Peter McDonald, aus Rutzing in Oberösterreich kommend, ist seit 21. Oktober 2014 Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und verantwortet somit gemeinsam mit den Sozialpartnern das nationale Gesundheitswesen. leadersnet.at hat McDonald zum Interview getroffen.
leadersnet.at: Sehr geehrter Herr McDonald, ist Ihr Beruf als Chef aller Sozialversicherungsträger ein cooler?
McDonald: Cool ist der falsche Ausdruck. Es ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, die mich ehrt und herausfordert. Immerhin legen wir jetzt die Grundsteine für die künftige Gesundheitsversorgung Österreichs. Wenn es uns gelingt, unseren Kindern zu vermitteln, selbst Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen, so ist dies die beste Vorsorge für die Zukunft.
leadersnet.at: Wie sieht es denn aktuell rund um das Budget der Krankenkassen aus?
McDonald: Durch die Konsolidierungsbemühungen der vergangenen Jahre ist es uns gelungen, die Kassen großteils zu entschulden und die Finanzen weitgehend zu stabilisieren. Dennoch wird das Erreichen eines konsolidierten Budgets für 2015 schwierig werden. Während die Kassen für 2014 nach letzter Prognose noch ein Plus von 59 Millionen Euro erwirtschafteten, drohen für 2015 rote Zahlen. Denn in der zweiten Jahreshälfte 2014 sind die Medikamentenkosten durch den Anspruch, den medizinischen Fortschritt allen zugänglich zu machen, um acht Prozent gestiegen, vor allem aber das geringe Wirtschaftswachstum und die steigende Arbeitslosigkeit führen zu geringeren Erwartungen bei den Beitragseinnahmen, die an die Löhne und Gehälter gekoppelt sind. Ziel muss bleiben, dass wir über den Konjunkturzyklus nicht mehr ausgeben als wir einnehmen.
leadersnet.at: Welche Projekte sind Ihnen wichtig? Wie ist der Status der Entwicklung hin zu den niedergelassenen Ärzten? Stichwort: Primärversorgungszentren.
McDonald: Die Sozialversicherungsträger arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Realisierung von österreichweit insgesamt elf Pilotprojekten von Primärversorgungsnetzwerken. Diese werden den Hausarzt ergänzen aber nicht ersetzen. Im städtischen Bereich sollen mehrere Ärzte, diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal sowie Ordinationshilfen unter einem Dach tätig sein. Dadurch können längere Öffnungszeiten gewährleistet werden, die Ärzte sollen dadurch entlastet werden, damit sie sich intensiver den Patienten widmen können. Die Pilotversuche und eine Ausbildungsreform sollen auch helfen, dass sich wieder mehr Jungmediziner für den Beruf eines praktischen Arztes entscheiden. Die innovative Grundidee der neuen Versorgung vor Ort ist die Vernetzung von Ärzten untereinander, aber auch mit anderen Gesundheitsberufen, etwa den Pflegeberufen oder therapeutischen Berufen und anderen. Ich appelliere daher an alle an der Umsetzung der Projekte Beteiligten – von der Interessenvertretung der Ärzte über die Pflegeberufe bis hin zu den verschiedenen Gruppen von Therapeuten konstruktiv an der Umsetzung dieser Leuchtturmprojekte für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens mitzuarbeiten.
leadersnet.at: Das österreichische Sozialversicherungssystem ist einzigartig und sichert 100 Prozent der Österreicher ab und basiert auf dem System einer e-card und nicht auf der Basis einer credit card. Was meinen Sie damit?
McDonald: Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist das organisatorische Dach über der solidarischen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Österreichs. In Österreich müssen sich Bürger auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten darauf verlassen können, dass sie alles, was medizinisch notwendig ist, auch bekommen, unabhängig von ihrem Einkommen und ihrer sozialen Herkunft – und das können sie. Die Sozialversicherung garantiert unabhängig von Alter, Einkommen, sozialer Herkunft und Bildung hochwertige Gesundheitsversorgung und eine sichere Pensionsvorsorge. Aktuell sind rund 8,4 Millionen Menschen anspruchsberechtigt. Der Behandlungsanspruch aus der Krankenversicherung wird beim Arzt durch das e-card-System abgewickelt. In vielen anderen Ländern ist der Arztbesuch nur durch Barbezahlung möglich. Das heißt, ich bin stolz, dass wir in Österreich ein e-card und keine credit card benötigt wird, im Spital oder beim Arzt.
leadersnet.at: Wie steht die Sozialversicherung zur neuen Steuerreform?
McDonald: Wenn die Steuerreform die nationale Wirtschaft ankurbelt, erleben auch die Einnahmen der Sozialversicherungsbeiträge einen Aufschwung. Eine gut funktionierende Wirtschaft ist die Grundlage für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Wenn Österreich die Wirtschaft fördert, so kann es sich auch ein gut funktionierendes Krankenversicherungssystem leisten. Wir haben die höchste Ärztedichte weltweit und die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Gesundheitswesen ist in Österreich so hoch wie kaum wo anders. Das ist Auftrag für uns, das Gesundheitswesen weiter zu entwickeln und damit auch die Attraktivität des Arztberufes aufrecht zu erhalten.
esv-sva.sozvers.at