Cuturi im Interview über die Erweiterung des Verbreitungsgebietes, zusätzliche Einnahmequellen und 150 Jahre OÖNachrichten.
Vor 150 Jahren erschien die Linzer Tagespost zum ersten Mal, vor 70 Jahren die Oberösterreichischen Nachrichten. Beide Zeitungen wurden nach 1955 fusioniert. Die Oberösterreichischen Nachrichten sind eine überparteiliche und unabhängige Tageszeitung. Sie bekennen sich zur pluralistischen Gesellschaftsordnung der parlamentarischen Demokratie, zu den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft sowie zur Integration Europas und fühlen sich den Menschenrechten verpflichtet. Rudolf Andreas Cuturi, ein Nachkomme des Firmengründers Josef Wimmer, führt die Zeitung mit dem starken Regionalbezug als Herausgeber. leadersnet.at hat sich mit dem Medienmacher über noch nicht erreichte Ziele, den Lokal-TV-Sender BTV, steigende Tendenzen im Online-Bereich, die österreichische Presseförderung und was im großen Jubiläumsjahr auf der Agenda steht, unterhalten.
leadersnet.at: Die OÖN können heuer nahezu nach Belieben Jubiläen feiern, 70 Jahre nach der Gründung durch die amerikanische Besatzungsmacht, oder in Anknüpfung an das Erscheinen der fusionierten Tagespost 1865 sogar 150 Jahre. Was wird gefeiert? Welche Aktivitäten sind geplant?
Cuturi: Wir haben uns doch für das nicht alltägliche 150 jährige Jubiläum entschlossen und werden eine Serie redaktioneller Beiträge zu den wichtigsten Ereignissen der vergangenen 150 Jahre bringen. Darüber hinaus ist auch ein Festakt geplant, der voraussichtlich im Sommer 2015 über die Bühne gehen wird.
leadersnet.at: Entsprechen Auflage und Reichweite nach wie vor den selbstgesetzten Zielen?
Cuturi: Jein, wir steigerten zwar in den letzten Jahren unsere Reichweiten, die Auflagen bleiben relativ konstant. Unser langfristiges Ziel haben wir bis jetzt aber noch nicht erreicht, nämlich die Leserzahlen der Konkurrenz in Oberösterreich zu übertreffen.
leadersnet.at: Die OÖN hatten nie Scheu, sich an neue Produkte zu wagen - ob Gratiszeitung Tips bereits 1986 oder Fußball Unterhaus und Welt der Kindernachrichten. Welche Rolle spielen neue Produkte in der Unternehmensphilosophie? Was ist geplant?
Cuturi: Unser Leitbild lautet: „Wir wollen die Informations- und Kommunikationsdrehscheibe Nr. 1 in Oberösterreich sein.“ Alles, was dazu beiträgt und wirtschaftlich vertretbar ist, wird von uns forciert. Derzeit arbeiten wir unter anderem an der Erweiterung des Verbreitungsgebietes unseres Lokal-TV-Senders BTV (derzeit: Vöcklabruck, Gmunden, Eferding, Ried und demnächst Grieskirchen). Neue Produkte und Innovationen liegen voll in unserer Unternehmensphilosophie, derzeit ist es aber zu früh über konkrete Absichten zu sprechen.
leadersnet.at: Auch Kooperationen und Übernahmen (zb Rieder Volkszeitung, Braunauer Warte am Inn) begleiten die Entwicklung der Zeitung. Stehen hier die Erfolgszahlen im Vordergrund, oder sollen Regionalisierung und Lokalisierung gestärkt werden?
Cuturi: Sowohl als auch. Wie aus der langen Geschichte unserer Übernahmen und Kooperationen ersichtlich, wurden oft situative Anlässe zu einer kleinen Erfolgsgeschichte. Regionalisierung und Lokalisierung werden dabei stets im Auge behalten.
leadersnet.at: Schon früh wagte sich das Blatt in die Onlinewelt. Wie steht es um die Präsenz und den Erfolg in dieser Sparte?
Cuturi: Wir haben keine allzu großen Erwartungen in Online und Internet gesetzt. Derzeit sind auch die Nutzer dieser Möglichkeiten im einstelligen Prozentbereich, allerdings mit steigender Tendenz.
leadersnet.at: Sind Paywalls ein Thema?
Cuturi: Wie angeführt liegt der Geschäftsbetrieb im Online Bereich noch nicht in einer Größenordnung, die momentanen Handlungsbedarf erfordert. Wie prüfen aber die Entwicklungen im Bereich entgeltlicher und kostenloser Content. Dementsprechend sind auch Paywalls ein Thema.
leadersnet.at: Das Unternehmen ist mit Live Radio im Rundfunkbereich, mit BTV im Fernsehen und mit der Gratiszeitung Tips sogar bereits in Niederösterreich unterwegs. Stehen Diversifikation und Expansion im Fokus?
Cuturi: Life Radio und BTV sind zwar in Niederösterreich zu empfangen. Aktiv betätigen wir uns aber nur mit der Gratiszeitung TIPS in Niederösterreich. Das hängt damit zusammen, dass Teile Niederösterreichs wirtschaftlich mehr mit Oberösterreich verknüpft sind. Demgemäß kann ich Diversifikation bejahen, die Expansion ist eher ein ökonomisches Nebenprodukt.
leadersnet.at: Welche Ziele werden für das nächste Jahr angepeilt, welche Werte sollen dabei gesichert werden?
Cuturi: Über Pläne geben wir keine Auskunft.
leadersnet.at: Vor welchen großen Aufgaben stehen Medienhäuser in nächster Zeit? Was brauchen Medienmacher heute mehr denn je, um in der Zukunft erfolgreich zu sein?
Cuturi: Verleger müssen aufpassen, dass die Kosten und die Erlöse in einer gesunden Relation bleiben, was vor einigen Jahren zweifelsohne leichter zu erreichen war. Dazu ist es vielleicht sinnvoll, andere zusätzliche Einnahmequellen aufzuspüren. Immerhin bilden (Tages)Zeitungen eine Interessensgemeinschaft mit mehreren hunderttausend Lesern.
leadersnet.at: Wie beurteilen Sie das aktuelle System der Presseförderung?
Cuturi: Das Thema einer neuen Presseförderung ist wieder mehr aktuell und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Derzeit gibt es für die Kriterien der jetzigen Presseförderung eine sehr einfache Schätzung: Miserabel.
