"Erfolg mit Apple ist kein leichtes Spiel"

ToolsAtWork-Chefin Berenice Kuntner über den Umgang mit der Apfel-Marke und wie man ein 30-Mitarbeiter-Unternehmen führt.

Man kann sie als die "Apple-Pioniere" Österreichs bezeichnen: ToolsAtWork, autorisierter Apple-Händler in der Zirkusgasse, wurde zwar "erst" 1996 von Walter Kuntner und seiner Frau Berenice gegründet, doch ihre Erfahrung mit der Brand-Ikone geht noch weitere zehn Jahre zurück. 1986 brachte Walter Kuntner den ersten Macintosh nach Österreich und gemeinsam mit zwei Partnern gründeten die Kuntners den erfolgreichsten österreichischen Apple-Händler aller Zeiten, "Hard+Soft": Nur wenige Jahre nach der Gründung hatte die Firma bereits 70 Mitarbeiter an Standorten in Linz, Graz,Salzburg, zwei Apple-Stores in Wien und Österreichs erstes Apple-Service-Center.

ToolsAtWork besteht heute zum Teil aus Mitarbeitern, die den Mac seit mehr als 25 Jahren kennen - viele von ihnen stammen noch aus der Zeit der ersten Firma. Mit Lösungen für individuelle Ansprüche haben sich die "Tulser" (Malapropismus zum fiktiven Ort "Tuls a. d. Worg" – eine frühe, bildreiche Darstellung der Firma als Dorfgemeinschaft, Anm. d. Red.)  in Österreich einen Namen gemacht und sind auch in den Bereichen Service, Netzwerke und Video weltweit erfolgreich. Im Shop wird ein umfangreiches Portfolio an Apple-Hardware und Zusatzprodukte angeboten.

Wie Sie sich als Apple-Händlerin in stürmischen Zeiten behauptet, wie es ihr in 33 Jahren als weibliche Führungskraft in der Tech-Branche ergangen ist und warum sie nach wie vor an die Marke mit dem Apfel glaubt, erklärt Berenice Kuntner, die Chefin von ToolsAtWork, im Interview mit LEADERSNET.

LEADERSNET: Liebe Frau Kuntner, wie kommt man als gelernte Optikermeisterin aus Deutschland
nach Wien zu Apple?

Kuntner: Es war die Liebe... Ich war in Ischgl auf Skiurlaub und habe dort meinen Mann kennengelernt. Kurze Zeit später bin ich nach Wien übersiedelt. Ich stamme aus einer kleinen Stadt mit 20.000 Einwohnern in der Nähe von Frankfurt – Wien hat mich damals schon fasziniert. Heute fühle ich mich längst schon als echte Wienerin – auch wenn man es immer noch nicht hören kann. (lacht)

LEADERSNET: Ihr Mann hat den ersten Macintosh nach Wien gebracht, doch Sie führen die Firma. In Zeiten, in denen leider immer noch signifikant weniger Frauen Führungspositionen in Unternehmen bekleiden – vor allem in der Tech-Branche – etwas Besonderes. Wie kam es zu dieser Rollenaufteilung?

Kuntner: Männerdominierte Branchen bin ich gewohnt. Auch bei den Optikern war der Anteil an Frauen traditionell gering. Außerdem habe ich auch noch "Datentechnik" studiert, habe also mit vielen Männern im Beruf Erfahrung. Mein Mann war schon damals Mastermind und Innovator der Firma – Tagesgeschäft ist nicht seine Sache. Unsere Rollenaufteilung war schon 1986 klar.

"Gehobene Augenbrauen erlebe ich als Kompliment für Kompetenz" - Berenice Kuntner © Tools At Work

"Gehobene Augenbrauen erlebe ich als Kompliment für Kompetenz."

LEADERSNET: Männer dominieren die Branche nach wie vor, auch ihr Team besteht vorwiegend
aus Männern. Wie ist es Ihnen in über drei Jahrzehnten als Leading Lady ergangen, gab es je gehobene Augenbrauen? Und konnten Sie Veränderungen beobachten?

Kuntner: Ich hatte in all den Jahren noch nie Probleme mit mangelnder Akzeptanz. Nicht bei Apple, nicht bei den Banken und schon gar nicht bei unseren Kunden. Gehobene Augenbrauen erlebe ich als Kompliment für Kompetenz. In unserem  Umfeld kann ich kaum Veränderungen erkennen: Service und Technik sind immer noch von Männern bevorzugte Bereiche. In anderen Bereichen hat das Interesse von Frauen an IT sicher zugenommen.

LEADERSNET: Welchen Rat würden Sie Frauen mitgeben, die sich in Ihrer Branche selbstständig
machen möchten?

Kuntner: Wenn damit der Computerhandel gemeint ist, ist mein Rat: Finger weg! Heute gibt es andere, spannendere Dinge, die im Aufbruch sind.

LEADERSNET: Sie arbeiten bereits seit 33 Jahre mit Apple – viel hat sich in über drei Jahrzehnten getan. Würden Sie sich heute wieder dafür entscheiden?

Kuntner: Spannend und aufregend ist meist nur die erste Zeit des Aufbruchs – der Innovationen. Ich bin sehr froh, dass ich die Apple-Revolution mitgestalten durfte. Wir haben damals (1986 bis Mitte der 90er Jahre) sehr viel bewegt und unglaublich viele Kunden in kurzer Zeit betreut. Von diesen Erfahrungen profitieren wir bis heute. Apple-Produkte sind ja längst zu Alltagsgegenständen geworden. Unter den aktuellen Voraussetzungen würde ich mich nicht mehr dafür entscheiden.

