiert. Deshalb war einer meiner Ansätze, nicht nur zwischen großen und kleinen Firmen zu unterscheiden, sondern wirklich die ganze Breite der Branche im Ausschuss abzudecken. Auf dieser Basis – auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Geschlechter – habe ich versucht, mein Team zusammenzustellen. Ich bin überzeugt, das ist uns absolut gelungen und wir haben ein ultrabuntes, repräsentatives und kompetentes Team.
www.werbungwien.at
www.wko.at
www.omnes.at
Kommentar schreiben