Stephan Gustav Götz von der Grünen Wirtschaft ist der neue Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Wien. leadersnet.at hat Götz zum Interview getroffen und sich mit ihm über Steuern als sinnvolle Lenkungsmaßnahme, digitale Neuerungen, die Zusammenarbeit mit der rot-grünen Stadtregierung und neue Serviceleistungen der Fachgruppe unterhalten.
leadersnet.at: Was sind die ersten Maßnahmen, die Sie sich als Fachgruppenobmann vorgenommen haben?
Götz: Die dringendste Maßnahme ist die Verhinderung der „Strafsteuer" Werbeabgabe. VÖZ, VÖP und ORF haben angeregt, die Werbeabgabe auch auf Online auszuweiten und das geht aus der Sicht der Fachgruppe Werbung in die völlig falsche Richtung. Eine Steuer sollte immer eine sinnvolle Lenkungsmaßnahme sein. Aber in diesem Fall ist die Lenkungsmaßnahme die, dass die Medienunternehmer weniger Geld haben und die heimischen werbetreibenden Unternehmer für Werbung Strafe zahlen müssen.
leadersnet.at: Dann teilen Sie die Auffassung des VÖZ, dass man mit der Ausweitung der Werbeabgabe auf Online endlich auch die großen Player wie Google oder Facebook zur Kasse bitten könnte, nicht?
Götz: Ich finde es gut, dass man sich überlegt, wie man den heimischen Standort absichern kann. Jedoch ist es fern jeglicher Realität zu glauben, Google oder Facebook dadurch habhaft zu werden. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Irland und das Gesetz sagt, wenn ein Unternehmen seinen Sitz im Ausland hat, muss die zuständige Werbeagentur die Werbeabgabe abführen. Ich kann als Agentur dann nicht bei Google anrufen und sagen: „Entschuldigung, ihr schuldet mir so und soviel Euro für die Werbeabgabe." Zudem ist die Werbeabgabe eine Bagatellsteuer, die einen sehr hohen Administrationsaufwand hat. Von den 100 Millionen Euro, die sie bringt, sind zwölf Millionen administrativer Aufwand. Wir sollten die Diskussion jetzt zum Anlass nehmen und diese Steuer ersatzlos streichen. Der Wegfall wird sicher durch ein größeres Auftragsvolumen wettgemacht, wenn nicht übertroffen.
leadersnet.at: Welche anderen Ziele haben Sie sich gesetzt?
Götz: Wir als Fachgruppe haben uns unter anderem vorgenommen transparenter zu agieren und uns sehr auf unsere Rolle als Interessensvertretung zu konzentrieren. Die Mitglieder müssen mehr von ihren Beiträgen haben.
leadersnet.at: Welche Verbesserungen schweben Ihnen da konkret vor?
Götz: Es stehen verschiedene Ideen im Raum, wie wir etwa die Serviceleistungen der Fachgruppe verbessern können. Wir haben seit einiger Zeit ein erfolgreiches Versicherungsservice und diskutieren, ob wir es um eine Krankenversicherung erweitern und für die Mitglieder der Fachgruppe einen Gruppentarif entwickeln. Auch das Anwaltsservice ist noch ausbaufähig. Wir schnüren zudem ein Paket für Neugründer. Wir sind eine stark wachsende Fachgruppe und sehr oft kommen Neugründer dazu, die vorher in einem Angestelltenverhältnis waren und mit der Rolle als Unternehmer noch nicht so ganz vertraut sind. Da ist es unsere Aufgabe als Fachgruppe zu unterstützen.
leadersnet.at: Vor der Wahl haben viele EPUs kritisiert, dass sie sich von der Fachgruppe nicht ausreichend vertreten und unterstützt fühlen.
Götz: Diese Kritik kam sicherlich nicht zu unrecht. Aber das wollen wir ändern. Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, die Sichtweise der EPUs in den Gesetzesprozess hineinzubringen. Wenn neue Gesetze erlassen werden, die EPUs betreffen, muss auch deren Position berücksichtig werden.
leadersnet.at: Thema digitale Maßnahme – gibt es da konkrete Pläne?
Götz: Ja, wir möchten die Leistungen der Fachgruppe auch digital besser sichtbar und verfügbar machen. So sollen Mitglieder sehen können, was mit den Mitgliedsbeiträgen passiert. Auch die Zugänglichkeit der Serviceleistungen muss verbessert werden. Wir müssen als Fachgruppe zu den Unternehmern gehen und die neuen Möglichkeiten nutzen. Da haben wir noch Nachholbedarf. Auch unser Engagement gegen die Onlinewerbeabgabe ist als „digitale Maßnahme" zu sehen, da geht es darum, Schaden abzuwenden.
leadersnet.at: Den Grünen in der Wiener Stadtregierung wird von Unternehmerseite oft angekreidet, nicht sehr unternehmerfreundlich zu agieren. Gibt es deswegen Diskrepanzen zwischen der Grünen Wirtschaft und der Partei und sind diese in Einklang zu bringen?
Götz: Ja, das ist natürlich in Einklang zu bringen. Die Fachgruppe vertritt unterschiedliche Berufsgruppen und sicherlich gibt es Maßnahmen, die für die einen unangenehm sind, für die anderen hingegen nicht. Generell ist es der Stadtregierung aber ein Anliegen, die Kreativwirtschaft zu fördern. Leider können nicht immer die Interessen einer Seite im Vordergrund stehen, da gerade in einer Stadt die unterschiedlichsten Menschen zusammenleben. Deshalb ist es nötig, Lösungen zu finden, die den unterschiedlichen Interessen entgegenkommen.
leadersnet.at: Sind Sie ein Mann des Kompromisses?
Götz: Ich denke, dass eine Lösung, mit der alle leben können das Beste ist. Wenn man sich stur auf die Interessen einer Gruppe konzentriert, dann erreicht man am Schluss vielleicht weniger, als eigentlich möglich wäre.
leadersnet.at: Wien ist in Österreich die Vorzeigestadt, wenn es um Kreativleistungen geht. Wird dies auch im Ausland – speziell im CEE-Raum – ausreichend kommuniziert und welche Plattformen gibt es dafür?
Götz: Es gibt bereits zahlreiche Werbepreise in Wien und hier versuchen wir unsere Unterstützung zu geben und auf keinen Fall in Konkurrenz zu treten. Aber es ist richtig, dass die Kreativleistungen bekannter gemacht werden müssen. Deshalb ist es unser Ziel, wieder mehr internationale Kreative nach Wien zu holen. Es gibt großartige Agenturen in Wien und das wollen wir hervorstreichen.
leadersnet.at: Ein Thema, das sehr vielen Agenturen unter den Nägeln brennt, ist die Werkvertrag vs. Dienstvertrag-Problematik. Werden Sie hier tätig werden?
Götz: Ja, hier wollen wir auf jeden Fall eine Verbesserung des Status quo. Es ist im Moment sehr schwierig dieses Gesetz auf die Event- und Agenturbranche umzulegen, da hier ganz andere Realitäten als etwa in der Baubranche herrschen. Sehr viele Agenturen hatten das Problem, dass es zu Konflikten mit den Sozialversicherungen gekommen ist und das muss sich ändern.
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