Am 6. November geht die internationale Energiekonferenz "Zero Emission Cities" im Wiener Rathaus über die Bühne. Das Thema der Tagung: Alternativ wird Mainstream – Der Siegeszug der Erneuerbaren Energie". leadersnet.at hat den Vorstandsvorsitzenden des Verbund, Wolfgang Anzengruber, zu einem Gespräch über Erneuerbare Energien, Wasserkraft und das Gebrauchsgut Strom getroffen.
leadersnet.at: Was kann die Wasserkraft als älteste Erneuerbare Energie?
Anzengruber: Die Wasserkraft ist die einzige Erneuerbare Energie, die ohne Förderungen funktioniert, sie kann entscheidend für den Erfolg der Energiewende sein. Die Laufwasserkraftwerke in den Flüssen können 24 Stunden in Betrieb sein und so die notwendige Grundlast liefern. Mit Pumpspeicherkraftwerken können Über- und Unterversorgung von volatilen Erzeugungstechnologien ausgeglichen werden. Wasserkraft ist CO2-neutral, ressourcenschonend und leistet somit einen zentralen Beitrag zum Klimaschutz. Dazu müssen die Möglichkeiten österreichischer Wasserkraft auch im europäischen Energiesystem der Zukunft verstärkt berücksichtigt werden.
leadersnet.at: Braucht Österreich die Energiewende also vielleicht gar nicht?
Anzengruber: Das ist keine allein österreichische Frage. Der gesamte europäische Strommarkt ist im Umbruch. Die deutsche Energiewende wirkt sich auf ganz Europa aus, über die gemeinsame Preiszone besonders auf Österreich. Das Hin zu mehr Erneuerbaren Energien ist absolut zu begrüßen, gegenwärtig läuft das aber aus dem Ruder: Es braucht eine Kurskorrektur für eine Stromversorgung, die sicher, leistbar und nachhaltig ist und einen klaren Fokus auf die CO2-Emissionsreduktion hat!
leadersnet.at: Wie kann die Energiewende gelingen?
Anzengruber: Die Herausforderungen sind groß: Sicherung der Versorgung, hoher Investitionsbedarf, Klima- und Umweltschutz, Sicherung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, konkurrenzfähige Energiepreise für Unternehmen sowie leistbare Energiepreise für Haushaltskunden. Die Energiewende kann nur gemeinsam gelingen, die europäische Ebene ist sicher die richtige für sinnvolle energiepolitische Regulativen mit konkreten Zielsetzungen. Weitere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Energiewende ist ein Marktdesign, das einen fairen Wettbewerb der erneuerbaren Energien zulässt sowie eine Reform des CO2-Marktes, damit es sich wieder lohnt, in CO2-arme Technologien zu investieren.
leadersnet.at: Ein konkretes Beispiel?
Anzengruber: Österreich gewinnt heute über 70 Prozent des Stromes aus erneuerbarer Energie. Bis 2050 könnten es 100 Prozent sein. Jedes Jahr soll der Anteil um ein Prozent steigen. Und es bleibt dem Markt überlassen, in welche Technologien investiert wird.
leadersnet.at: Was bringt die Zukunft?
Anzengruber: Auch für Energieversorgungsunternehme steht ein radikaler Wandel der Energieeffizienz-Aufgaben und Geschäftsmodelle bevor. Wir sehen uns als ein Kraftwerk der Innovationen für neue Dienstleistungen wie virtuelle Kraftwerke, dezentrale Versorgung, Ausbau der E-Mobilität etc. Ein Beispiel: Heute ist Strom ein Gebrauchsgut, er kommt aus der Steckdose und ist einfach da. Es ist denkbar, dass das Geschäftsmodell der Zukunft "convenience" sein wird, also die Bereitstellung von Komfort. Wir werden umfassende Pakete für Wärme, Kühlung und Sicherheit im Haushalt anbieten – das Produkt ist die Gewährung einer komfortablen Wohnsituation. Oder: Vor kurzem haben wir das erste virtuelle Kraftwerk in Österreich gestartet. Dabei können sich kleinstrukturierte Erzeugungsanlagen und Verbraucher in Pools zusammenschließen, um gemeinsam eine effizientere und flexiblere Nutzung der Kapazitäten zu gewährleisten. Einige von ihnen erzeugen selbst Strom, alle können in ihrer Produktion flexibel Strom verbrauchen. Ich halte solche innovativen Lösungen für extrem spannende Zukunftsfelder.
leadersnet.at: Die Energiewende als Siegeszug der Erneuerbaren Energien. Wie sieht das Österreichs größter Stromerzeuger?
Anzengruber: Österreich ist ja jetzt schon mit über 70 Prozent Anteil ein Land der Erneuerbaren Energien! Über 60 Prozent davon kommen aus der Wasserkraft - als wasserreiches Alpenland ist Österreich da klar im Vorteil. Erneuerbare Energien sind auch die große Stärke von Verbund: Fast 90 Prozent unseres Stroms stammt aus Wasser- und Windkraft. Wir stecken keinen Cent mehr in Stromgewinnung aus fossilen Energieträgern. Wir investieren nur noch in erneuerbare Energie.
Die "Zero Emission Cities 2013" finden am 6. November von 9 bis 18 Uhr im Festsaal des Wiener Rathauses, im 1. Wiener Gemeindebezirk statt. Wolfgang Anzengruber wird um 16.30 Uhr an der Diskussion: "Die Energiewende und ihre Herausforderungen" teilnehmen.
www.zeroemissioncities.at