Wie veränderen Apple, Google und die ePrivacy-Verordnung das Digitalmarketing? Diese Frage diskutierten iab-Vize-Präsidentin Cosima Serban, Engage-Datasolution-Chefin Karin Fauland, Didomi-Account-Executive-DACH Stefan Santer sowie Donau-Universität-Krems-Finanzchef und Own360-Miteigentümer Markus Fallenböck im Rahmen des iab-austria-"Digi Talks" am vergangenen Donnerstag.
"Google und Apple schlagen große Pflöcke ein"
Nach aktuellem Stand wird die ePrivacy-Verordnung mit einer zweijährigen Übergangsphase erst 2024 in Kraft treten. Trotzdem seien Digitalmarketer jetzt schon gut beraten, sich mit der Zukunft des Datenschutzes zu befassen. Etwas Grund zum Aufatmen gibt es: Der User-Consent wird im aktuellen Entwurf über die Browser-Einstellungen gestellt. Ebenso bleiben Consent-Tracking-Walls erlaubt, bei denen User zwischen der Akzeptanz von Cookies und anderen Formen der Abgeltung für den konsumierten Content wählen können. Die Verarbeitung technisch erforderlicher Cookies bleibt ohne expliziter Zustimmung legitim.
"Schon vor der ePrivacy-Verordnung schlagen Google und Apple große Pflöcke ein. Der Chrome-Browser verhindert ab kommendem Jahr Third-Party-Cookies und Apple hat in seinem letzten iOS-Update die Datensammlung in Apps deutlich erschwert, was selbst Branchengiganten wie Facebook das Werbegeschäft erschwert", so Fallenböck.
Revival für E-Mail-Marketing
Cookie-Banner alleine sind nicht ausreichend, da User zu den unterschiedlichen Arten von Cookies separat zustimmen können müssen. Cosima Serban sieht Veränderungen auf das Agenturgeschäft zukommen, weil sich neue Zuständigkeiten im Umgang mit Daten ergeben. Kampagnenmanagement werde noch komplexer werden, weil die Datenerhebung diffiziler wird. Sie sieht ein Revival traditioneller Kanäle wie E-Mail-Marketing. Der strategische Umgang mit Daten rücke in den Fokus des Agenturalltags, wo ein hoher Bedarf an Datenexperten entstehen wird.
Serban: "Die Kreation muss umdenken, wenn die Hyperpersonalisierung auf Basis von Thrid-Party-Cookies nicht mehr möglich ist. Werbung muss begeistern, um die User ins eigene Umfeld zu bekommen, wo der direkte Kontakt aufgebaut werden kann." Die User sind durch die breite öffentliche Debatte stark auf Datenschutz sensibilisiert. Serban beobachtet einerseits einen Trend zur Nutzung kleinerer Browser, die ihre User nicht bevormunden. Andererseits wird es immer leichter, Daten zu schützen und bewusste Entscheidungen zur Freigabe zu treffen. Das jüngste Beispiel von Apple erlangte große mediale Präsenz und hat die Bewusstseinsbildung gestärkt. Bereits jetzt scheuen bis zu 70 Prozent der User von Käufen auf Websites zurück, wo sie ihre Daten gefährdet sehen.
Preisgefüge am Markt wird neu geordnet
Karin Fauland rät zur Implementierung von First-Party-Data-Solutions, um frühzeitig einen soliden Datenstamm aufzubauen. Publisher müssen jetzt Inventar auf Firefox und Safari erschließen und ID-Lösungen implementieren. Sie erwartet durch die technologischen Neuerungen einen Qualitätsschub und mehr Transparenz am Markt.
Im programmatischen Buchungsprozess hatten Publisher in der Vergangenheit wenig Einfluss auf die ausgespielte Werbung in ihrem Contentumfeld. Fauland sieht einen Vorteil in der Langlebigkeit der First-Party-Cookies, weil dadurch langfristige Kundenbeziehungen aufgebaut und Veränderungen im Userverhalten nachvollzogen werden können: "Die höhere Datenqualität wird das Preisgefüge am Markt neu ordnen." Serban ergänzt: "Die Zeit des Wilden Westens bei programmatischen Buchungen sieht einem Ende entgegen. Qualität wird bedeutsamer als Reichweite."
User können profitieren
Retargeting werde durch den Wegfall der Third-Party-Cookies zur aussterbenden Gattung werden. Derzeit befindet sich die Industrie in einem Annäherungsprozess, um Lösungen zu entwickeln. Stefan Santner empfiehlt, das Jahr 2021 zu nutzen, um die individuell sinnvollen Möglichkeiten zu erforschen, um für die Umstellung in Googles Chrome-Browser gewappnet zu sein.
Wohin die Reise gehen kann, zeigte Mercedes-Benz kürzlich beim Launch eines neuen E-Autos, wo User im "§Privacy Center" nicht nur das Lenkrad, sondern auch die Kontrolle über ihre Daten übernehmen. "Die Incentivierung zur Bekanntgabe von Daten nimmt zu, um das Inventar durch die First-Party-Data-Strategie zu monetarisieren", so Santner. "Die User profitieren künftig von der Bereitstellung ihrer Daten." (as)
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