Diese Gesellschaften sind von der Insolvenz der Signa Holding betroffen

| Tobias Seifried 
| 29.11.2023

Die Haselsteiner Familien-Privatstiftung hält einen deutlich höheren Anteil als jene der Familie Benko. Die Holding selbst ist direkt an 36 in Österreich befindlichen Kapitalgesellschaften beteiligt. In Bezug auf die Höhe der Passiva handelt es sich um die größte Insolvenz der heimischen Wirtschaftsgeschichte. Ob es zu einem Dominoeffekt kommen wird, ist noch nicht abschätzbar. Die Prüfung werde eine "Herkulesaufgabe".

Wie bereits in den vergangenen Tagen kolportiert, befindet sich die von René Benko aufgebaute "Signa Gruppe" auch in Österreich in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Da es in den letzten Wochen nicht gelungen ist, doch noch zusätzliche Investorengelder zur außergerichtlichen Sanierung aus dem Hut zu zaubern, hat die Signa Holding GmbH mit Sitz in 6020 Innsbruck am Mittwoch am Handelsgericht (HG) Wien einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Form eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung eingebracht (LEADERSNET berichtete). 

"Notbremse gezogen"

Doch wie schätzen nun heimische Kreditschützer und Gläubigervertreter die Sache ein? Vom KSV1870 hagelt es Kritik. Nach Wochen des Schweigens der Unternehmensleitung und der damit verbundenen Ungewissheit bei den Gläubiger:innen, Investor:innen und anderen Stakeholdern habe die Signa Holding GmbH doch noch die Notbremse gezogen und den Weg zum Insolvenzgericht eingeschlagen, heißt es vom Kreditschutzverband von 1870.

Am Mittwochabend wurden noch weitere Details zum Sanierungsplan bekannt. So bietet das Unternehmen den Gläubiger:innen eine Sanierungsplanquote von 30 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren ab Annahme an. Dabei handelt es sich um die gesetzliche Mindestquote für diese Verfahrensart.

Die Ursachen der Insolvenz führt die Signa Holding u.a. auf massive Umsatzrückgänge im Handelsbereich im Zuge der Covid-19-Pandemie und im Immobilienbereich auf die massiv gestiegenen Baukosten und auf steigende Finanzierungskosten zurück.

Größte Insolvenz der Austro-Wirtschaftsgeschichte

Nach Eigenangaben des Unternehmens betragen die Passiva zu Liquidationswerten ca. 5,26 Milliarden Euro (davon ca. 252 Millionen Euro besichert). Wie sich die Verbindlichkeiten jedoch im Rahmen der angestrebten Sanierung darstellen werden, werde das Ergebnis der Prüfungstagsatzung zeigen, so der KSV1870.

Im Vergleich dazu der Überblick der bislang größten Insolvenzen (gemessen an der Höhe der Passiva) in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte:

  • Alpine-Gruppe (Wien) 3,5 Milliarden Euro
  • Konsum-Gruppe (Wien) 1,9 Milliarden Euro
  • Commerzialbank Mattersburg (Bgld.) 800 Millionen Euro
  • MACULAN-Konzern (Wien) 799 Millionen Euro
  • A-TEC Industries AG (Wien) 570 Millionen Euro

Die Aktiva werden zu Buchwerten mit ca. 2,78 Milliarden Euro angegeben, zu Liquidationswerten mit ca. 314,3 Millionen Euro, doch werden auch die Vermögenswerte nunmehr vom Sanierungsverwalter aktuell nach insolvenzrechtlichen Kriterien zu prüfen sein.

Von der Insolvenz sind 273 Gläubiger:innen und 42 Dienstnehmer:innen betroffen.

Welche Gesellschaften sind beteiligt?

Die "Signa Gruppe" ist äußerst intransparent aufgebaut und soll aus rund 1.000 Gesellschaften in verschiedenen Ländern bestehen. Zudem würden sich die wechselseitigen Beteiligungen äußerst komplex darstellen. An der den Insolvenzantrag stellenden Signa Holding GmbH sind dem Kreditschutzverband zufolge nachstehende Gesellschafter beteiligt:

