Interview mit dem Pizza-Europa- und Weltmeister
Das Geheimnis des Pizzabäckers

| Ernst Trestl 
| 13.06.2024

Im Interview erzählt Franceso Calò über seine Jugend in der Bäckerei, seine Art Pizza zu backen und warum Wein dazugehört.

Francesco Calò bäckt die beste Pizza Europas. Das ist amtlich, vor einem Monat erhielt er für seine "Nero di Marinara" den Europameistertitel in Madrid verliehen (LEADERSNET berichtete). Luxury News traf den kreativen Pizzabäcker in seinem Restaurant "Via Toledo Enopizzeria" in der Josefstadt in Wien. Er erzählte über seinen Weg nach Wien, worauf es beim Pizzabacken ankommt und warum Wein einfach zur Pizza gehört.

Überraschend kam die Auszeichnung beim "50 Top Pizza Europe"-Bewerb dieses Mal nicht, denn Francesco Calò rangierte mit seinen Kreationen seit 2019 immer unter den Top 6 und sein Restaurant, heuer auf Platz drei der besten Pizzerien Europas, ebenfalls. Ganz anders verlief es bei seinem Pizza-Weltmeistertitel 2019. Doch dazu später.

Geschmackserlebnis dank eigener Mehlmischung und Zutaten aus Süditalien

Eine Pizza von Francesco Calò kommt knusprig aus dem Ofen, der Teig ist einfach köstlich weich und dadurch leicht verdaulich. Das liegt allein an der Mehlmischung, erklärt er. 2020 kreierte Francesco seine eigene, mit Namen "Intensa", die traditionelle Mehlmischung aus Italien hat er komplett aus seiner Küche eliminiert. "Meine Mischung besteht aus zehn bis zwölf verschiedenen Mehlsorten, es ist quasi ein Vollkornteig, der aber nicht wie ein Vollkornteig schmeckt. Der Teig ist auch nicht weiß, sondern ein wenig Haselnussfarbig. Allein durch diese Basis unterscheidet sich meine von anderen Pizzen. Der Pizzateig soll wie frisch gebackenes Brot schmecken. Der Duft, das Krokante, muss genauso einzigartig sein, wie der Geschmack."

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Der Teig schmeckt wie frisch gebackenes Brot © Via Toledo

Dieses Wissen über Mehl hat er sich schon früh angeeignet. Francesco Calò stammt nämlich aus einer Bäckerfamilie, aus einem kleinen Dorf in Apulien, nahe von Brindisi. Schon sein Großvater und Vater haben dort Brot gebacken. "Manchmal, so wollten es mein Vater und Großvater, habe ich auf Mehlsäcken geschlafen, um zu spüren, wofür unsere Familie lebt."

Bei einer speziellen Mehlmischung ist es wichtig, so Calò, die Balance finden, mit dem, was du draufgibst. "Italiener essen Pizza anders als wir. Zum Beispiel eine Pizza mit Salami und Mais gibt es in Italien nicht. Meine Belegungen sind präzise ausgearbeitet, deshalb gebe ich auch auf Wunsch keine anderen Zutaten darauf. Für mich muss alles perfekt zusammenpassen."

Derzeit hat die Enopizzeria Via Toledo zwanzig Pizzen auf der Karte, ein Mix aus traditionellen und innovativen Pizzen. Alle drei Monate wird die Karte geändert. Am meisten verlangt wird logischerweise die Europameister-Pizza "Nero di Marinara", mit Tomatensauce, angebratenen Datterino-Tomaten, Oregano und schwarzem Knoblauch. Generell ist es die "Doc in the world", mit der er die WM gewonnen hat: marinierte Zucchini, Provolone de Monaco und frische Minze. Die Zutaten kommen alle aus Kalabrien, die Basispordukte aus Neapel, Pistazien aus Sizilien.

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Perfekte geschmackliche Balance © Via Toledo

Von Apulien nach Wien

Der Weg zu seiner derzeitigen Bekanntheit war nicht vorhersehbar. Nach seinen Jugendjahren in der elterlichen Bäckerei suchte Francesco Calò sein Glück erst einmal bei der Küstenwache in Rimini. Nach drei Jahren holte ihn sein Vater zurück, weil er für ihn und seine Geschwister eine Bäckerei mit Cafeteria und Pizzeria in der Provinz Brindisi eröffnet hatte. Das Geschäft lief nicht gut und es türmten sich Schulden. Für Francesco war aber klar, dass Pizzabacken seine Berufung war, er jedoch einen anderen Weg einschlagen musste. Ein Freund, der in Wien in der Italienischen Botschaft arbeitete, brachte ihn auf die Idee, mit seiner Frau Chiara nach Wien zu ziehen. Sie um zu studieren, er um Pizzen zu backen. "Angekommen sind wir, ohne ein Wort Deutsch zu können, in einem kleinen Auto mit einem riesigen Chow-Chow und 1.000 Euro in der Tasche. Wir haben bescheiden gewohnt und hatten nicht einmal das Geld für Winterreifen, die wir in Italien ja nicht gebraucht hatten", erinnert sich Francesco Calò.