"Erbsenzähler streichen echte Innovationen weg" - Berenice Kuntner © Tools At Work

"Erbsenzähler streichen echte Innovationen weg"

LEADERSNET: Apple befindet sich ja gerade nach den Jahren des Hypes in einer Art Tiefphase. Unkenrufe prophezeien der Kultmarke, die immer wieder durch ihre Preispolitik in der Kritik stand, den Untergang voraus. Wie erleben Sie diese Entwicklungen, und was lässt sie an Apple glauben?

Kuntner: Die Marke Apple steht immer noch für hohe Qualität und ist ein Werkzeug mit hoher Zuverlässigkeit. Niemand weiß das besser als wir nach mehr als 30 Jahren. Als Partner ist Apple im Lauf der Zeit leider schwierig geworden: Die Margen werden sukzessive kleiner, die Kommunikation hat an Menschlichkeit verloren – es werden Erbsen gezählt. Die Preispolitikbei iPhones ist auch mir unverständlich, bei den Macs ist sie nachvollziehbar und leichter zu argumentieren. Ich hoffe, dass sich Apple wieder besinnt. Erbsenzähler streichen echte Innovationen weg.

LEADERSNET: An welche Höhepunkte aus 33 Jahren erinnern Sie sich gerne?

Kuntner: Es gab sehr viele Höhepunkte. Wir waren jährlich auf den wichtigsten Messen in den USA und haben dort Generalvertretungen aller großen Hersteller wie Adobe, Aldus, Quark, Claris usw. nach Wien gebracht. Für den Adobe Illustrator 1.0 hat uns John Warnock selbst den Auftrag zur Synchronisation einer deutschen Fassung gegeben. Bei vielen Technologien waren wir die ersten: Erster CD-Brenner von Sony 1992, erste DigiCam für Kurt Falks "Täglich Alles", erstes DVD-Authoring System österreichs usw. Zu den frühen Mac-Usern haben sich oft sehr persönliche Kontakte entwickelt, die bis heute bestehen. Zur Präsentation des iPhones 2007 hatten wir sogar eine exklusive Einladung von Apple und saßen aufgeregt in einer der vordersten Reihen. Wir hatten ja keine Ahnung, was Jobs da zeigen würde!

LEADERSNET: Das iPhone war ja einer der größten Triumphe von Apple. Wie haben Sie die Zeit nach der Einführung erlebt? Und wie sehen Sie die Position des iPhones heute?

Kuntner: Man darf nicht vergessen, dass Apple das iPhone erst nach vielen Monaten nach Österreich lieferte und dann exklusiv über T-Mobile und Orange angeboten hat. Auch autorisierte Apple-Händler schauten durch die Finger. Der Hype war groß – wir hatten davon nichts. Heute ist der Markt gesättigt und das iPhone so teuer, dass es erst recht wieder über die Mobilfunker mit Vertrag verkauft wird. Als Hardware im Regal ist es für uns eher ein Nebenprodukt. Allerdings haben wir mit Michael Reichel einen Teamleiter, der rund um MDM (Mobile Device Management) und DEP (Device Enrollment Program) großes Know-How aufgebaut hat. Schulen, Unis oder große Unternehmen werden von uns in diesem Bereich betreut.

LEADERSNET: Wie begegnen Sie heute dem Mitbewerb am heimischen Markt?

Kuntner: Dem Mitbewerb begegnen wir mit viel mehr Kundennähe und der Erfahrung meines Teams. Teil unseres Erfolges ist, dass wir authentisch und bescheiden geblieben sind: Unser Kapital ist nicht ein teurer Shop in Top-Lage sondern motivierte Mitarbeiter mit großer Erfahrung und Kenntnis. Einige von uns kennen und arbeiten mit Apple seit mehr als 25 Jahren. Das sind ja nicht bloß Ansprechpartner – das sind Gesprächspartner für unsere Kunden. Die Kombination aus Beratung und Service / Reparatur ist wohl einzigartig.

LEADERSNET: Mit welchen Aussichten blicken Sie in die Zukunft?

Kuntner: Wir haben mehrere Standbeine und sehen den Trend zum Onlinehandel relativ gelassen. Auch wenn immer mehr online gekauft wird, erwarten sich die Leute Reparaturen und Service vor Ort. Das erfüllen wir: Wir reparieren 90 Prozent alle Servicefälle in unserer eigenen Werkstatt! Anderseits haben wir zahlreiche Kunden wie Universitäten, Schulen, ORF oder den Rechnungshof – dort sind wir nicht so sehr Apple-Händler sondern Kümmerer für Netzwerke, Sicherheitstechnik, Abwicklungen mit Lizenzmodellen oder MDM-Lösungen. Man könnte also sagen: Je mehr Apples von anderen verkauft werden, umso mehr profitiert unser Service.

LEADERSNET: Gibt es ein Erfolgsrezept für ToolsAtWork?
Man kann uns im besten Sinne als "Familienbetrieb" sehen. Wir sind eher untypisch organisiert und haben uns erfolgreich einigen Trends und Versuchungen widersetzt. Wir leben ein hohes Mass an Empathie untereinander und mit unseren Kunden.

www.toolsatwork.com

www.tuls.at/mdm

www.toolsonair.com

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