„Mit dieser Stimme, Größe und Ausstrahlung muss man sich zur Marke machen“

Weinbauer Leo Hillinger über den Wein in seinen Venen, „2 Minuten 2 Millionen" und sein neuestes Projekt.

Leo Hillinger ist der wohl bekannteste Winzer Österreichs. leadersnet.at hat den innovativen Weinbauer zu einem Gespräch getroffen und plauderte mit ihm über die digitale Revolution im Weinhandel, Tipps für junge Winzer, seine TV-Präsenz und seinen neuesten Coup in München.

leadersnet.at: Welche Auswirkungen hat es auf das Geschäft, wenn man sich selbst zu so einer Marke macht?

Hillinger: Als ich angefangen habe, habe ich mir gedacht, dass es mit meiner Stimme, Größe und Ausstrahlung gar keine so schlechte Idee wäre, mich selber zur Marke zu machen. Dadurch konnte ich auch meine Weine besser vermarkten. Nachdem ich meinen Wein im Herzen trage und er in meinen Venen fließt, kann ich ihn auch am besten präsentieren. Das hat dann ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Eigendynamik bekommen, wie eine Lawine, die immer schneller immer größer wurde und mittlerweile bin ich sogar im Fernsehen gelandet.

leadersnet.at: Wie ist eigentlich die Zusammenarbeit mit der Puls 4-Sendung „2 Minuten 2 Millionen" entstanden?

Hillinger: Ich bin vor drei Jahren von Ernst & Young als einziger Weinbauer weltweit zum Unternehmer des Jahres gekürt worden. Ich bin zudem Investor im Immobilien- und im Start-up-Sektor und daraus hat sich die Zusammenarbeit mit „2 Minuten 2 Millionen" ergeben.

leadersnet.at: Können Sie ein wenig vertiefen, was Sie im Immobilien- und Start-up-Sektor machen?

Hillinger: Dazu muss ich vorausschicken, dass Wein bei uns immer das Hauptthema ist und bleiben wird. Die Immobilien und Start-up-Geschichte ist in erster Linie eine Art Hobby. Ich habe im Immobilienbereich einige gute Investments getätigt. Diese Region hier im Burgenland ist prädestiniert dafür. Sie ist nicht weit von Wien entfernt, ist ein Naherholungsgebiet und die Grundstückspreise haben sich in den vergangenen Jahren extrem gesteigert.

leadersnet.at: Wie hat sich Ihrer Meinung nach das Weingeschäft in den letzten Jahren geändert?

Hillinger: Die Weinbauern sind sicherlich vernünftiger geworden. Der Einfluss der Chemieindustrie ist nicht mehr so stark. Wir sind etwa seit fünf Jahren komplett biologisch. Es sind gute, junge Leute in den Mittelpunkt getreten. Es ist wichtig für die Szene, dass junge Leute gute Weine machen und das auch medial transportiert wird. Früher waren die Alten immer die Chefs und die Jungen hatten nichts zu sagen. Das hat sich glücklicherweise geändert.

leadersnet.at: Was würden Sie einem jungen österreichischen Weinbauern raten, wie man sich von anderen abheben kann?

Hillinger: Grundsätzlich würde ich jedem Winzer raten, dass er seine vorhandenen Talente fördert und nicht neidisch ist. Der zweite Punkt ist, dass jeder Weinbauer auf Qualität setzen sollte. Masse bringt uns alle nicht weiter und mit Masse kann man auch nicht konkurrieren. Die internationalen Player sind viel stärker, flexibler und vom Preis her nicht zu schlagen. Wir können nur Nischenprodukte herstellen. Man muss das immer im globalen Kontext sehen und deshalb bringt es nichts zu sagen, ich mach es billiger als der Nachbar. Wichtig sind Qualität und die Art der Präsentation.

leadersnet.at: Was bedeutet es, sich auf seine Talente zu konzentrieren?

Hillinger: Ich muss, was den Weinbau betrifft, wissen was ich tue. Aber wenn ich beispielsweise merke, dass mir die Buchhaltung nicht liegt oder ich im Kreativ- und Verkaufsbereich nicht gut bin, dann muss ich das an jemanden abgeben, der etwas davon versteht.

leadersnet.at: Inwieweit ist das Thema Digital, sprich Onlineshop und digitale Vertriebsmöglichkeiten, wichtig für Sie?

