Weihnachten steht vor der Türe und damit rückt auch das Thema Christbaumbrand und Brandschutz wieder verstärkt in den Fokus. WKNÖ Obmann Fachgruppe Ingenieurbüros, Helmut Pichl, hegt in Sachen Vorbeugung zum Christbaumbrand einen pragmatischen Ansatz, erklärt warum ein Hochhausbrand wie jener in London bei uns nicht passieren kann und hebt die Expertise seiner Mitglieder im Bereich Brandschutz hervor.
LEADERSNET: Mit der Weihnachtszeit kehren auch alljährlich die Nachrichten wieder über Wohnungsbrände, ausgelöst durch einen Christbaumbrand. Was kann und soll hier vorbeugend getan werden?
Helmut Pichl: Ganz pragmatisch ausgedrückt: Ohne Zündquelle (im Wesentlichen bei offener Flamme, defekten elektrischen Betriebsmittenl oder Komponenten), brennt auch der Christbaum nicht. Das Thema Brandschutz wird bei uns in Niederösterreich forciert und bezieht sich dabei aber vorrangig auf Betriebe, Neubauten, Umbauten und Sanierungen. Wir erstellen bspw. Brandschutzkonzepte und -pläne und sind idealerweise bereits im Vorfeld bei Betriebsanlagengenehmigungen eingebunden.
LEADERSNET: Der Hochhausbrand in London (Grenfell Tower) löste auch bei uns eine starke Diskussion aus. Was war der Auslöser dieses Unglücks bei dem 79 Menschen ums Leben kamen?
Helmut Pichl: Das Thema Brandschutz ist in den vergangenen Monaten wieder stärker in den Fokus gerückt durch das Brandunglück in London, welches wahrscheinlich durch einen defekten Kühlschrank ausgelöst wurde. Damals griff das Feuer von einem Stockwerk auf das nächste über und wir haben uns die Frage gestellt, warum das passiert ist und ob das auch in Österreich passieren kann. Hier muss man festhalten, dass es in London eine Verkettung unglücklicher Zustände gegeben hat, die zu diesem Desaster geführt haben. Ein alle Bereiche umfassendes Brandschutzkonzept hätte hier eine Gesamtbeurteilung von vorbeugendem und abwehrendem Brandschutz ergeben und es wären dabei frühzeitig Sanierungsvorschläge für Maßnahmen zur Gewährleistungen der Personensicherheit im Brandfall vorgeschlagen worden.
LEADERSNET: Kann so ein Unglück auch in Österreich passieren?
Helmut Pichl: Durch die Regelung der Bauordnung und die strengen Gesetze in unserem Land, ist so ein Fall bei Neubauten von Hochhäusern unwahrscheinlich. Bei uns hätte es bei einem Hochhaus nicht zu einem mehrere Geschoße übergreifenden Brand kommen dürfen. Für Neubauten sind gesetzlich definierte Schutzziele vorgegeben. Schwieriger gestaltet sich der Umbau, bzw. eine Sanierung. Derzeit werden baubegleitende Brandschutzkontrollen in Österreich eher vereinzelt durchgeführt, wenngleich diese insbesondere aufgrund der Zunahme an komplexen Herstellereinbauvorschriften usw. essentiell wären. Hierbei besteht Handlungsbedarf, denn jeder Eigentümer hat ein Recht auf Sicherheit."
LEADERSNET: Wie können die Ingenieurbüros bei der Lösung dieser Problemstellungen helfen?
Helmut Pichl: Brandschutz stellt eine äußerst komplexe Querschnittsmaterie dar, die sehr viele Bereiche betrifft (Hochbau, Haustechnik, Elektrotechnik, etc.). Durch die Brandschutzplaner werden Neubauten, Sanierungen und dgl. von Projektanfang an profund begleitet, um die nötige Sicherheit im Brandfall zu gewährleisten. Immer mehr verlagert sich hier die Aufgabenstellung der Brandschutzplaner vom Papier auf die Baustelle, denn jede Planungslösung muss am Ende auch richtig umgesetzt werden.
LEADERSNET: Wie positioniert sich die WKNÖ Fachgruppe Ingenieurbüros im Bereich Brandschutz?
Helmut Pichl: Brandschutz kann man neben dem organisatorischen Brandschutz in vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz einteilen. Der abwehrende Brandschutz bezieht sich auf die Feuerwehr. Beim vorbeugenden Brandschutz kommen unsere Experten zum Einsatz. Das bezieht sich einerseits auf die beim Bau verwendeten Materialien und auch auf die baulichen Gegebenheiten selbst, wie bspw. Fluchtwege und Notbeleuchtung. Wesentliche Voraussetzung des beauftragten Brandschutzplaners für die Herstellung eines sicheren Gebäudes ist, neben einem umfassenden Fachwissen, die frühzeitige Einbindung in das Projekt und der laufende Dialog zwischen allen Beteiligten.
LEADERSNET: Die FSE Brandschutz-Fachtagung in St. Pölten (www.fse.at/tagung) gilt als eine wertvolle Weiterbildungsveranstaltung im deutschsprachigen Raum. Wie ist ihre Fachgruppe bei dieser Tagung eingebunden?
Helmut Pichl: Die WKNÖ Fachgruppe Ingenieurbüros ist seit Jahren als Aussteller vor Ort vertreten, um mit den Besuchern das Gespräch zu suchen und die Möglichkeiten der Ingenieurbüros darzustellen. Vor allem aus dem Blickwinkel des gesamtheitlichen Brandschutzes und einer kompakten Wissensvermittlung werden bei dieser jährlichen Tagung auch fundierte Vorträge angeboten. Durch die begleitende fachspezifische Ausstellung besteht darüber hinaus die Gelegenheit, sich mit Firmen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, sowie öffentliche Institutionen über die neuesten Brandschutzprodukte und -dienstleistungen zu informieren.