Langsam ging es bergauf und schließlich fanden sie hier den Platz für ein eigenes Lokal, eine Bank für die Finanzierung und einen Namen, "Via Toledo", der an die berühmte Pizzastraße in Neapel erinnert. Es sollte alles typisch neapolitanisch sein und 2016 war es soweit. Calò: "Im Juli wurde unsere Tochter Martina geboren und im November eröffneten wir unsere Enopizzeria. Anfangs verkauften wir nur 20 Pizzen am Tag, im Vergleich dazu, heute sind es 1.300."

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Pizza-Scherenschnitt © Via Toledo

Pizza-Weltmeisterschaft in Neapel

Drei Jahre später las Chiara in einem Magazin über eine Pizzaweltmeisterschaft in Neapel und animierte Francesco zum Mitmachen. 450 Teilnehmer traten an, Calò meinte, er habe gegen die großen Namen keinen Funken einer Chance, der Bewerb dauerte drei Tage und am Schluss stand der Weltmeister 2019 fest: Francesco Calò.

Mit diesem Titel war er, zurück in Österreich, für die Medien auf einmal interessant. Nach einer Titelseite in einem Gratisblatt schoss seine Bekanntheit steil in die Höhe. "Unser Lokal war nicht nur überfüllt, die Gäste warteten schon lange vor dem Öffnen und wir verkauften 1.200 Pizzen am Tag. Somit konnte ich meinem Großvater, wie versprochen, die Schulden aus dem früheren Debakel rasch zurückzahlen."

"Drei Monate nach diesem denkwürdigen Tag kam die Pandemie. Was unseren Erfolg nicht schmälerte, wir verkauften auch während des Lockdowns 1.000 Pizzen pro Tag." Calò wich für ein Jahr nach Belgrad, Serbien, aus, und 2022 eröffneten seine Frau und er eine Pizzeria in Dubai, im "Adress Beach Resort", einem mondänen Luxushotel. Prominente gaben sich reihenweise die Ehre und seine Pizzeria wurde zur besten der Arabischen Emirate gekürt. Seine Enopizzeria in Wien führte er die ganze Zeit über mit erfahrenen Mitarbeitern weiter und letztendlich kehrte er gänzlich hierher zurück.

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Italienische Weine zum neapolitanischen Nationalgericht © Via Toledo

Weinbegleitung zur Pizza

Die Idee einer "Enopizzeria" stammt von Francescos Ehefrau Chiara. Sie war felsenfest überzeugt, dass "Pizza und Wein" auch hier funktioniert, denn in Italien kommt soundso Wein zur Pizza auf den Tisch. Francesco dazu: "In Österreich trinkt man hauptsächlich Bier zur Pizza. Das ist indsofern unpassend, denn Pizza hat Protein, Bier hat Protein, das ist zu viel, Wein dagegen trägt das Feine in den Pizzen viel schöner.“

Francesco versucht seine Gäste generell an den Stil, wie man in Italien Pizza isst, zu gewöhnen. "In Italien verwendet man dazu kein Besteck, sondern einfach die Hände. Bei unserem Degustationsmenü kommt eine Pizzaschnitte auf einem Handteller, am Tisch gibt es kein Besteck. Geschnitten wird die Pizza mit der Schere. Das ist insofern besser, weil man die Pizza anhebt und mit der Schere nichts zerstört."

Mehr Platz wäre von Vorteil

Auf die Frage, welche Pläne er habe, antwortet Francesco Calò spontan: "Viele." Eventuell ein größeres Lokal, derzeit muss er leider mehr als hundert Gäste täglich abweisen. Die angegebenen Zwei-Stunden-Slots sieht er als angebracht. "Im Gegensatz zu einem anderen Restaurant gibt es in der Pizzeria keine sieben Gänge, die Zubereitung dauert 15 Minuten, daher ist auch die Zeit ausreichend. Und schließlich möchte ich nicht zu viele Gäste vertrösten müssen."

Die Enopizzeria Via Toledo bietet 94 Sitzplätze und nochmals 45 im Garten, sie hat jeden Tag geöffnet. Eine angeschlossene Bar wäre laut dem aufgeschlossenen Unternehmer eine weitere Idee, auch die Eröffnung einer Pizzeria in Madrid zieht er in Betracht. In Österreich beschränkt er sich allerdings auf eine und die bleibt in Wien, bestätigt Francesco Calò.

www.viatoledo.at

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