Hillinger: Die Leute haben keine Ahnung, was da noch auf sie zukommt. Die Jugend denkt anders als unsere Generation. Ich sehe das bei meinen eigenen Kindern und lerne hier sehr viel dazu. Diese neue Generation hat eine ganz andere Einstellung. Die brauchen keinen Fernseher mehr, das läuft alles übers Netz. Wir haben zwischen 50.000 und 60.000 Euro in unseren Onlineshop investiert und das ist innerhalb eines halben Jahres wieder reingekommen, auch weil wir viel Onlinewerbung machen.

leadersnet.at: Wieviel des Umsatzes wird über den Onlineshop generiert?

Hillinger: Das ist schwer zu sagen. Wir sind sehr breit aufgestellt. Durch unsere Weinshops haben wir eine sehr breite und vielfältige Möglichkeit unsere Weine zu präsentieren und zu verkaufen. Wir haben praktisch ein Netz über Österreich gesponnen.

leadersnet.at: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich entschieden haben, Weinshops zu eröffnen und darüber hinaus auch unter die Gastronomen zu gehen?

Hillinger: Das ist eine sehr schwierige Frage. Wer wirklich Geld verdienen will, sollte nicht in die Gastronomie gehen. In Zukunft werden nur noch einige wenige in der Gastronomie wirklich erfolgreich sein. Wir haben dies also nicht gemacht, um mehr Geld zu verdienen, sondern um die Marke mehr zu präsentieren. Wir sind ja weltweit die einzigen Weinbauern, die sieben eigene Shops haben. Das macht uns natürlich ein bisschen stolz. Aber es ist auch viel Arbeit. Wir wachsen ständig. Wir haben ein Projekt in München, das wir Mitte Oktober eröffnen werden. Es macht einfach irrsinnig viel Spaß.

leadersnet.at: Was genau werdet ihr in München machen?

Hillinger: Ich kann nur so viel verraten, dass das Projekt auf jeden Fall alles andere in den Schatten stellen wird. Dort gehen wir noch einen Schritt weiter.

leadersnet.at: Diese zusätzlichen Aktivitäten sind also eine Investition in die Marke und unter dem Marketingaspekt zu sehen?

Hillinger: Ja, das ist definitiv unter dem Marketingaspekt zu sehen. Die Leute können in den Shops alle unsere Weine probieren, wodurch sie auf unsere Marke aufmerksam werden. Wenn wir ein neues Produkt launchen, sind wir dadurch auch gleich am Endkunden dran und bekommen ein unmittelbares Feedback.

leadersnet.at: Gibt es einen Unterschied zwischen dem internationalen und dem österreichischen Markt?

Hillinger: Der österreichische und der internationale Markt sind komplett verschieden. Es gibt auch länderspezifisch sehr große Unterschiede. In China wird Wein beispielsweise komplett anders getrunken als in Ungarn, der Slowakei oder Holland. In der Schweiz wird fast nur Rotwein getrunken. In Holland wird in erster Linie auf den Preis geschaut. Deshalb verkaufen wir in unterschiedlichen Ländern auch unterschiedliche Produkte. Mit unseren Sales Managern haben wir ein sehr gutes Team im Export, das in den Ländern unterwegs ist und sich die Trends vor Ort anschaut.

leadersnet.at: Sie haben ein sehr personalintensives Unternehmen. Was ist aus Ihrer Sicht politisch notwendig, um den Standort Österreich attraktiv zu gestalten?

Hillinger: Wir haben knapp hundert Mitarbeiter. Es ist wichtig Mitarbeiter gut zu behandeln und fair zu bezahlen. Aber je mehr Mitarbeiter man hat, desto schwieriger ist es Geld zu verdienen. Die Rahmenbedingungen sind leider die, dass die Kosten bis zum Umfallen steigen und die Gewinne sich mit der Anzahl der Mitarbeiter reduzieren. Das sollte definitiv geändert werden. Die größte aller Schwierigkeiten ist die Anzahl der Auflagen, die man als Unternehmer hat. In München ist es beispielsweise bei weitem einfacher Gastronom zu sein als in Österreich. Ich habe das Gefühl, dass den Leuten, die sich bei uns selbstständig machen wollen, immer wieder Prügel in den Weg geworfen werden. Auch die Besteuerung ist alles andere als fair. Ich trage für hundert Familien die Verantwortung. Wenn es mir gut geht, geht es meinen Mitarbeitern auch gut. Ich zahle gern Steuern. Irgendjemand muss ja das öffentliche Verkehrsnetz, die Schulen, die Krankenhäuser finanzieren. Aber irgendwann ist der Gipfel erreicht.

www.leo-hillinger.com

 

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