Start-ups sind "in": selbst in den wirtschaftlich herausfordernden Zeiten der Corona-Pandemie vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht von einem aufstrebenden Jung-Business hört, und auch im TV sorgen Shows wie "2 Minuten, 2 Millionen" auf Puls4 dafür, dass das Start-ups in aller Munde sind. Doch trotz des Hype um die "jungen Wilden" der Wirtschaftswelt scheinen so manche Manager und große Unternehmen den Kontakt bzw. die Zusammenarbeit mit Start-ups zu scheuen: zu diesem Ergebnis kommt de deutsche Digitalverband Bitkom, welcher soeben zwei Studien veröffentlicht hat, die Einblicke in die ungleiche Beziehung etablierter Businessmanager zu jungen Unternehmern geben.
Konkurrenzdenken als Kooperations-Bremse
Zwei Drittel der etablierten Unternehmen arbeiten nicht mit Startups zusammen, jeder zweite Geschäftsführer nennt als Grund fehlende Zeit. Zugleich sehen mehr Unternehmen ihre Marktstellung durch Startups gefährdet. Das sind Ergebnisse der ersten diesbezüglichen repräsentativen Bitkom-Umfrage, die in Deutschlanf unter 606 Unternehmen aus allen Branchen durchgeführt wurde.
Der Grund hierfür scheint vor allem im Konkurrenzdenken zu liegen: Start-ups entwickeln sich immer mehr zur ernsthaften Konkurrenz für etablierte Unternehmen. Laut Bitkom-Umfrage gibt mehr als jedes vierte Unternehmen ab 20 Mitarbeitern (27 Prozent) bei unseren deutschen Nachbarn aktuell an, dass aufstrebende Start-ups seine Marktstellung gefährden würden. Vor zwei Jahren waren es erst 18 Prozent.
Zwei Drittel der Unternehmen (67 Prozent) arbeiten zurzeit trotzdem nicht mit Startups zusammen, 63 Prozent schließen jedoch dazu Partnerschaften mit IT-Spezialisten. Rund jedes dritte Unternehmen (37 Prozent) setzt dazu auf eine Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen aus der eigenen oder anderen Nicht-Digital-Branchen.
Geschäftsführer: "Keine Zeit für Start-ups..."
"Start-ups sind nicht nur besonders innovationsstark, sie bringen auch frischen Wind in eingefahrene Strukturen und Prozesse. Für etablierte Unternehmen können Start-ups die entscheidenden Impulse bei der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle setzen – über alle Branchen hinweg", sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. "Viele Unternehmen tun sich immer noch schwer damit, den digitalen Wandel zu gestalten. Umso wichtiger sind Kooperationen und Partnerschaften zwischen jungen und etablierten Unternehmen, damit deutsche und europäische Unternehmen auf dem Weltmarkt führend bleiben."
Überraschend sind die Gründe, weshalb Unternehmen auf eine Zusammenarbeit mit Start-ups verzichten. So gibt jeder zweite der Geschäftsführer (53 Prozent) an, keine Zeit für Start-up-Kooperationen zu haben. Vor zwei Jahren lag der Anteil mit 39 Prozent deutlich darunter.
Bitkom-Chef: "...keine Zeit für die Zukunft des eigenen Unternehmens"
Rund drei Viertel (73 Prozent) nennen aktuell als Grund fehlende Kontakte zu Start-ups. Jeweils drei von fünf Unternehmen geben an, "keinen Mehrwert" in einer Kooperation mit Startups (59 Prozent) zu sehen bzw. dass es "kein geeignetes konkretes Projekt" zur Zusammenarbeit gäbe (56 Prozent). Nur jedes vierte Unternehmen gibt "fehlende finanzielle Mittel" für das Nicht-Zustandekommen einer Zusammenarbeit an (24 Prozent). Berg: "Wer keine Zeit für eine Zusammenarbeit mit Start-ups hat, hat offenbar keine Zeit für die Zukunft seines Unternehmens.
"Unternehmen pflegen zu wenig Kontakte zu Start-ups"
Eine ergänzende Umfrage von Bitkom (befragt wurden 603 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern aus allen Branchen) zeigt nun, dass nur jedes zehnte Unternehmen mit (Tech-)Start-ups zusammen an neuen Lösungen arbeitet, doch jede fünfte Firma ihre Marktstellung durch aufstrebende Start-ups gefährdet sehe. Zwei Drittel (65 Prozent) der deutschen Unternehmen geben an, dass sie überhaupt nicht mit Start-ups zusammenarbeiten. Im letzten Jahr gab es damit kaum eine Annäherung zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups, 2019 lag der Wert bei 67 Prozent. Nur jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent) entwickelt gemeinsam mit Start-ups neue Produkte oder Dienstleistungen (2019: 11 Prozent).
Immerhin jedes Vierte (25 Prozent; 2019: 22 Prozent) arbeitet auf andere Weise mit Start-ups zusammen, etwa bei Gründerwettbewerben. Sechs Prozent geben an, finanziell an Start-ups beteiligt zu sein (2019: 5 Prozent).
"Unternehmen sollten für Digitalisierungs-Turbo aktiv Kontakt zu Start-ups suchen"
"Unternehmen, die sich mit der Digitalisierung schwer tun, sollten Kontakt zu Startups suchen. Startups verfügen meist über Kenntnisse rund um die neuesten digitalen Technologien und bieten innovative Lösungsansätze für unternehmerische Herausforderungen", sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Von einer stärkeren Zusammenarbeit würden kleine und mittelständische Unternehmen ebenso profitieren wie umgekehrt auch die Startups." (red)
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