  • Supraholding GmbH & Co KG (A-6020 Innsbruck): 54,94 Prozent
  • Haselsteiner Familien-Privatstiftung (A-9800 Spittal/Drau): 15,00 Prozent
  • Eugster/Frismag AG (CH-8580 Amriswil): 10,24 Prozent
  • Familie Benko Privatstiftung (A-6020 Innsbruck): 10,10 Prozent
  • Fressnapf Luxembourg GmbH (L-6776 Grevenmacher): 4,46 Prozent
  • Ernst Tanner (A-1100 Wien): 3,00 Prozent
  • AE Familienholding AG (CH-Amriswil): 1,26 Prozent
  • SUPRA Assets GmbH (A-6020 Innsbruck): 1,00 Prozent

Die Privatstiftung der Familie Haselsteiner, des Bauunternehmers und Ex-Strabag-Chefs Hans Peter Haselsteiner, hält damit rund ein Drittel mehr als die Privatstiftung der Familie Benko von Signa-Gründer René Benko. Neben Österreich gibt es auch Gesellschafter aus Deutschland, Luxemburg und der Schweiz.

36 Beteiligungen in Österreich

Die Signa Holding GmbH selbst ist demnach direkt an 36 in Österreich befindlichen Kapitalgesellschaften im unterschiedlichen Ausmaß beteiligt. Durch die komplexen Eigentums- und Stiftungskonstruktionen sei die mittelbare oder gegebenenfalls unmittelbare Möglichkeit der Einflussnahme auf einzelne Gesellschaften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilbar, so der KSV1870. Insgesamt stehen rund 390 österreichische Unternehmen in Zusammenhang mit Signa, wobei es sich großteils um Projektgesellschaften handelt.

Aufgesplittet ist die Signa Holding in eine Immobiliensparte (Signa Real Estate) und eine Einzelhandelssparte (Signa Retail). Zu Ersterer gehören die Signa Prime Selection AG, die Signa Development Selection AG, die Signa RFR US Selection AG sowie die Signa Luxury Hotels. Die Einzelhandelsgruppe umfasst die drei unabhängigen Handelsplattformen Signa Premium, Signa Department Store Group sowie die Signa Food & Restaurants.

Herkulesaufgabe

Eine der wesentlichen Aufgaben des Insolvenzverwalters, der vom HG Wien noch bestellt werden muss, wird die Prüfung der Werthaltigkeit der direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH sein. Aufgrund der Tatsache, dass die direkten Beteiligungen wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten, sei das laut dem Kreditschutzverband eine "Herkulesaufgabe".

Da es in Österreich kein Konzerninsolvenzrecht gibt, bedeutet die bevorstehende Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Signa Holding GmbH nicht, dass über die Tochtergesellschaften automatisch ebenfalls Insolvenzverfahren zu eröffnen sein werden. Bei jeder Gesellschaft gilt es separat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. Hier steht auch die Geschäftsführung dieser Gesellschaften in der Pflicht, da Haftungsfolgen drohen, wenn Insolvenzanträge verspätet gestellt werden.

"Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der 'Signa-Gruppe' einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommen wird", so Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim Kreditschutzverband von 1870.

Bonitätsbewertung schon länger ausgesetzt

Die wesentlichen Gesellschaften der "Signa-Gruppe" erhalten vom KSV1870 laut eigenen Angaben schon längere Zeit keine Bonitätsbewertung mehr, da schlichtweg die Informationen dazu fehlen. Die "Signa-Gruppe" habe in den vergangenen Monaten durch die sehr eingeschränkte Kommunikation nach außen massiv an Vertrauen eingebüßt. So etwas schrecke den Expert:innen zufolge gerade in schwierigen Zeiten mögliche Geldgeber:innen ab.

Vor dem Hintergrund des hochkomplexen gesellschaftsrechtlichen Firmenkonstrukts, in das die Signa Holding GmbH eingebettet ist, empfiehlt der Kreditschutzverband den betroffenen Gläubiger:innen dringend, sich professioneller Hilfe zur bestmöglichen Wahrung ihrer Interessen zu suchen.

Weiterer Fahrplan

Zum Sanierungsverwalter wurde der Wiener Rechtsanwalt Christof Stapf bestellt. Die erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung wurde für 19. Dezember 2023, die Prüfungstagsatzung für den 29. Jänner .2024 und die Sanierungsplantagsatzung für den 12. Februar 2024 anberaumt.

In der ersten Gläubigerversammlung werde der Sanierungsverwalter laut dem Kreditschutzverband zu berichten haben, ob der Finanzplan eingehalten wird, der Sanierungsplan erfüllbar ist und ob Gründe für die Entziehung der Eigenverwaltung vorliegen. Die Anmeldefrist wurde mit 15. Jänner 2024 festgesetzt.

www.signa.at

www.ksv.at

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